Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Hygiene in der Hausarztpraxis

Schutz im Verbund

Schutz gegen Infektionen ist eine wichtige Aufgabe – auch für das Praxisteam. Doch nur wenn alle ihre Aufgabe wirklich ernst nehmen, kann das Ganze auch funktionieren. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.
Playmobil-Soldaten
Quelle: playmo-portal.com, bearbeitet

Die Mutter aller Hygiene heißt Sauberkeit. Denn die Maßnahmen zur Gesunderhaltung des Menschen und seiner Umwelt, so die Definition von Hygiene, erfordert vor allem ein hohes Maß an Sauberkeit.

Individuelle Hygiene

Haare können durch anhaftende Keime ein potenzielles Infektionsrisiko für Patienten darstellen. Lange Haare sollten in der Dienstzeit deshalb zusammengebunden getragen werden, in bestimmten Bereichen müssen Einmal-Hauben getragen werden. Fingernägel müssen zwar nicht übertrieben kurz getragen werden, sollten aber auch nicht zu lang sein. Vor allem die zur Zeit sehr beliebten künstlichen Fingernägel bergen ein hohes Risiko für Nagelpilz und andere Infektionen. Auch Schmuck sollte in der Praxis auf ein Minimum reduziert werden, da sich hier Keimnischen bilden können. Das gilt vor allem für filigrane Ringe und Schmuck an den Unterarmen.

Bekleidung sollte in der Praxis angelegt und nach Dienstschluss wieder ablegt werden; spätestens nach zwei Tagen wechseln, bei Verschmutzungen sobald wie möglich. Beim Waschen der Bekleidung gilt: Die Keimzahl in der Praxiswäsche muss so weit reduziert werden, dass nach dem Waschen keine Infektionsgefahr mehr besteht. Dies leisten aber praktisch alle Haushaltswaschprogramme, 60°C sind ausreichend. Die meisten Waschmittel haben aufgrund ihrer starken Detergenzienwirkung bereits einen Bakterien tötenden Effekt. Für die Füße schreibt die Berufsgenossenschaft geschlossenes Schuhwerk oder Schuhe mit hochgezogenen Fersenriemchen vor. Dass besondere Schutzkleidung und Schutzhandschuhe immer dann zu tragen sind, wenn mit einer besonderen Kontamination zu rechnen ist und dass in der Arztpraxis mit kochfesten Materialien oder Einwegtüchern gearbeitet wird, sollte selbstverständlich sein.

Praxisteam und Reinigungspersonal müssen um kritische Ecken wissen, die täglich kontrolliert werden sollten. Überhaupt macht sich eine vernünftige Einarbeitung des Reinigungspersonals schnell bezahlt. Und natürlich fängt Hygiene schon bei der Einrichtung an. Zwar gibt es keine hygienischen Gründe, Teppichböden zu verbieten – dass vom Fußboden keine Infektionsgefahr ausgeht, gilt als bewiesen –, doch wegen der leichteren Reinigung sind glatte Bodenbeläge immer die bessere Wahl. Das gilt auch für Arbeitsflächen. Gar nichts in der Arztpraxis verloren haben Wasserfilter und Luftreiniger. Die Qualität des deutschen Leitungswassers gilt als beste weltweit, durch die meisten Wasserfilter wird die hygienische Qualität des Trinkwassers eher verschlechtert. Das gilt auch für sogenannte Luftreinigungsgeräte, die angeblich Pollen aus der Luft entfernen – diese Behauptung ist wissenschaftlich nicht belegt.

Hygieneplan

Eine Praxis sollte einen Hygieneplan haben. Die wichtigsten Punkte sind im Kasten auf Seite 9 festgehalten, Merkblätter können Sie auch im Internet herunterladen (siehe Webtipps). Die entsprechenden Maßnahmen sollten dokumentiert werden, alle Mitarbeiter müssen diesbezüglich geschult sein und wenn gegen Hygienemaßnahmen verstoßen wird, muss das der Praxisleitung gemeldet werden. Es gibt aber auch viele Dinge, die tatsächlich überflüssig sind. So muss Müll aus der Praxis keinesfalls von einem Spezialunternehmen entsorgt werden. Viel wichtiger ist, dass spitze und scharfe Gegenstände nicht zum normalen Hausmüll kommen. Es muss sichergestellt sein, dass die Entsorgungsbehältnisse bei der Müllentsorgung nicht zerstört und nicht von Hand sortiert werden. Ansonsten ist wiederholt wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass Müll aus ärztlichen Praxen nicht mehr Keime enthält als Hausmüll, sondern eher weniger.

Für Praxisteam und Patienten gleichermaßen wichtig ist die Hand- und Hauthygiene, sie nimmt deshalb im Hygieneplan auch einen besonderen Platz ein (siehe Tabelle). Das Umfüllen von Händedesinfektionsmitteln aus großen Kanistern in kleine Gebinde ist eine Praxis, die in vielen Arztpraxen nicht zuletzt aus Kostengründen gängig ist. Aus hygienischer Sicht ist dagegen nichts einzuwenden, nur im OP-Bereich (z. B. ambulantes Operieren) darf Händedesinfektionsmittel nicht umgefüllt werden, da hier sporenfreier Alkohol zur chirurgischen Händedesinfektion verwendet wird. Einmalhandschuhe und andere Wegwerfartikel dürfen natürlich nicht wiederverwendet werden.

Hygiene ist auch ein wichtiger Teil eines funktionierenden Qualitätsmanagements in der Praxis. Unter QM-Gesichtspunkten sollten Sie deshalb folgende Hygiene-Punkte beachten:

  • Verantwortlichkeit: Die Praxis braucht einen Hygieneverantwortlichen samt Stellvertreter.
  • Hygieneplan: Wichtig sind Checklisten und Arbeitsanweisungen für das Praxisteam und das Reinigungspersonal.
  • Kontrollen sorgen für wirklich runde Abläufe. Neben internen Kontrollen kommt ein externes Audit in Frage.
  • Anpassung: Neue Abläufe in der Praxis erfordern in der Regel auch eine Anpassung des Hygieneplans. Auch ganz wichtig: Neue Mitarbeiter müssen in Hygieneabläufen entsprechend geschult werden.

MRSA – eine ernste Bedrohung

Das Bakterium Staphylococcus aureus (SA) ist ein ständiger Begleiter des Menschen. Fast 80% der Bevölkerung tragen ihn zumindest vorübergehend mit sich herum, vorwiegend im Nasen-und Rachenraum, ohne davon zu merken. In bis zu 20% der Fälle handelt es sich dabei um Methicillin-resistente Stämme (MRSA), die gegen das Antibiotikum Methicillin und oft auch gegen andere Antibiotika resistent sind. Problematisch ist das vor allem bei Personen mit einem geschwächten Immunsystem. Aber auch bei lokalen Entzündungen (Abszesse oder postoperative Wundinfektionen), Lebensmittelvergiftungen oder invasiven Maßnahmen (Harnwegkatheter, Magensonde o.ä.) können diese Bakterien zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Klinik-, Praxis- und Pflegepersonal sind mögliche Überträger, ohne selbst Anzeichen einer Erkrankung zu zeigen. Vor allem bei Personen, die öfter zwischen Krankenhaus und Pflegeheim oder Zuhause pendeln ist dabei letztendlich die Gefahr hoch, dass Keime via Personal von einem Patienten auf einen anderen übertragen werden. In solchen Umgebungen ist eine gute Basishygiene besonders wichtig, gründliche Händedesinfektion vor und nach der Pflege jedes Patienten ist die erste und wichtigste Hygienemaßnahme. Zusätzlich werden Risikopatienten vor und nach längeren Krankenhausaufenthalten direkt auf diese Bakterien untersucht. Für die Hygiene gibt es eigene Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes.

Das Hygieneplan-1x1: was, wann, womit, wie
Händereinigung bei Betreten bzw. Verlassen des Arbeitsbereiches, vor und nach Patientenkontakt Flüssigseife aus Spender Hände waschen, mit Einmalhandtuch abtrocknen
Händedesinfektion hygienisch z.B. vor Verbandswechsel, Injektionen, Blutentnahmen, Blasenkatheterlegen und -pflegen, nach Kontakt mit kontaminiertem Material, nach Ausziehen der Handschuhe alkoholisches Händedesinfektionsmittel ausreichend Desinfektionsmittel in den Händen verreiben bis die Hände trocken sind (ca. 30 s). kein Wasser zugeben.
Händedesinfektion chirurgisch vor operativen Eingriffen alkoholisches Händedesinfektionsmittel nach Waschen 3 min auf Händen und Unterarmen einreiben
Hautdesinfektion vor Punktionen, bei Verbandswechsel usw. alkoholisches Händedesinfektionsmittel, PVP-Jod-Lsg. sprühen, wischen, sprühen, wischen Dauer: 30 s
  vor chirurgischen Eingriffen, Gelenk- oder Lumbalpunktionen alkoholisches Händedesinfektionsmittel, PVP-Jod-Lsg. mit sterilen Tupfern mehrmals auftragen und verreiben; Dauer: 3 min
Instrumente nach Gebrauch Instrumentenreiniger einlegen, abspülen, trocknen, autoklavieren
Verbandswagen einmal täglich und nach Kontamination Flächendesinfektionsmittel mit frischem Tuch abwischen
Mobiliar, Untersuchungsliege einmal täglich umweltfreundlicher Allzweckreiniger mit frischem Tuch abwischen
  nach Kontamination Flächendesinfektionsmittel mit frischem Tuch abwischen
Wäsche, Schutzkleidung nach Gebrauch Waschmaschine 60 °C
Waschbecken, Toiletten, Fußboden
einmal täglich
umweltfreundlicher Allzweckreiniger gründlich reinigen
Nach Daschner F, Frank U: Antibiotika in der Praxis, Springer-Verlag 2006