Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Bewertung von Ärzten und Praxisteams im Internet

Praxis-Schaulaufen?

Für viele Praxen sind Bewertungen im Internet so rätselhaft wie Noten beim Eiskunstlauf. Wir stellen Ihnen brauchbare Richtlinien und ein interessantes Pilotprojekt vor.

Etwa 17.000 Mal am Tag oder 6 Millionen Mal im Jahr stellen sich Patienten die Frage: Wie finde ich einen guten Arzt? – zum Beispiel, weil sie den Wohnort gewechselt haben. 80% der Deutschen fällen diese Entscheidung am liebsten auf der Grundlage persönlicher Empfehlungen. Doch gerade zu diesen Aspekten sind derzeit keine oder kaum Informationen verfügbar, obwohl die Zahl an so genannten Arztbewertungsportalen im Internet in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Eine Studie der Universität Nürnberg-Erlangen zeigt deutlich, dass die bestehenden Angebote zur Arztbewertung nur eingeschränkt in der Lage sind, Patienten bei der Arztsuche zu unterstützen – zum Beispiel, weil sie anfällig für Manipulationen und Missbrauch sind, etwa durch Falsch- oder Mehrfachbewertungen.

Was aber suchen Nutzer, wenn sie einen guten Arzt suchen? In der Regel wohl denjenigen, der sie gut behandelt – menschlich, aber vor allem medizinisch. Bei der Bewertung einer Arztpraxis sind es wohl eher auch soziale und kommunikative Aspekte, die den Ausschlag geben. Denn Studien zeigen: Mehr als 95 Prozent der Patienten sagen, dass es ihnen wichtig oder sehr wichtig ist, dass der Arzt auf Fragen eingeht, Sachverhalte verständlich erklärt und dass in der Praxis ein freundlicher Umgangston herrscht. Und daher ist es auch ein wichtiges Thema für das Praxisteam (s. Kasten).

Diese Fragen betreffen das Praxisteam

Die folgenden Fragen aus dem AOK-Arztnavigator auf Basis der Weissen Liste betreffen vor allem das Praxisteam. Der Patient kann sie auf einer Skala von Trifft voll und ganz zu bis Trifft überhaupt nicht zu beantworten:

  • Das Praxispersonal vermittelt mir das Gefühl, willkommen zu sein.
  • Die Praxisräume sind ansprechend gestaltet.
  • Die Praxisräume sind sauber und ordentlich.
  • Der Wartebereich bietet genügend Platz, um Abstand zu anderen Patienten zu wahren.
  • Der Zeitraum zwischen Terminvereinbarung und Arzttermin ist angemessen.
  • Die Wartezeiten in dieser Praxis sind angemessen.
  • Sprechstunden, Urlaubszeiten und Praxisvertretungen werden klar vermittelt.
  • Die Praxis macht einen gut organisierten Eindruck.
  • Ich habe den Eindruck, dass persönliche Patientenunterlagen in der Praxis vertraulich behandelt werden.
  • Die Nennung des Anlasses meines Praxisbesuchs gegenüber anderen Patienten (z. B. im Anmeldebereich) wird vermieden.
  • Ich habe den Eindruck, dass mit Privatversicherten in dieser Praxis bevorzugt umgegangen wird.

Wichtig sind Qualitätsstandards. Nur damit können sich Versicherte auf die Qualität der Auskünfte und die Arztpraxen auf eine faire Bewertung verlassen. Vor diesem Hintergrund haben Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im Dezember 2008 das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) beauftragt, einen Katalog mit Anforderungen für gute Arztbewertungsportale zu erarbeiten. Ein Jahr später wurde ein Anforderungskatalog vorgelegt. Neben den gesetzlichen Anforderungen (Datenschutz, Telemediengesetz) gehören dazu:

  • Datum der Aufnahme und der letzten Aktualisierung sind angegeben
  • Eigentums- und Finanzierungsverhältnisse werden offengelegt
  • Werbung und Inhalt sind getrennt
  • personenbezogene Arztsuche und verständliches Bewertungsverfahren
  • Einträge in Freitextfeldern werden geprüft
  • Möglichkeit zur Gegendarstellung
  • Schutz gegen Täuschungen und Diffamierungen

Diese Kriterien werden auch von großen Kassen wie der BARMER GEK und der AOK unterstützt. Für Arztpraxen heißt das: Setzen Sie sich mit der Realität auseinander und versuchen Sie, Lehren aus den Bewertungen zu ziehen. Positive Bewertungen sollten Ansporn dafür sein, Dinge weiter in die gleiche Richtung zu entwickeln. Und Kritik kann ganz im Sinn eines guten Qualitätsmanagements für Verbesserungen im Praxisablauf genutzt werden.

Pilotprojekt soll Erfahrungen sammeln

Screenshot www.aok-arztnavi.de
AOK-Versicherte in drei Pilotregionen können unter www.aok-arztnavi.de ihren Arzt bewerten.

Ein großes Pilotprojekt wurde in diesem Sommer gestartet. Die AOK entwickelt mit dem Projekt Weisse Liste der Bertelsmann-Stiftung und Patienten- und Verbraucherorganisationen eine Online-Arztsuche, die alle geforderten Kriterien erfüllt. Ziel des Projektes ist die Schaffung eines nicht-kommerziellen Informationssystems mit hoher Qualität. Das betrifft den Fragenkatalog ebenso wie die Manipulationssicherheit des Verfahrens. Es soll eine verlässliche Orientierungshilfe entstehen, die für Patienten ein wichtiger Informationsbaustein bei der Arztwahl sein kann. Gleichzeitig soll das neue System dem berechtigten Interesse der Ärzte und Praxisteams an einer fairen und belastbaren Befragungsmethodik Rechnung tragen.

Derzeit können AOK-Versicherte in den Pilotregionen Berlin, Hamburg und Thüringen unter www-aok-arztnavi.de ihren Arzt bewerten. Im Unterschied zu den bestehenden Arztbewertungsportalen sind hier keine Freitextfelder vorgesehen, so dass Diffamierungen oder unsachgemäße Meinungsäußerungen von Patienten ausgeschlossen sind. Die Ergebnisse werden gesammelt und erst veröffentlicht, wenn eine Praxis eine zweistellige Mindestanzahl an Beurteilungen erhalten hat. Dadurch wird eine einseitige Darstellung aufgrund weniger Beurteilungen verhindert. Der wissenschaftlich evaluierte Fragebogen umfasst rund 30 Fragen aus den Themenbereichen Praxis und Personal, Arztkommunikation, Behandlung und Gesamteindruck.

Die ersten Ergebnisse aus den Pilotregionen sollen im Herbst 2010 im Ergebnisportal veröffentlicht werden. Praxen können ihre Befragungsergebnisse dann kommentieren – etwa wenn von Patienten beklagte lange Wartezeiten bereits behoben sind. Danach wird ein bundesweiter und kassenübergreifender Rollout angestrebt, was die Bewertung auf eine größere Patientenbasis stellt. Und das ist Grundlage für eine faire und seriöse Analyse. Wenn Sie Ihre Patienten aktiv auf die Befragung aufmerksam machen wollen und in einer Praxis in Berlin, Hamburg oder Thüringen arbeiten, können Sie bei uns entsprechende Infoflyer herunterladen.

Arztnavigator für die eigene Praxis nutzen


Ärzte und Praxisteams erhalten über den Arztnavigator auf Basis der Weissen Liste eine faire, seriöse und methodisch fundierte Rückmeldung, die in dieser hohen Qualität keines der bisher existierenden Bewertungsportale bietet. Sie können die Ergebnisse sowohl für das interne Qualitätsmanagement als auch für eine positive Außendarstellung nutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine ausreichende Zahl von Bewertungen für die einzelne Praxis vorliegt. Ärzte und Praxisteams, die ihre Patienten aktiv auf die Befragung aufmerksam machen, erhalten Infoflyer zum Arztnavigator über die Arztberater der beteiligten AOKs in Berlin, Hamburg und Thüringen oder können sie über folgende Servicenummern anfordern: