Patienten mit Alkoholsucht
Ein Glas zuviel?
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Unter den Alkohol- und Drogenabhängigen finden sich mehr Männer, Frauen sind häufiger von Medikamentenabhängigkeit betroffen. Die Lebenserwartung von Abhängigen ist wesentlich niedriger; so ist sie z.B. bei Alkoholkranken im Vergleich zur Gesamtbevölkerung um ca. 15% reduziert. Die Früherkennung der Alkoholsucht ist daher wichtig, um dem Patienten adäquate Hilfe zukommen zu lassen.
Alkoholismus ist eine schleichende Krankheit, die jeden ergreifen kann, der Alkohol konsumiert. Es kommt dabei weniger auf die Menge an, sondern eher auf die Regelmäßigkeit und aus welchen Gründen Alkohol konsumiert wird. Rund 75% der Alkoholkranken suchen mindestens einmal im Jahr mit alkoholbedingten Symptomen wie Bluthochdruck, chronischen Magenbeschwerden oder psychosomatischen Störungen die Hausarztpraxis auf. Die Verdachtsdiagnose „Alkoholsucht“ wird von vielen Ärzten aber ungern gestellt. Sie fürchten, die Gefühle des Patienten zu verletzen und es gibt nach der Diagnose keine festen Richtlinien für die weitere Betreuung. Zudem akzeptiert kaum ein Alkoholiker die ärztliche Diagnose „Alkoholsucht“.
Anonyme Hilfe
Trotzdem wird die Begleitung von Alkoholikern als eine hausärztliche Aufgabe gesehen – eine echte Herausforderung für den Arzt und sein Team. Als sehr hilfreich schildern betroffene Patienten die Teilnahme an Selbsthilfegruppen. Anonymität und offene Gespräche sorgen dort im Idealfall für seelische Entlastung und die Befreiung vom Schamgefühl. Das wiederum ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Patienten, die etwa bei den Anonymen Alkoholikern ihr Schamgefühl überwunden haben und zu ihrer Krankheit stehen, sind in der ärztlichen Therapie viel kooperativer.
Co-Abhängigkeit erkennen
Auch die Lebenspartner von Alkoholikern befinden sich oft in einer schwierigen Situation. Aus Ansprüchen wie den Schein zu wahren, Kinder zu schützen und loyalem Verhalten dem Trinker gegenüber entsteht oft ein unbewusstes Verhalten, das den Alkoholiker schützt und so sein Trinken noch unterstützt. Die Suchtforscher sprechen dann von einer Co-Abhängigkeit. Diesen Angehörigen muss bewusst werden, dass ihr Verhalten Teil der Alkoholkrankheit ist, das es abzustellen gilt.
Eine wichtige Aufgabe ist es also, Bewusstsein bei den betroffenen Patienten zu schaffen. Das können Sie fördern, indem Sie nach Absprache mit dem Arzt entsprechende Materialien im Wartezimmer auslegen. Von 13. bis 21. Juni findet auch in diesem Jahr wieder eine bundesweite „Aktionswoche Alkohol“ statt, die unter anderem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützt wird. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.aktionswoche-alkohol.de.
Als Praxisteam können Sie den Arzt aber auch in anderer Weise unterstützen. Die Adressen von lokalen Selbsthilfegruppen (z. B. Anonyme Alkoholiker) stehen meistens im Telefonbuch. Hier können Sie vorab Informationen über Anzahl, Ort, Zeit und Art der Treffen einholen. Die Gruppen helfen dem Patienten, sein Schamgefühl abzubauen, zeigen konkrete Wege aus der Sucht, stützen durch „trockene“ Alkoholiker und vermitteln professionelle Therapieangebote. Das kann die Praxis alleine nie leisten.