DMP Asthma bronchiale
Segen oder Fluch?
Ausgabe 1/2007,
S. 8
20.04.2007
Auf den ersten Blick mögen die neuen DMPs für Asthma bronchiale und COPD wie ein Fluch erscheinen – Planung, Koordination, Vorbesprechung und das Ausfüllen der Dokumentationsbögen stellen wieder einmal zusätzliche Aufgaben dar, die von uns erledigt werden müssen. Aber der Aufwand ist im Verhältnis zu dem, was der Patient gewinnt, wirklich gering.
Unsere Autorin Silke Schmitz ist Arzthelferin in der Praxis von Dr. med. Manfred Diensberg (li.) in Wetter, und sieht im DMP Asthma viele Vorteile für Patienten.
Wider die Angst
Das Problem bei Asthmapatienten ist die Angst vor den Atemnot-Anfällen, die meistens nachts auftreten. Um diese Angst nachvollziehen zu können, versuchen Sie einmal, nur eine Minute durch einen Strohhalm zu atmen. Sehr unangenehm, oder? Ihr Vorteil: Sie nehmen den Strohhalm weg und bekommen wieder genug Luft. Der Asthmatiker kann dies nicht und steigert sich eventuell durch seine Angst, immer weniger Luft zu bekommen, in einen Asthma-Anfall hinein. Durch richtige Atemtechnik und atemerleichternde Körperstellungen wie den Kutschersitz lernt der Patient während seiner Asthma-Schulung, eine Verschlimmerung der Atemnot zu verhindern.
Patienteneinschreibung
Erfüllt der Patient die Teilnahmevoraussetzungen (dies entscheidet der Arzt nach einem Broncholyse-Test oder anhand eines Befundes vom Lungenfacharzt) erklären wir ihm, womit er sich durch seine Einschreibung einverstanden erklärt: Aktive Teilnahme an dem Programm, nach der Erstdokumentation halb- oder vierteljährlichen Kontrolluntersuchungen (Folgedokumentation) und bei Bedarf Teilnahme an einer Patientenschulung (z. B. 6 x 60 Minuten). Die Ziele der Patientenschulung werden dem Patienten genau erklärt! Er lernt z.B. viel über seine Erkrankung,
- Asthma als lebenslangen Begleiter zu akzeptieren,
- die richtige Messung der Peak-Flow-Werte zur Selbstkontrolle,
- Warnsymptome eines drohenden Asthma-Anfalls,
- das Ampelschema zur Einordnung des Zustand seiner Atemwege,
- die Anwendung der ärztlich kontrollierten Selbstmedikation,
- das sichere Reagieren im Notfall ohne Angst,
- und Sicherheit im Umgang mit seinen diagnosespezifischen Medikamenten.
Zum Abschluss erfolgt die Plausibilitätsprüfung, um zu verhindern, dass wir mit Rücksendungen und Korrekturen der Dokumentationsbögen überschüttet werden. Dies ist bestimmt noch vielen Kolleginnen von den Anfängen des DMP Diabetes mellitus in Erinnerung!
Am Ende der Einschreibung bekommt der Patient von uns den Termin zur Folgeuntersuchung. Voruntersuchungen sind dafür nicht vorgesehen, aber der Patient sollte neben seinem Asthma-Tagebuch auch sein Peak-Flow-Meter und seine Sprays mitbringen. So können wir zu jedem Termin prüfen, ob noch richtig gemessen, regelmäßig dokumentiert und die Sprays korrekt angewendet werden. Peak-Flow-Meter können über Hilfsmittel verordnet werden, oder sie sprechen Pharmareferenten in der Praxis daraufhin an. In der Regel werden Geräte großzügig zur Verfügung gestellt! So können Sie den Patienten gleich bei der Einschreibung die Handhabung erklären.
Patientenschulung – in der Praxis oder extern?
Die Patientenschulung kann von uns in der Praxis durchgeführt werden. Dazu müssen Arzt und Arzthelferin/medizinische Fachangestellte ein sogenanntes „Train-the-Trainer“-Seminar absolvieren.Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Patienten an ein Schulungszentrum zu verweisen. Meine Empfehlung an Sie ist aber, selbst eine NASA-Schulung zu absolvieren, um die Fragen woanders geschulter Patienten beantworten zu können. Es ist für die Patientenbetreuung von großem Vorteil, über die Inhalte wie Hintergrundwissen über die Erkrankung, Medikamente, Inhalationstechniken, Verhalten im Notfall, eigenständige Dosisanpassung unter ärztlicher Kontrolle, Peak-Flow-Messungen, Notfallpass und das Führen eines Asthma-Tagebuches gut informiert zu sein. So können Sie dem Patienten oft schon selbst weiterhelfen, der Arzt gewinnt Zeit und der Praxisablauf ist trotz DMP nicht gestört.
DMP Asthma – ein Gewinn
Abschließend kann ich sagen, dass dieses DMP für mich ein Gewinn ist, denn es bietet die Möglichkeit, näher auf den Patienten eingehen zu können, ihn besser kennen zu lernen und ihm durch einfache Hilfsmittel wirklich das Leben mit der Krankheit zu erleichtern.
Allergische Reize: | Nicht-allergische Reize: | Sonstige Reize: |
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Glossar
Ampelschema
Hilfe für den Patienten, den Zustand seiner Atemwege anhand des Peak-Flow-Wertes zu beurteilen! Oft wird die Einengung der Atemwege unterschätzt, die Medikation zu spät der Verschlechterung angepasst – ein Asthma-Anfall droht!
Grüne Zone: Morgenwert zwischen 80 und 100 % des persönlichen Bestwertes (z.B.: Bestwert 400 l/min = 320 bis 400 l/min)
Gelbe Zone: Morgenwert zwischen 50 und 80 % des persönlichen Bestwerte (im Beispiel 200 bis 320 l/min)
Rote Zone: Morgenwert unter 50 % des persönlichen Bestwertes (im Beispiel unter 200 l/min) Atemtechnik
Dosierte Lippenbremse (unerlässliche Unterstützung im Asthma-Anfall): Im Sitzen wird durch den Spalt der locker aufeinander liegenden Lippen langsam ausgeatmet. So wird dem erhöhten Druck im Brustkorb ein erhöhter Druck in den Atemwegen entgegengesetzt. Die Ausatmung erfolgt gleichmäßiger und vollständig, was eine weitere Überblähung der Lunge verhindert.
Atemerleichternde Körperhaltungen
Ziel ist es, das Gewicht des Schultergürtels und der Arme (ca. 8 bis 10 kg) vom Brustkorb zu nehmen und so die Atmung zu erleichtern
- Kutschersitz: locker sitzen und die Ellenbogen auf die Knie legen.
- Treppengeländerstütze: mit vorgebeugtem Oberkörper, geradem Rücken und ausgestreckten Armen am Treppengeländer oder auch an einer Wand abstützen.
- Torwartstellung: leicht in die Hocke gehen bis die Knie angewinkelt sind, Hände oberhalb der Knie auf den Oberschenkeln abstützen, wobei die Daumen nach außen zeigen. Broncholyse-Test (=Bronchodilatationstest)
Ein pathologischer Lungenfunktionstest wird nach Gabe bronchialerweiternder Substanzen wiederholt; nahezu völlige Reversibilität der beeinträchtigten Lungenfunktion deutet auf Asthma hin.
Obstruktion
Verengung der Luftwege: Die Atemluft muss sich durch immer schmaler werdende Bronchien zwängen, die bei der Ausatmung noch enger sein können als bei der Einatmung, d. h. man bekommt die Luft hinein, aber immer schwerer wieder hinaus!
Peak-Flow-Meter
Mechanisches Gerät, mit dem die Weite der Atemwege gemessen wird. „Peak-Flow “ heißt Spitzenfluss. Gemessen wird die maximale Strömungsgeschwindigkeit in der Einheit Liter/Minute.
7 Warnsymptome für einen drohenden Asthma-Anfall
- Peak-Flow-Messwerte sinken (s. Ampelschema)
- Zunahme der Atemnot
- Verstärkung des Hustens
- Veränderungen des Auswurfs (Menge, Farbe, Zähigkeit)
- Abnahme der körperlichen Belastbarkeit
- Steigender Verbrauch an Notfallspray
- Anzeichen eines Infektes (Fieber, gelb-grüner Auswurf )
Richtig messen mit dem Peak-Flow-Meter
So geht’s:
- aufrecht sitzen,
- Messzeiger auf Null stellen,
- Gerät waagerecht vor den Mund nehmen,
- tief einatmen,
- Mundstück fest umschließen,
- kurz Luft anhalten,
- schnell und mit aller Kraft ausatmen ( ein kurzer Atemstoß, nicht so lange wie möglich).
- Der Atemstoß verschiebt den Messzeiger, der Wert auf der Skala zeigt die momentane Weite der Atemwege an.
- Immer den Bestwert von drei Messungen hintereinander im Asthma-Tagebuch notieren.
Typische Fehler
- Behinderung des Messzeigers mit dem Finger,
- zu schwacher Atemstoß,
- Verschließen der Auslassdüse mit den Fingern,
- „Husten“ in das Gerät,
- Mundstück wird nicht richtig mit den Lippen umschlossen,
- Falsche Haltung des Gerätes (nach unten).
Basiswerte
Damit der Patient seine Peak-Flow-Werte richtig als Warnsymptom zuordnen kann, braucht er seinen „persönlichen Bestwert“ und den „morgendlichen Peak-Flow-Wert“.
- Persönlicher Bestwert: Weil die Messgeräte nicht geeicht sind, muss der Patient für sein Gerät seinen persönlichen Bestwert ermitteln, indem er den Wert in sein Asthma-Tagebuch als Bestwert einträgt, den er unter optimalen Bedingungen (auch mit Medikamenten) erreicht und dokumentiert hat.
- Der morgendliche Peak-Flow-Messwert wird direkt nach dem Aufstehen und vor der Inhalation der atemwegserweiternden Medikamente gemessen.
Asthma-Tagebuch
Im Asthma Tagebuch wird der Peak-Flow-Wert dreimal täglich dokumentiert: morgens direkt nach dem Aufstehen, mittags und abends! Außerdem sollte der Peak-Flow immer bei Atemnot gemessen werden, um das Ausmaß der Einengung der Atemwege zu erkennen. Zusätzlich werden Husten, Atemnot, Auswurf und eventuelle weitere Symptome notiert. Die Beschwerden werden eingeteilt in „keine“ (0), „geringe“ (1), „mäßige“ (2) und „starke“ (3). Peak-Flow-Werte, Symptome die benötigte Asthma- und Bedarfsmedikation geben dem Patienten sehr schnell den Überblick über den Zustand seiner Atemwege und eine drohende Verschlechterung, auf die er so frühzeitig reagieren kann. Dadurch wird ihm ein großer Teil der Angst genommen.Silke Schmitz