Fehler im Praxisalltag
Eingriff trotz Antikoagulation
Dieses Ereignis wird aus einer Hausarztpraxis berichtet:
Was ist passiert?
Ein Patient wurde aufgrund einer Arrhythmie neu mit Phenprocoumon (Marcumar) antikoaguliert. Die Aufklärung erfolgte in Gesprächen und schriftlich mithilfe eines Aufklärungsformulars. Etwa eine Woche nach Therapiebeginn und erreichtem Ziel-INR rief die gastroenterologische Kollegin an, sie hätte in Unkenntnis der neuen Medikation gastroskopiert und biopsiert. Die umgehende INR-Kontrolle in der Hausarztpraxis erbrachte nun einen deutlich zu hohen INR mit 4,7 (Vortag 2,7).
Was war das Ergebnis?
Bisher keine negativen Folgen, bis auf die Verunsicherung des Patienten. Die verärgerte Hausärztin war über die geplante Gastroskopie nicht informiert, der Patient hatte sich auch keine Überweisung ausstellen lassen.
Wie kam es zu diesem Ereignis?
Hauptgrund ist der Informationsverlust aufgrund der fehlenden Überweisung zum Facharzt. Bei der Aufklärung über die neue Medikation ist auf mögliche Komplikationen während endoskopischer Eingriffe nicht explizit hingewiesen worden, lediglich allgemein auf operative Eingriffe. Eine anstehende endoskopische Kontrolluntersuchung war der Hausärztin aber auch nicht bekannt.
Welche Faktoren trugen zu diesem Fehler bei?
Hier handelt es sich um ein Kommunikationsproblem.
Welche Maßnahmen wurden aufgrund dieses Ereignisses getroffen?
Zukünftig kurzfristige INR-Kontrolle am Tag der Endoskopie und Biopsie. Bei einem INR von 4,7 erfolgte die sofortige Gabe von Konakion und die Mitgabe einer weiteren Ampulle zur Einnahme am Folgetag. Der Patient wurde über das erhöhte Risiko einer Ösophagusblutung aufgeklärt und soll sich bei akuten Beschwerden sofort notärztlich vorstellen. Durch die Gastroenterologin wurde für die nächsten Tage telefonischer Kontakt vereinbart.
Wie häufig tritt dieser Fehler ungefähr auf?
Dieser Fehler trat erstmalig auf.
Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:
Da der Hausarzt nicht über die Facharztbehandlung informiert war (es wurde auch keine Überweisung ausgestellt), konnte die Facharztpraxis wiederum über die neue Medikation nicht informiert sein und führte eine Biopsie trotz Antikoagulation durch.
Kommentare von Nutzern:
Nutzer 1: Ein INR-Wert von 4,7 ist auch ohne das Eingriffsrisiko außerhalb des therapeutischen Bereichs. Hier sind gerade in der Einstellungsphase häufigere Kontrollen erforderlich.
Nutzer 2: Bei multimorbiden Patienten ist es bei mir obligatorisch, einen Einnahmeplan mitzugeben, oft auch ein von mir extra kurz zusammengestelltes Begleit-Laufblatt. Das ist mithilfe der Praxisverwaltungssoftware in 1–2 Minuten erstellt.
Tatjana Blazejewski