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Immunsystem und Allergien

Stichhaltig

Allergien sind Überreaktionen des Immunsystems. Doch was kann man dagegen tun? Wir sagen, für welche Therapieformen es stichhaltige Beweise gibt.
Wespe
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Ungefähr 90 Prozent aller Allergien sind Allergien vom Soforttyp. Die Symptome treten direkt nach dem Kontakt mit dem Allergen auf. Dazu gehören die weit verbreiteten Formen Heuschnupfen, Nesselsucht und Nahrungsmittelallergie. Schaltstellen für die allergische Reaktion sind spezielle weiße Blutkörperchen, die Mastzellen. Sie befinden sich im lockeren Bindegewebe, auch im Bereich der Haut. Und sie haben kleine Bläschen an Bord, die mit sogenannten Mediatoren gefüllt sind – hauptsächlich ist das Histamin.

Am Ende der Kaskade fangen die auf den Mastzellen festgehefteten Antikörper vom Typ IgE das Allergen ein und schütten Histamin aus. Das wiederum sorgt innerhalb von Sekunden bis Minuten für die typischen allergischen Symptome – in leichteren Fällen an den Kontaktstellen oder den besonders empfindlichen Nasenund Augenschleimhäuten, aber auch an den Atemwegen (allergisches Asthma) und in schweren Fällen im ganzen Körper. Das heißt dann anaphylaktischer Schock und ist eine lebensbedrohliche Situation. Auch wenn die Symptome variieren – unangenehm sind sie allemal. Das Immunsystem reagiert heftig auf unschädliche Umweltstoffe und bekämpft sie wie gefährliche Krankheitserreger.

Wer ist der Übeltäter?

Wichtig ist es daher erst einmal herauszufinden, auf welche Substanz der Körper überhaupt reagiert. Standard ist der sogenannte Pricktest, bei dem einzelne Tropfen von Allergenextrakten auf den Unterarm oder den Rücken aufgebracht werden – zusammen mit einem Positivtest (Histamin) und einem Negativtest (isotonische Kochsalzlösung). Schon nach einigen Minuten kann die Sofortreaktion abgelesen werden.

Doch was kann man tun, wenn man das entsprechende Allergen kennt? Zunächst kann man natürlich versuchen, den Kontakt zu vermeiden. Das mag bei Tierhaaren relativ einfach sein, bei einer Allergie gegen Gräserpollen oder Hausstaubmilben ist das eher aussichtslos.

Dann kann vielleicht eine Hyposensibilisierung, auch Spezifische Immuntherapie genannt, helfen. Dabei wird der Körper praktisch mit dem Allergen „vertraut gemacht“, indem er über einen längeren Zeitraum damit konfrontiert wird. Das führt im günstigsten Fall dazu, dass die überschießende Reaktion des Immunsystems auf das betreffende Allergen heruntergefahren wird. Im Detail passiert das dadurch, dass der Körper viele Antikörper vom IgG-Typ gegen das gleiche Allergen bildet, die sich frei im Blut bewegen und das Allergen dann „wegfangen“ können, bevor es an IgE-Antikörper binden kann, die dann die Mastzellen stimulieren und die Allergiekaskade auslösen. Es gibt zwei verschiedene Formen der Hyposensibilisierung:

  • Subkutane Immuntherapie (SCIT) Hier wird das Allergen unter die Haut gespritzt. Die Dosis wird am Anfang gesteigert und die Therapie wird nach Erreichen der Erhaltungsdosis in regelmäßigen Abständen (4-6 Wochen) fortgeführt, damit sich das Immunsystem an das Allergen gewöhnen und die Bildung von Antikörpern reguliert werden kann. Diese Therapieform gilt als Standard.
  • Sublinguale Immuntherapie (SLIT) Hier wird das Allergenzunächst für ein bis zwei Minuten unter der Zunge gehalten und dann geschluckt. Das können Patienten zuhause machen, allerdings sollte das täglich passieren. Während die potenzielle Wirksamkeit der subkutanen Applikation in Studien nachwiesen wurde, liegen für die sublinguale Applikation noch keine ausreichende Langzeitdokumentationen vor.
    Wichtig ist es, dass eine Hyposensibilisierung dann begonnen wird, wenn der Körper nicht schon mit Histamin überschwemmt ist. Gerade für die vielen Pollenallergiker, die im Frühjahr und Sommer besonders betroffen sind, ist jetzt im Herbst der richtige Zeitpunkt, mit der Therapie zu beginnen.