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Versorgung chronischer Wunden

Verbandswechsel

Zu den häufigen Tätigkeiten der MFA gehört in vielen Praxen auch die Versorgung von chronischen Wunden, etwa bei Patienten mit diabetischen Fußsyndrom. Wir haben noch einmal die wichtigsten Punkte und Handgriffe zusammengestellt, die Sie beim Verbandswechsel beachten sollten.
© TebNad – shutterstock.com
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MFA, die im DMP Diabetes eingebunden sind oder den Arzt bei Hausbesuchen unterstützen, kennen das Problem nur zu gut: Ein Patient hat eine Wunde, die einfach nicht verheilen will. Auf etwa vier Millionen wird die Zahl der Patienten in Deutschland geschätzt, die an solch chronischen Wunden leiden, davon:

  • 1 bis 1,5 Millionen an Ulcus cruris, einer offenen und meistens nässenden Wunde am Unterschenkel, die von Patienten gerne auch als offenes Bein bezeichnet wird. Betroffen sind meistens ältere, multimorbide Menschen.
  • 1 Million an Dekubitus, einer Wunde, die durch lokale Druckbelastung bei bewegungseingeschränkten Patienten entsteht.
  • 1,5 Millionen an einem diabetischen Fußsyndrom, einer Komplikation vor allem bei Diabetes-Typ2-Patienten.

Der Auslöser kann banal sein: Eine offene Stelle am Fuß durch einen neuen Schuh, ein Fremdkörper in der Haut, aber auch Allergien oder Infektionen. Systemische Faktoren wie Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus) oder Gefäßschäden hemmen die Wundheilung und tragen so wesentlich zur Entstehung der chronischen Wunde bei. In ihrer Verzweiflung folgen solche Patienten oft gut gemeinten, aber sinnlosen Ratschlägen aus der Presse oder von Freunden. Doch viele Salben, Pasten und Heilerden machen das Problem nicht kleiner, eher umgekehrt. Nicht selten verschlechtert diese Laientherapie die Wundsituation weiter. Wichtig ist in diesen Situationen ein gutes Wundmanagement. Dafür stehen Verbände mit speziellen Materialien zur Verfügung.

Damit eine chronische Wunde heilen kann, muss sie zunächst ins Stadium einer akuten Wunde zurückversetzt werden (Débridement): Oberflächlicher Eiter und so genannte Biofilme – also schleimige Bakterienhüllen – lassen sich größtenteils mit einer in physiologische Kochsalzlösung getränkten Kompresse entfernen. Andere Beläge sind mitunter fest mit dem Wundgrund verhaftet und müssen zunächst vom Arzt entfernt werden. Tiefer gelegene Eiterherde werden nach Möglichkeit trocken gelegt. Die Phasen einer normalen Wundheilung sind in der Tabelle rechts noch einmal zum Wiederholen zusammengefasst.

Viele Variationen eines Themas

Nach dem Auffrischen der Wunde muss der richtige Verband aus einer großen Vielfalt gewählt werden. Folgende Grundmaterialien werden unterschieden:

Hydrogele ermöglichen die dauerhafte Anfeuchtung des Wundgrunds, sodass die Wundheilung im keimfreien Feuchtmilieu fortschreiten kann. Hydrogele bestehen zu ca. 20 Prozent aus Propylenglykol.

Alginate können Flüssigkeiten aufnehmen und werden dabei gelartig. Dabei werden Zellreste und Stoffwechselprodukte aus der Wunde sowie Keime gebunden. Stark absorbierende Alginate können den Wundgrund aber auch austrocknen.

Polyurethanschaum nimmt ebenfalls Wundflüssigkeit und Zellreste auf und kann rückstandsfrei aus der Wunde entfernt werden.

Schaumkissen (mit Superabsorber-Eigenschaften) können in Gewebehöhlen oder tiefe Wunden eingebracht werden und dort Flüssigkeit aufnehmen. Dabei können sie sehr stark aufquellen, so dass nicht mehr als ein Drittel bis die Hälfte einer Wundhöhle damit ausgefüllt sein sollte.

Wundauflagen mit Silbersalzen, die antimikrobiell wirken.

Unterschiedliches Klebeverhalten

Wundauflagen werden nach ihrer Haftfähigkeit unterteilt in:

  • klebende Auflagen
  • schwach bis mäßig haftende Auflagen
  • nicht klebende Auflagen

Alle Wundauflagen ohne Kleberand sollten so zugeschnitten werden, dass sie etwa zwei Zentimeter über den Wundrand reichen. Klebende Auflagen sind indiziert, wenn die Haut in der Wundumgebung intakt ist. Bei geschädigter Haut werden weniger stark haftende bzw. nicht klebende Verbände bevorzugt.

Angesichts der Vielfalt von Verbänden mit unterschiedlichen Wirkkombinationen sollten Produkte mit klarer Indikation bevorzugt werden. So lässt sich leichter überwachen, ob ein Wirkprinzip tatsächlich effektiv ist. Mit nur wenigen verschiedenen Wundauflagen können 80 Prozent der Wunden versorgt werden.

Verbandswechsel: So wirds gemacht

Der Verlauf der Wundheilung hängt wesentlich von einem korrekten Verbandswechsel ab. Zunächst werden aseptische, also keimfreie Wunden versorgt, dann infizierte. Der Ablauf sieht nach Lehrbuch (Quelle siehe Tabelle oben) so aus:

  • Hände desinfizieren
  • Ggf. Schutzkleidung anlegen
  • Material auf desinfizierter Arbeitsfläche vorbereiten und Abfallgefäß bereitstellen
  • Einmalhandschuhe anziehen
  • Alten Verband lösen und entfernen, wenn nötig mit steriler Pinzette. Wunde nicht berühren
  • Verband kontrollieren (Sekrete, Geruch) und dann in den Handschuhen entsorgen
  • Wunde kontrollieren
  • Hände neu desinfizieren
  • Mit neuer steriler Pinzette und sterilen Handschuhen Wundreinigung durchführen (bei aseptischen Wunden von innen nach außen, bei infizierten Wunden von außen nach innen). Gegebenenfalls auch umliegende Hautareale säubern
  • Pinzette und Handschuhe entsorgen
  • Neue Einmalhandschuhe anziehen, frische Wundauflage auflegen, dabei eine neue Pinzette benutzen

Fixiert wird die Wundauflage mit Polyurethanfolie (durchsichtig und gasdurchlässig), Mullbinden oder großformatigem Pflaster. Bei diabetischem Fuß mit Neuropathie besteht die Gefahr einer vom Patienten nicht bemerkten Druckschädigung, deshalb sollte der Verband komplett mit Watte unterpolstert werden. Nach der Fixierung Material entsorgen, Flächen und Hände desinfizieren und anschließend Lage und Halt des Verbandes kontrollieren. Nicht vergessen, den Verbandswechsel und den Zustand der Wunde zu dokumentieren.

Wie häufig die Wundauflage gewechselt werden muss, hängt vom Ausmaß der Sekretion und einer möglichen Infektion ab. Die Spanne reicht von mehrmals täglich bis alle drei bis fünf Tage. Das Wundmanagement ist auch Teil vieler Fortbildungsveranstaltungen für MFA, etwa im Rahmen des Curriculums Ambulante Versorgung älterer Menschen der Bundesärztekammer.

Phasen der Wundheilung Zeit Vorgänge
Wundreinigung, Exsudation, Aktivierung des Gerinnungssystems 1.–72.Stunde Blut und Serumflüssigkeit spülen die Wunde. Es bildet sich ein behelfsmäßiger Wundverschluss aus Fibrin und Blutpfropf.
Entzündung / Resorption 1.–3. Tag Entzündungszellen wandern in die Wundränder, ein lokales Wundödem entsteht. Überschüssiges Gewebe wird abgebaut.
Granulationsphase 3.–10. Tag Ausgehend von den Wundrändern und dem Wundgrund bildet sich neues, gefäßreiches Granulationsgewebe. Die Rötung lässt nach.
Epithelisierungsphase, reparative Vorgänge ab 7. Tag Wundflächen verkleinern sich, Gewebe wandelt sich um und zieht sich zusammen. Nach drei Monaten werden etwa 80 Prozent der endgültigen Festigkeit erreicht.

Die Phasen der normalen Wundheilung. Damit eine chronische Wunde heilen kann, wird sie zunächst in das Stadium einer akuten Wunde zurückversetzt.

nach Medizinische Fachangestellte – Lernfelder Behandlungsassistenz, Patientenbetreuung, Verlag Handwerk und Technik