Männliche Kollegen
Allein unter Frauen?
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Das Telefon klingelt. Gemeinschaftspraxis Dr. Schuknecht/Heinze, Sie sprechen mit Sascha Gross, meldet sich der junge Mann hinter dem Tresen. Er ist Auszubildender im zweiten Lehrjahr und einer der wenigen Männer in einem weiblich dominierten Beruf. Nach gängiger Definition heißt das, es gibt zwischen 80 % und 100 % weibliche Auszubildende. Und die Zahlen der Landesärztekammern belegen das für MFA nachdrücklich. So waren zum Beispiel 2008 in Hessen von 2.872 Auszubildenden 31 männlich (1,1 %), in Niedersachsen waren es 29 von 4.120 (0,7 %). Während der Berufswunsch MFA bei Schülerinnen einen festen Platz unter den Top Ten hat, ist er bei männlichen Schülern statistisch nicht messbar. Die Gründe sind vielschichtig und werden in verschiedenen Internetforen intensiv diskutiert: Es ist halt kein Karrierejob, Weil Weiblichkeit beruhigender wirkt und Da gibt es bestimmt wilde Gerüchte sind nur drei von vielen Ansichten.
Alles Blödsinn, sagt Sascha Gross und erklärt, warum er sich pudelwohl fühlt in der Praxis: Es ist einfach ein toller Beruf, bei dem man viel mit Menschen zu tun hat. Und das war mir immer wichtig. Auch in seinem Umfeld sieht man das ähnlich. Meine Freunde finden das mittlerweile ganz normal – auch wenn sie selbst sicher nicht auf die Idee kämen, sagt Sascha und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: Nur meine Freundin hat sich anfangs etwas gesorgt – bei so vielen Mädels. Aber für sie ist das jetzt auch ok. Immerhin ist er nicht der einzige Mann in der Klasse, der Geschlechterschlüssel liegt bei 2:22.
Für die Kolleginnen in der Praxis ist das Geschlecht zweitrangig. Was wichtig ist, erklärt Gabriele Becker, die als Dienstälteste im Team auch die Azubis immer ein bisschen unter ihre Fittiche nimmt: Sascha kommt mit seiner offenen Art bei den Patienten einfach gut an. Und alles andere bringen wir ihm schon bei. Und auch Praxischef Dr. Bernhard Schuknecht zieht eine positive Zwischenbilanz: Als wir letztes Frühjahr die Bewerbungen gesichtet hatten, waren wir schon erstaunt. Aber im Vorstellungsgespräch konnte Sascha uns überzeugen und nach mehr als einem Jahr kann ich klar sagen: jederzeit wieder.
Kein Hahn im Korb
Die Fakten
Nach Angaben des statistischen Bundesamtes sind in der Berufsgruppe Arzthelferin/MFA/ZMFA 99,1 % der Angestellten weiblich. Ähnlich hoch ist der Prozentsatz bei den Berufen pharmazeutisch-technische Assistentin (98,1 %), sowie Diätassistentin und medizinisch-technische Assistentin mit jeweils 92,5 %. Insgesamt liegt der Frauenanteil im Gesundheitswesen bei 72 % (Gesamtwirtschaft 45 %). Frauen arbeiten wesentlich häufiger in Teilzeit oder in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis als Männer.
Als Hahn im Korb fühlen sich männliche MFA kaum. Aber ich glaube die Kolleginnen finden es schon gut, dass das Team nicht nur aus Frauen besteht, sagt Alexander Kramß, der die Ausbildung vor 13 Jahren als einer der ersten Männer begann und heute Praxismanager in einer Berliner Allgemeinarztpraxis ist. Inzwischen gibt er sein Wissen an einer Bildungsakademie weiter.
Sascha Gross (links) ist Auszubildender im Team von Dr. Bernhard Schuknecht. Bei Bedarf nehmen die erfahrenen Kolleginnen ihn schon mal unter ihre Fittiche.
Die Bundesagentur für Arbeit glaubt an ein Ende der Grenzen zwischen Männer- und Frauenberufen. Seit Jahren schon gibt es deshalb den Girls Day, bei dem junge Frauen in technische Berufe reinschnuppern können. Unter dem Motto Boys Day – Neue Wege für Jungs können Jungen sich jetzt auch einen Einblick in soziale und pflegerische Berufe verschaffen. Zu den Schnupperangeboten gehört auch das Berufsbild MFA.