Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Fehler im Praxisalltag

Gefährliche Selbstdiagnose

In der Rubrik Fehler im Praxisalltag stellen wir in jedem Heft einen Fall vor. Dieses Mal geht es um einen privaten Bekannten des Arztes.

Aus einer Praxis wird folgendes Ereignis berichtet:

Was ist passiert?

Ein dem Arzt privat bekannter Patient kommt am ersten Tag nach unserem Praxis-Urlaub in die überfüllte Praxis. Wie immer, wenn er etwas braucht, hat er keine Zeit. Er sei seit 10 Tagen erkältet und brauche Doxycyclin, er wolle nur das Rezept, er wolle keinesfalls dafür in die Sprechstunde, lässt er dem Chef mitteilen. Da er wie immer den Praxisablauf mit seiner Unruhe stört, gehe ich zum Chef und bringe ihm das Anliegen vor. Er stellt das gewünschte Rezept widerwillig aus und lässt ausrichten, es wäre besser, er käme in die Sprechstunde. Als der gleiche Patient fünf Tage später nach einem stärkeren Antibiotikum fragt, weil die Schmerzen in der Brust nicht nachlassen, klingeln beim Arzt die Alarmglocken. Er holt ihn persönlich ins Behandlungszimmer und erkennt nach kurzer Untersuchung, dass der Patient an einer Angina pectoris leidet. Er wird direkt stationär eingewiesen, kurz darauf erfolgt eine koronare Bypass-Operation.

Was war das Ergebnis?

Der Patient hat die kardialen Durchblutungsstörungen und die Operation folgenlos überlebt und hat erkannt, dass es nicht immer richtig ist, Diagnosen selbst zu stellen. Der Arzt hat entschieden, in Zukunft keinerlei Akutmedikamente ohne Ansicht des Patienten zu verordnen.

Welche Gründe können zu dem Ereignis geführt haben?

Hier kamen drei Dinge zusammen: Die Unvernunft des Patienten, die Inkonsequenz des Arztes und die hohe Arbeitsbelastung des Teams.

Wie hätte man das Ereignis verhindern können?

Es wäre leicht zu verhindern gewesen durch Konsequenz in der ärztlichen Behandlung und die Bereitschaft, die eigenen Regeln des Praxisablaufes zur Abwendung eines Schadens auch einmal zu brechen. In diesem Fall also die Reihenfolge der wartenden Patienten zu missachten. Auch ein genaueres Abfragen der Symptome durch die MFA kann helfen.

Welche Faktoren trugen Ihrer Meinung nach zu dem Fehler bei?

Mehrere Bereiche sind betroffen: Kommunikation, Ausbildung und Training.

Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:

Der privat Bekannte fordert als Privileg ohne Wartezeit zwischendurch behandelt zu werden – will nur mal schnell ein Rezept. So werden Routinen umgangen, die einen Sicherheitsfaktor darstellen. Haben Sie in Ihrer Praxis klare Regeln für alle Mitarbeiter, wie mit diesen Patienten umgegangen wird?

Dr. Isabelle Otterbach
Dr. Barbara Hoffmann

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