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Erste Ergebnisse von zwei großen Evaluationsstudien

Der Wirkstoff DMP

Disease-Management-Programme sind mittlerweile im Praxisalltag etabliert, aber wirken sie sich auch positiv auf die Versorgung der Patienten aus? Die ersten Berichte für die Jahre 2003 bis 2006 belegen: Der Wirkstoff DMP hilft. Den Patienten, die kontinuierlich an einem DMP teilnehmen, geht es besser.
DMP-Pillen
Gewinner der DMP-Programme sind die Patienten. Das belegen die Abschlussberichte zur gesetzlichen Evaluation der AOK-Programme und eine vergleichende Analyse der BARMER mit Leistungsdaten von DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern. Die ersten Ergebnisse stellen wir hier vor.

Die Abschlussberichte der AOK zum DMP Typ-2-Diabetes für die Jahre 2003 bis 2006 zeigen durchweg positive Trends - zum Beispiel bei der Einstellung der Blutdruckwerte der Diabetiker. So verringerte sich der systolische Blutdruckwert nach drei Teilnahme-Jahren im Durchschnitt von 149 auf 139 mmHg, der diastolische Wert sank von 83 auf 80 mmHg. Da ein dauerhaft zu hoher Blutdruck Herz und Blutgefäße schädigt, ist diese Senkung ein wesentlicher Beitrag zur Gesundheit der teilnehmenden Diabetiker.

Der durchschnittliche HbA1c-Wert der DMP-Teilnehmer ist bereits beim Start in das Programm überraschend gut eingestellt, und er stabilisiert sich im weiteren zeitlichen Verlauf bei Werten um 7 Prozent. Der HbA1c-Wert zeigt an, wie hoch der Blutzucker durchschnittlich in den letzten 8 bis 12 Wochen war.

Webtipps

Informationen zur DMP-Evaluation
der AOK unter
www.aok-gesundheitspartner.de,
Rubrik Arzt und Praxis / DMP.
Weitere Informationen der BARMER zum Thema DMP unter
www.barmer.de/dmp

Auch beim Gesundheitsverhalten der Teilnehmer verzeichneten die drei unabhängigen Forschungsinstitute, die im Auftrag der AOK die Evaluation durchführen, positive Ergebnisse. Die Vereinbarung von Gesundheitszielen als ein wesentlicher Bestandteil der Programme zeigt Wirkung. Unter anderem sollen Arzt und Praxisteam die Patienten zum Rauchverzicht auffordern und sie ermuntern, sich mehr zu bewegen und gesünder zu ernähren. Die Evaluation belegt, dass die DMP-Teilnahme zum Beispiel viele Patienten tatsächlich dazu gebracht hat, mit dem Rauchen aufzuhören. Der Anteil der Raucher bei DMP-Teilnehmern halbierte sich demnach in drei Jahren von etwa zehn Prozent auf fünf Prozent.

Diese Auswertung gibt wertvolle Informationen für den weiteren Verlauf der DMP-Programme, erlaubt aber keinen Vergleich zwischen DMP-Teilnehmern und Patienten in der Regelversorgung. Um diese Lücke zu schließen, hat die BARMER die Leistungsdaten von Diabetikern zwischen 40 und 95 Jahren, deren Erkrankung mit antidiabetischen Arzneimitteln behandelt wird, ausgewertet. Es wurden zwei gleich große Gruppen von etwa 80.000 Patienten gebildet: Während die Patienten der ersten Gruppe niemals am DMP Diabetes teilgenommen haben, mussten die Patienten der zweiten Gruppe spätestens Ende 2005 eingeschrieben sein und bis zum Stichtag der Auswertung (Mai / Juni 2007) dabei bleiben. Durch die gewählte Methode der Datenanalyse wird sichergestellt, dass Verfälschungen der Ergebnisse durch eine unterschiedliche Alters- und Geschlechtsverteilung in den beiden Gruppen ausgeschlossen sind.

Die Untersuchungsergebnisse zeigen klar, dass typische und schwerwiegende Komplikationen des Diabetes mellitus bei den DMP-Teilnehmern signifikant seltener zu Krankenhausbehandlungen führen. So war die Zahl der Versicherten mit Schlaganfall gegenüber der Kontrollgruppe um fast ein Drittel geringer, die Zahl der Versicherten mit Bein- und Fußamputationen sogar um die Hälfte weniger. Die Balken in der Abb. 1 zeigen die exakten Werte im Vergleich zu den Patienten der Regelversorgung (100 %). Umgekehrt fanden die notwendigen Besuche beim Augenarzt bei Programmteilnehmern signifikant häufiger statt (144,9 %) als bei Patienten der Regelversorgung.

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Abb. 1: Teilnehmer an Disease Management Programmen haben seltener mit ernsten Komplikationen zu rechnen. Prozentzahlen relativ zur Kontrollgruppe (Patienten in der Regelversorgung = 100 %).Quelle: BARMER; Publikation in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, Ausgabe November 2007 (in Druck).

Die Analyse der BARMER-Daten zeigt zudem, dass DMP-Teilnehmer häufiger eine Medikation erhalten, die vor den gefährlichen Komplikationen des Diabetes schützt. Damit wird auch deutlich, dass die DMP-Teilnehmer durchaus eine hohe Morbidität aufweisen. Umso bemerkenswerter ist der deutliche Rückgang der Komplikationen im Vergleich zur Regelversorgung.

Aktuell führt der AOK-Bundesverband gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg eine weitere Studie durch, die ebenfalls DMP-Teilnehmer mit Nichtteilnehmern vergleicht. Die medizinischen Ergebnisse werden Anfang 2008 vorliegen, doch schon jetzt zeigen sich positive Trends: Erste Auswertungen belegen, dass DMP-Patienten mit dem Ablauf und der Organisation ihrer Behandlung deutlich zufriedener sind als Patienten in der Regelversorgung (Abb. 2).

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Abb. 2: Die Patienten sprechen Klartext: Teilnehmer an Disease Management Programmen fühlen sich deutlich besser betreut als Patienten in der Regelversorgung(Quelle: AOK / Abteilung Allgemeinmedizin der Universität Heidelberg).

Zusammengefasst lässt sich sagen: Eine gute Organisation der Behandlung sorgt offensichtlich für eine höhere Patientenzufriedenheit. Ärzte und Praxisteams setzen die Vorgaben des DMP mittlerweile so gut um, dass die Patienten das als eine deutliche Verbesserung der Behandlung wahrnehmen.

Dass es trotz aller positiven Ergebnisse bei der Behandlung im DMP noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, zeigt ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen: Im Bereich der KV Nordrhein wurden fast alle vereinbarten Qualitätsziele im DMP Diabetes-Typ-2 erreicht. Nur bei den Überweisungen von Diabetikern zur Fußambulanz wurde die vereinbarte Quote von 65 Prozent deutlich unterschritten. Nun gilt es, die Gründe herauszufinden. Wie Sie dazu beitragen können, dass auffällige Füße bei Diabetikern früh erkannt und richtig behandelt werden, lesen Sie in der Rubrik "Sprechstunde".