Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Mit kleinen Übungen viel bewegen

Fitwärts in den Alltag

Die meisten Tätigkeiten im Praxisalltag werden nicht nur im Sitzen, sondern auch unter wenig physiologischen Körperhaltungen durchgeführt. Verspannte Nacken- und Schultermuskeln verbunden mit Kopfschmerzen sind häufig die Folge. Ein paar kleine Aktivitäten am Arbeitsplatz können helfen.
fliegende Mädchen
Brennpunkt Rezeption: Patientenaufnahme hinter dem Tresen. Auf dem nach ergonomischen Regeln eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz werden die Daten der Patienten aufgenommen. Während sich der Monitor ordnungsgemäß leicht geneigt auf Brusthöhe präsentiert, stehen Patienten dahinter. Um den gewünschten Blickkontakt zu den „Kunden“ aufnehmen zu können, wird der Kopf nach hinten gelehnt und die Halswirbelsäule überstreckt. Stress für die kleinen Wirbelgelenke und Überforderung für Nacken- und Schultermuskeln.

Brennpunkt EKG-Zimmer: Vorn übergeneigt werden erst einmal die Elektroden geklebt. Der Oberkörper muss in gebeugter Haltung fixiert werden, bis alles sitzt. Höchstlast für die Streckmuskeln der Brust- und Lendenwirbelsäule. Anschließend nehmen sie auf einem Hocker Platz, um Daten einzugeben und abzulesen. Das Becken ist nach hinten gekippt, und die Brustwirbelsäule wird im Rundrücken gehalten.

Auf die Haltung achten

Brennpunkt Blutabnahme: Auch hier wird, um die Bewegungsfreiheit zu erhalten, gern auf „leichtem Gestühl“ gearbeitet. Das Schwenken von den Spendern der Laborröhrchen hin zum Patienten und zurück kann so am schnellsten bewältigt werden. Die Haltung des Schultergürtels in vorgeneigter Position lässt die Schultern zwischen Wirbelsäule und Schultergelenken schnell erschöpfen. Es gibt viele Situationen im Alltag der Arzthelferin, die in ähnlich ungünstigen Sitz- und Stehbedingungen ausgeführt werden. Dabei sind die Arbeitsplätze kaum veränderbar. Die Aufgaben müssen schnell und präzise umgesetzt werden, aufwendige Hilfen stören oft nur. Am Ende des Tages zwickt es zwischen den Schulterblättern, ist die Halswirbelsäule steif und andere körperliche Warnsignale deuten Erschöpfung und Abgeschlagenheit an.

Kleine Pausen nutzen

Wäre doch die eigene Fitness besser, dann würde die Kraft auch reichen, um abends noch frohgelaunt dem Partner und der Familie zu begegnen. Der regelmäßige Besuch eines Fitnessstudios könnte helfen, lässt sich aber oft aus Zeitgründen nicht realisieren. Viel besser wäre es, den „Überlastungssyndromen“ zeitnah am Arbeitsplatz zu begegnen. Nehmen Sie sich zwischen der Versorgung von zwei Patienten kurz eine Minute Zeit und probieren Sie mit zwei Wasserflaschen im Zimmer nebenan mal den „Deltaflieger“ (siehe Kasten) und schon sind die Muskeln des Schultergürtels gekräftigt. 15 Wiederholungen á drei Sekunden sind weniger als eine Minute Zeitaufwand. Die dadurch ausgelöste Tonisierung der angesprochenen Muskeln hält bis zu vier Stunden an und gibt Ihnen ein Signal für die richtige Haltung in der Folgezeit. Oder greifen Sie sich das schon verstaubte Elastikband, das mal eine zeitlang zu den Geschenken der Pharmareferenten gehörte. Drehen Sie es um einen Türgriff und ziehen Sie die umwickelten Arme gestreckt nach hinten. 15 Wiederholungen sind ein gutes Maß, um die Muskeln soweit zu aktivieren, dass ein Muskelaufbau möglich wird.

Dehnen der gestressten Muskulatur ist auch im Arbeitsdress möglich. Leicht und schnell umgesetzt ist das Dehnen im Stehen. Klemmen Sie einen Luftballon zwischen den Schulterblättern und einer Wand ein und ziehen die Arme nach hinten, bis die Ellbogen die Wand berühren. „Gerade der Schultergürtel ist die Problemzone Nr. 1 der sitzend und stehend arbeitenden Menschen. Hier entsteht der Rundrücken, der sekundär zur Überstreckung der Halswirbelsäule und der damit verbundenen Beschwerden führt“, meint Dr. Axel Armbrecht, leitender Arzt des Instituts für Bewegungstherapie aus Eutin und Buchautor in Sachen „Gesunderhaltung im Beruf“.

Gelockerte Atmosphäre

Es mag paradox klingen, aber die „Verschleißprozesse des Berufsalltags“ können wir am wirkungsvollsten und schnellsten am Ort ihres Entstehens in den Griff bekommen. Es sind die kleinen Schritte, die uns aus dem Teufelskreis von Fehlbelastung, Muskelverspannung und Schmerz herausholen. Schon auf dem Weg zum nächsten Patienten ist ein kurzes Schulterrollen möglich. Dazu ein Lächeln mit der Kraft der Gesichtsmuskeln und nicht nur der Patient freut sich über eine „gelockerte“ Atmosphäre.

Dr. Axel ArmbrechtDer Autor

Dr. Axel Armbrecht leitet seit 12 Jahren ein Reha-Zentrum in Eutin und ist Autor eines Buches mit kleinen Übungen gegen große Beschwerden.

Vom Deltaflieger zum Überflieger

Die Deltaflieger-Übung hilft Ihnen dabei, müde Rückenmuskeln wieder aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Sie brauchen nur zwei volle Wasserflaschen und es geht los: Lassen Sie die Arme mit den Wasserflaschen hängen. Drehen Sie die Hände nach außen, die Handinnenflächen zeigen von Ihnen weg. Heben Sie nun die leicht angewinkelten Arme bis auf Schulterhöhe und lassen sie anschließend langsam wieder sinken. Eine Sekunde anheben, zwei Sekunden sinken lassen. Zählen Sie laut: Bei „21“ hoch und dann wieder langsam nach unten „22, 23“. Sie spüren sofort eine Spannung zwischen den Schulterblättern. Mit dieser Übung kräftigen Sie die Muskeln, die für die Aufrichtung des Oberkörpers wichtig sind.




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