Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Notfälle in der Hausarztpraxis

Schnelle Hilfe

Der Arzt ist noch auf Hausbesuch und im Wartezimmer kollabiert ein Patient. Dann sind Rettungsmaßnahmen durch das Praxisteam gefragt. Doch wie sicher sind Sie dabei noch? Wir geben Hilfe für die erste Hilfe.
Rettungsring vor blauem Himmel
© mipan – Fotolia.com
Ein Notfall kann Ihnen ja nicht nur in der Praxis unterkommen. Auch auf dem Weg zur Arbeit, zu Hause oder in der Freizeit kann die Stunde schlagen. Und weil die meisten Menschen noch nie oder höchstens vor der Führerscheinprüfung mal einen Kurs in erster Hilfe absolviert haben, erwartet man von Ihnen als Medizinprofi die richtigen Schritte. Und ist es dann tatsächlich soweit, müssen Sie vor allem eins: kühlen Kopf bewahren.

Notfälle gibt es in vielen Schweregraden. Bei einem Kreislaufkollaps sollte der Patient sich hinlegen, gegebenfalls die Beine hoch lagern. Bei Asthma oder einer Herzinsuffizienz ist es dagegen ratsam, den Patienten mit erhöhtem Oberkörper zu lagern, damit er besser atmen kann. Wenn sich der Patient noch verständlich machen kann, können Sie die wichtigsten Punkte abfragen. Wir beschäftigen uns in diesem Beitrag aber vor allem mit dem schwerwiegendsten Notfall: der Reanimation.

Wichtigstes Zeichen eines bedrohlichen Sauerstoffmangels ist der Verlust des Bewusstseins. Bei Bewusstlosigkeit sollten Sie zunächst umgehend die Atemfunktion überprüfen: Sehen Sie Atembewegung? Hören Sie ein Atemgeräusch? Bei ausreichender Eigenatmung muss der bewusstlose Patient in eine stabile Seitenlage gebracht werden, danach verständigen Sie umgehend Ihren Arzt oder den Notarzt.

Auch bei Patienten mit Atemstillstand rufen Sie sofort den Notarzt, denn eine wesentliche Hilfe besteht in einer frühzeitigen Elektrotherapie des Herzens (Defibrillation). Steht Ihnen ein solcher automatischer externer Defibrillator (AED) in der Praxis zur Verfügung, sollte er bei Erwachsenen und herzkranken Kindern so rasch wie möglich angeschlossen werden.

Atemwege freimachen

Sind die Atemwege blockiert, weil der Zungenmuskel entspannt und die Zunge in den Rachen gerutscht ist, kann dies durch vorsichtiges Überstrecken des Kopfes behoben werden. Eine Hand wird dazu auf die Stirn, die andere an das Kinn gelegt und das Kinn dann mit der Hand angehoben. Achten Sie darauf, dass Sie dabei nicht auf die Weichteile unter dem Kinn drücken.

Wenn der Verdacht auf eine Halswirbelsäulenverletzung besteht, wird der Kopf nicht überstreckt. Durch das Vorschieben des Unterkiefers können Sie auch den Zungengrund nach vorne verlagern. Untersuchen Sie den Mundraum auf Fremdkörper oder Erbrochenes und entfernen Sie es gegebenenfalls. Bei Säuglingen und Neugeborenen sollte der Kopf nicht überstreckt werden, bringen Sie ihn in eine „Schnüffelposition“, d.h. die Nase zeigt nach leichter Streckung nach oben.

Bei fehlenden Lebenszeichen und einem Atemstillstand beginnt die Wiederbelebung bei Erwachsenen mit 30 Herzdruckmassagen, anschließend zweimal beatmen und weiteren 30 Herzdruckmassagen. Die aktuellen Empfehlungen sagen vereinfachend aus: Auf die Mitte des Brustkorbs drücken

Die richtige Technik

Foto Herzdruckmassage

Handhaltung bei Herzdruckmassage

Der Ballen der unteren Hand liegt dabei auf dem richtigen Druckpunkt und die zweite Hand wird gekreuzt auf die Erste gelegt. Die Finger müssen dabei unbedingt gestreckt werden oder die Finger der oberen Hand greifen zwischen die der unten liegenden Hand und ziehen damit die Finger nach oben (siehe Foto). So wird vermieden, dass Druck auf einzelne Rippen ausgeübt wird und Rippen brechen.

Bei Kindern soll der Druckpunkt auf der Mitte des Brustkorbs im unteren Brustbeindrittel liegen und mit der Herzdruckmassage auch begonnen werden, wenn eine Herzfrequenz unter 60 pro Minute getastet wird. Die Herzdruckmassage sollte möglichst nicht unterbrochen werden, damit kontinuierlich Blut in die lebenswichtigen Organe fließt. Während der Herzdruckmassage wird der Defibrillator sofort angelegt und der EKG-Rhythmus analysiert. Moderne Geräte geben Sprachanweisungen, denen Sie folgen können. Details zur Frequenz von Beatmung und Herzdruckmassage finden Sie in der Tabelle.

Unabhängig vom Rhythmus sollte alle 3 bis 5 Minuten Adrenalin verabreicht werden. Die Dosis variiert, je nachdem ob sie i.v. oder in einen schon liegenden Tubus verabreicht wird. Bei Kindern ist sie deutlich geringer.

Die Beutel-Maskenbeatmung bietet die erste Möglichkeit zur Beatmung, aber erst die Intubation schützt vor der Einatmung von Fremdstoffen. Intubieren sollte jedoch nur der Arzt oder notfalltechnisch ausgebildetes Assistenzpersonal, da nicht erkannte Fehlintubationen fast stets zum Tod führen. Als gute Alternative gelten Larynxmaske und Larynxtubus, die schneller und einfacher einzubringen sind und die Atemwege wesentlich besser sichern als Beutel-Masken. Eine Powerpoint-Präsentation zum Einsatz dieser Masken finden Sie unter www.info-praxisteam.de im Internet.

Und noch ein wichtiger Punkt: Machen Sie sich unbedingt mit dem Inhalt Ihres Praxis-Notfallkoffers vertraut. Sprechen Sie den Arzt darauf an, wenn Sie lange nicht mehr gemeinsam damit geübt haben. Und vielleicht ist es ja eine gute Idee, gelegentlich mal wieder mit dem ganzen Team zum Notfalltraining zu gehen. Denn mit der Reanimation ist wie beim Sport: Was man öfter trainiert, geht im Ernstfall leichter von der Hand

Dr. Matthias Thöns, Dr. Sönke Müller

Wiederbelebung in den verschiedenen Altersklassen

 
Neugeborene
Säuglinge
Kinder
Erwachsene
Alter
< 1 Jahr
> 1 Jahr
ab Pubertät
Drucktiefe
1/3 des Brustkorbdurchmessers
4–5 cm
Druckpunkt
Unteres Brustbeindrittel
Technik
Zweifingermethode
1–2 Handballen
2 Handballen

Herzdruckmassage :
Beatmung
3:1
30:2 (außer 2 Profi s: 15:2)
30:2
Frequenz Herzdruckmassage
120
100
Beatmungs frequenz
bei Wiederbelebung
21
4–8
4
Pulskontrolle
Oberarm
Hals

Präsentation zur Maskenbeatmung:
www.stiftung-paula-wittenberg.de/pdf/kehlkopfmaske.pdf

Übersicht zu Notfällen in der Hausarztpraxis:
www.medizin.uni-greifswald.de/icm/fktbereich_allgemeinmed/dokumente/S_Notfaelle_Hausarztpraxis_140109.ppt