Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Fehler im Praxisalltag

Blind vertraut

In der Rubrik „Fehler im Praxisalltag“ stellen wir in jedem Heft einen Fall vor. Dieses Mal geht es um ein falsches Rezept.
Comiczeichnung Äskulapstab
Aus einer Praxis wird folgendes Ereignis berichtet:

Was ist passiert?

Der Patient wollte eine Verordnung seines Schilddrüsenmedikamentes, wusste aber nicht, welches. Die Helferin hat aus dem PC die letzte Verordnung ausgewählt, und der Arzt hat ungeprüft unterschrieben. Der Patient bekam Diclofenac statt Euthyrox.

Was war das Ergebnis?

Der Apotheker hat den Fehler bemerkt.

Welche Gründe können zu dem Ereignis geführt haben?

Die Arzthelferin hat eigenmächtig entschieden, obwohl der Patient nicht genau wusste, welches Medikament er braucht.

Wie hätte man das Ereignis verhindern können?

Nachfrage beim Arzt, der vom Problem der Unkenntnis des Patienten nichts wusste.

Welche Faktoren trugen Ihrer Meinung nach zu dem Fehler bei?

Hier gab es offensichtlich mehrere Gründe für die Panne. Ausbildung und Training im Team waren nicht so ausgerichtet, dass im Zweifelsfall nachgefragt werden muss. Und die Kommunikation zwischen Arzt und Helferin fand nicht statt.

Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:

Letztlich muss durch die Organisation der Praxisabläufe gewährleistet sein, dass Rezepte vor dem Unterschreiben schnell und sicher auf Richtigkeit geprüft werden. Und es prüfen am besten zwei Personen, denn vier Augen sehen mehr als zwei.

Für Wiederholungsrezepte werden folgende Maßnahmen empfohlen: Alle Medikamente (auch Arztmuster und Rezepte bei Hausbesuchen) werden im Praxiscomputer vermerkt. Arzneien, die für ein Wiederholungsrezept vorgesehen sind, werden markiert. Die Ärzte unterschreiben die Rezepte, wenn sie am Praxiscomputer die Patientenakte einsehen können. Es wird ein klarer Ablauf für das Ausstellen eines Wiederholungsrezepts festgelegt und dokumentiert.

Dr. Barbara Hoffmann

Neue Aufgaben für das Praxisteam?

Für emotionale Diskussionen sorgte über die Sommerferien ein Vorschlag des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen. Die Sachverständigen fordern unter anderem:

  • Patienten sollen künftig von ambulanten Teams behandelt werden, zu denen auch Vertreter nicht-ärztlicher Berufsgruppen gehören.
  • Pflegekräfte sollen künftig eigenständig die pflegerische Versorgung übernehmen dürfen, also auch Pflegebedarfsartikel und - zeitlich begrenzt -bestimmte Medikamentengruppen verordnen.
  • So genannte Case Manager sollen Ärzte entlasten. Auch hier ist eine stärkere Verantwortung von Pflegekräften oder anderen nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen angestrebt.

Vorbilder sind Modelle in den USA und Großbritannien. Hier gibt es das Berufsbild des Nurse Practitioners (NP). Das sind speziell ausgebildete Kräfte, die Diagnosen stellen und Medikamente verschreiben dürfen, Patienten an andere Leistungserbringer überweisen und ins Krankenhaus einweisen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung konterte mit einem Gegenvorschlag: „Unser Ziel wird es sein, die in Praxen angestellten Mitarbeiter weiterzubilden, damit sie unter ärztlicher Aufsicht und Führung arztentlastende Aufgaben übernehmen können“, so der Vorschlag.

Beiden Vorschlägen gemeinsam ist die Tatsache, den ohnehin breiten Tätigkeitsbereich des Praxisteams noch weiter auszudehnen. Dass eine solche Reform kommt, sieht man im Bundesgesundheitsministerium als sicher an. Allerdings schätzt man den Zeitraum bis dahin auf mehr als zehn Jahre.