Fehler im Praxisalltag
Niemals im Vorbeigehen
Aus einer Praxis wird folgendes Ereignis berichtet:
Was ist passiert?
Eine Patientin wurde zwei Wochen nach dem Einsetzen einer Knie-Endoprothese an Unterarm-Gehstützen aus der Klinik entlassen, weitere zwei Wochen später wurden die Klammern entfernt. Nach vier Wochen stellte sie sich mit starker Beinschwellung und druckschmerzhafter Wade in der Hausarztpraxis vor. Bei Durchsicht der Akte fiel auf, dass keine Thromboseprophylaxe erfolgt war.
Was war das Ergebnis?
Eine angiologische Untersuchung zeigte keine Thrombose, jedoch eine massive Lymphstauung. Erst jetzt wurde eine Thromboseprophylaxe eingeleitet.
Welche Gründe können zu dem Ereignis geführt haben?
Bei der Entlassung wurde die Patientin – da sie ohne Termin kam – am Tresen abgefertigt. Es lag ein vorläufiger Entlassungsbericht vor. Es sollte Krankengymnastik und Lymphdrainage rezeptiert werden, auch wurde kurz eine Entgleisung des bekannten Diabetes mellitus in der Klinik besprochen. Am Tresen fehlte die Zeit für das sorgfältige Durchlesen des Entlassungsberichts und das Entfernen der Klammern erfolgte im Verbandsraum. Dort gibt es keine EDV-Anbindung.
Wie hätte man das Ereignis verhindern können?
Ursache war hier die Abfertigung auf die Schnelle. Nach größeren Eingriffen wie dieser Knieendoprothese sollte über einen Zeitraum von 5-6 Wochen Tromboseprophylaxe betrieben werden. Patienten nach Krankenhausaufenthalt – mit oft geänderter Medikation – sollten immer dem Arzt vorgestellt werden. Leider kommen bei älteren Patienten dann oft nur die Angehörigen mit einem Wunschzettel ohne Termin in die Praxis.
Welche Faktoren trugen Ihrer Meinung nach zu dem Fehler bei?
Für diesen Fehler waren Mängel in der Kommunikation und Organisation verantwortlich.
Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:
Bereits mehrfach hatten wir Fehlerberichte, die sich mit dem Problem der Thromboseprophylaxe bzw. mit der Fortsetzung der Medikation an der Schnittstelle stationäre und ambulante Versorgung befassen. Es bedarf eines standardisierten Prozesses bei Patienten, die sich nach Krankenhausentlassung zur Weiterbehandlung in der Praxis vorstellen. Auch wenn die Klinik mal vergessen hatte die Thromboseprophylaxe aufzuschreiben, muss man in der Praxis bei der Weiterbehandlung dafür sorgen. Standard sollte sein: immer Arztkontakt. Im Vorbeigehen dürfen diese Patienten auf keinen Fall betreut werden.
Dr. Isabelle Otterbach
Dr. Barbara Hoffmann
Fehler melden
In der Medizin können Fehler fatale Folgen haben. Und Sie können mithelfen, die Wiederholung von Fehlern zu verhindern. Melden Sie dazu Fehler, die in Ihrer Praxis passiert sind, anonym im Internet an das Fehlerberichts- und Lernsystem beim Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt.
www.jeder-fehler-zaehlt.de