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Individuelle Gesundheitsleistungen

Doppelter Nutzen?

Wenn in der Hausarzt-Praxis von „IGeLn“ die Rede ist, geht es immer um individuelle Gesundheitsleistungen. Und von den richtigen IGeL-Angeboten können Patienten und Praxis gleichermaßen profitieren. Wir werfen einen Blick auf die verschiedenen Seiten einer besonderen Praxistätigkeit.
zwei Igel
© Eric Iseelée –Fotolia.com
Die mit IGeL abgekürzten individuellen Gesundheitsleistungen gehören nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und müssen vom Patienten privat bezahlt werden. Grundsätzlich entscheiden Krankenkassen, Vertragsärzte und Krankenhäuser unter Mitberatung der Patientenvertreter zusammen im Gemeinsamen Bundesausschuss, ob Therapieverfahren in den Leistungskatalog der Krankenkassen übernommen werden. Diese Entscheidung hängt davon ab, ob der Nutzen eines neuen Verfahrens ausreichend belegt, medizinisch notwendig und im Vergleich zu ähnlichen Verfahren wirtschaftlich ist. An die Beschlüsse dieses Gremiums sind alle gesetzlichen Krankenkassen gebunden. Wozu dann IgeL?

Nun, die Angebote sind zunächst einmal für viele Arztpraxen eine Möglichkeit, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Daran ist auch nichts Verwerfliches, schließlich ist das „Unternehmen Arztpraxis“ ja vom Gesetzgeber gewollt. Auf der anderen Seite ist auch etwas Fingerspitzengefühl gefragt, was die Auswahl der Angebote betrifft. Manche dieser ärztlichen Zusatzleistungen sind durchaus hilfreich, andere jedoch medizinisch umstritten oder schlicht und einfach überflüssig.

Steigende Bereitschaft

Das Marktforschungsinstitut TNS Health wollte 2008 in einer repräsentativen Umfrage von den Bundesbürgern wissen, wie sie zu IGeL stehen. 57% der Befragten halten es demnach für sinnvoll, wenn der Arzt solche Zusatzleistungen anbietet, die der Patient aus eigener Tasche bezahlt. Sie sehen darin eine Chance zur eigenständigen Entscheidung und halten es für in Ordnung, auch selbst für solche Leistungen zu bezahlen. Die anderen 43% der Bevölkerung lehnen solche Zusatzleistungen eher ab.

Für Arzt und Praxisteam ist es wichtig, welche Gründe die Patienten für das Angebot von IGeL vermuten: 19% glauben, dass Ärzte die medizinische Versorgung damit verbessern wollen. Deutlich mehr, 27%, vermuten, Ärzte wollten ihre Honorareinnahmen steigern. 40% – die größte Gruppe – sagen, dass beides zutrifft. Die Marktforscher folgern daraus: Wenn Ärzte ihre IGeL-Angebote auf medizinisch sinnvolle Leistungen konzentrieren, können Praxis und Patient davon profitieren. Denn es macht sicher Sinn, Patienten auch außerhalb der Regelleistung in der Hausarztpraxis zu beraten, statt sie mit unklarem Ausgang zum nächsten Heilpraktiker abwandern zu lassen.

Was macht Sinn?

Dass IGeL auch kontrovers diskutiert werden, hat sicher damit zu tun, dass in manchen Praxen auch schon mal Fragwürdiges angeboten wird. Deshalb muss man das Thema differenziert betrachten. Zu den sinnvollen Gesundheitsleistungen gehören:

Reisemedizinische Beratung

Gerade vor Reisen in tropische und subtropische Länder ist es sinnvoll, sich über gesundheitliche Gefahren und mögliche Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen, Malariaprophylaxe und bewussten Umgang mit Nahrungsmitteln beraten zu lassen. Da eine Reise immer eine persönliche Entscheidung ist, werden Beratung und Impfung nicht von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten getragen.

Sportmedizinische Untersuchung

Wer unbedingt für den New York Marathon trainieren möchte, sollte Herz, Lunge und Bewegungsapparat vorher untersuchen lassen, ob sie diesen Belastungen auch gewachsen sind. Und natürlich gilt auch hier: Der individuelle Wunsch muss vom Patienten auch selbst bezahlt werden.

Ernährungsberatung

Chronisch unter- oder übergewichtige Menschen haben oft mit Folgeerkrankungen zu kämpfen. Beratung heißt in diesem Fall, Patienten mit Rat und Tat dabei zu unterstützen, ihre Ernährungsgewohnheiten zu ändern. Solche Schulungen werden oft auch von MFA durchgeführt, die sich vorher entsprechend fortgebildet haben.

Akupunktur

Die Akupunktur ist eine therapeutische Methode aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder im Kniegelenk ist Akupunktur seit 2007 eine Leistung der GKV, darüber hinausgehende Angebote gehören in den IGeL-Bereich.

Wenn die Praxis IGeL anbietet, kommen von Patienten meist die gleichen Fragen:

  • Welchen Nutzen hat die zusätzliche Behandlung?
  • Ist die Methode wissenschaftlich untersucht?
  • Welche Risiken sind mit der Behandlung verbunden?
  • Wie hoch sind die Kosten?

Diese Fragen sollte auch das Praxisteam beantworten können. Versuchen Sie das Angebot immer aus der Patientensicht zu sehen und probieren Sie eine neue IGeL erst einmal selbst aus. Trotzdem ist es immer erforderlich, dass der Arzt den Patienten qualifiziert über das Angebot informiert.

Grafik Einstellung der Bevölkerung zu Selbstzahlerleistungen

Die Einstellung der Bevölkerung zu Selbstzahlerleistungen sind geteilt. 57% sind bereit, für Zusatzleistungen selbst zu zahlen.

Quelle: tns healthcare

Zusätzlicher Aufwand

Wichtig ist es nicht nur, dass Arzt und Team den Nutzen tatsächlich erklären können, die Praxis muss auch die Leistungen anbieten, die von den Patienten gewünscht werden. Welche das sind, kann man zum Beispiel mit Hilfe eines Patientenfragebogens heraus finden, der im Wartezimmer ausgelegt wird. Dort können Sie auch Informationsmaterial über die IGeL-Angebote der Praxis auslegen.

Für das Praxisteam sind IGeL-Angebote des Chefs oft ein nicht unerheblicher Mehraufwand, der mit den zusätzlichen Öffnungszeiten beginnt und mit dem Schreiben von Rechnungen endet. Daher ist es in vielen Praxen üblich, dass das Praxisteam mit am Umsatz beteiligt wird.

IGeL-Info

Wenn Sie Informationsblätter zu IGeL-Angeboten erstellen, sollten Sie folgende Punkte beachten:

Pflichtinformationen

Dazu gehören Kostenvoranschlag, Behandlungsvertrag und Rechnungsabwicklung.

Kundennutzen

Halten Sie den Nutzen der angebotenen Leistung in maximal fünf Stichpunkten fest.

Optische Gestaltung

Bilder sagen oft mehr als Worte. Überlegen Sie, wie Fotos oder Grafiken die Botschaft unterstützen können.