Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Fehler im Praxisalltag

Den Falschen gespritzt

In der Rubrik „Fehler im Praxisalltag“ stellen wir typische Alltagsfehler vor. Dieses Mal geht es um eine unbeabsichtigte Selbstinjektion.
Comiczeichnung Äskulapstab
Aus einer Praxis wird folgendes Ereignis berichtet:

Was ist passiert?

Eine Spritze wurde versehentlich falsch herum gehalten. Der Federmechanismus löste aus, und der Inhalt mit der Wirksubstanz Adrenalin entleerte sich in die Daumenkuppe des Arztes.

Was war das Ergebnis?

Der Daumen blieb acht Stunden lang kalt, livide-blass und schwoll danach stark an und schmerzte auch nach zwei Tagen noch stark. Ferner erhielt der Patient sein Adrenalin verzögert, da eine neue Spritze vorbereitet werden musste.

Welche Gründe können zu diesem Ereignis geführt haben?

Zum einen die fehlende Kennzeichnung auf der Spritze, etwa durch einen Pfeil. Dazu kam die Hektik des Notfalls und die Tatsache, dass es sich um ein selten verwendetes Präparat handelt. Ein in der Praxis häufiger verwendetes Konkurrenzpräparat ist hier deutlicher gekennzeichnet.

Wie hätte man das Ereignis verhindern können?

Sich vorher in ruhiger Situation mit der Spritze vertraut machen, ist immer gut, oft fehlt dazu aber die Zeit. Eine Kennzeichnung der Spritzrichtung durch den Hersteller und die Beschränkung auf eine Darreichungsform reduzieren das Risiko aber zumindest.

Welche Faktoren trugen Ihrer Meinung nach zu dem Fehler bei?

Fehlende Kennzeichnung und mangelnde Schulung am konkreten Präparat.

Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:

Offenbar sollte hier Adrenalin bei einer allergischen Reaktion gegeben werden. Eigentlich handelt es sich bei diesem Präparat (Fastjekt®) wie auch beim Konkurrenzprodukt Anapen® um Adrenalin-Fertigspritzen, die vom Patienten im Notfall selbst verabreicht werden sollen. Hier hat offenbar der Arzt das Adrenalin verabreichen wollen, die Spritze falsch herum gehalten und sich das Medikament versehentlich selbst injiziert – mit gefährlichen Folgen. Dass die beiden konkurrierenden Präparate unterschiedlich zu handhaben sind, erschwert die Sache. Folgende Tipps können in diesem Fall weiterhelfen:

  • Wie bei anderen Fertigspritzen ist es wichtig, sich vor der Anwendung in Ruhe mit dem Prinzip vertraut zu machen. Im Notfall ist nicht genügend Zeit, den Beipackzettel durchzulesen.
  • Patienten, denen Fertigspritzen mit Adrenalin zur Selbstinjektion bei einem allergischen Notfall verschrieben werden, müssen vorher trainiert werden (mit Bildern und Trainingsspritzen ohne Nadel und Medikament). Das bedeutet wirklich praktisch zu üben! Die Eingangsschulung sollte in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.
  • Hier sind auch die Herstellerfirmen gefragt: Kennzeichnung und Handhabung sollten eindeutig sein, oder wie ein Nutzer unseres Systems schrieb: „Im Notfall muss die Handhabung „idiotensicher“ sein!“

Dr. Isabelle Otterbach
Dr. Barbara Hoffmann