Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Die richtige Rolle finden

Wir lernen Team!

Echten Teamgeist kann kein Chef befehlen. Jedes Team muss ihn erlernen. Wie das geht? Indem erstmal jedes Teammitglied lernt, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen und wo die der anderen Teammitglieder. Wir stellen dazu eine bewährte Methode vor.
© Joachim Naas – Fotolia.com, bearbeitet
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Fußball gilt ja mittlerweile als Spiegel des Geschäftslebens und so kommt es nicht von ungefähr, dass Interviews mit Vorstandsvorsitzenden und Fußballtrainern zum Verwechseln ähnlich klingen. Bei beiden geht es darum, aus einem Haufen Menschen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen eine Mannschaft zu machen, die möglichst gut auf ein gemeinsames Ziel hin arbeitet. Diese Mannschaft kann elf Köpfe zählen, wie beim Fußball, ein paar Tausend Köpfe wie in einer großen Firma oder fünf Köpfe wie in einem durchschnittlichen Praxisteam.

Doch bleiben wir kurz bei der Fußballmannschaft, denn hier wird anschaulich klar, dass verschiedene Talente den Erfolg ausmachen. Früher war die Aufgabenteilung etwa so: Die eine Hälfte des Teams ist damit beschäftigt zu verhindern, dass der Gegner ein Tor schießt, während die andere Hälfte versucht, selbst ein Tor zu erzielen. Mittlerweile gestaltet sich das deutlich variabler, auch die Stürmer müssen mal hinten aushelfen und die Verteidiger schalten sich in die Angriffe ein. Trotzdem ist es wichtig, viele verschiedene Talente in der Mannschaft zu haben und sie auch entsprechend ihrem Können einzusetzen. Deshalb steht in der Nationalmannschaft Manuel Neuer im Tor und Thomas Müller im Sturm, aber nicht umgekehrt. Die wissenschaftliche Grundlage für diese Binsenweisheit lieferte in den späten 1970ern der britische Psychologieprofessor Meredith Belbin. Er hatte in seinen Seminaren ein interessantes Phänomen entdeckt: Zu einer Gruppenarbeit hatten sich die intelligentesten Kursteilnehmer zu einem Team zusammengefunden – und dieses Team lieferte dann das schlechteste Ergebnis. Nicht die Superhirne waren die bessere Mannschaft, sondern eine bunt gewürfelte Studentengruppe. Wie konnte das passieren, fragte sich Belbin und entwickelte daraus ein Rollenmodell, das auch für das Team einer Hausarztpraxis einen Blick wert ist.

Belbin beschreibt Teamrollen als eine Tendenz, sich gegenüber anderen auf eine besondere Art zu verhalten, einen Beitrag zu leisten und mit ihnen zusammen zu wirken. Danach verfügt jeder Mensch über bestimmte Stärken und erlaubte Schwächen, die er bestimmten Rollen zuordnet. Es gibt

  • drei handlungsorientierte Rollen: den Macher, den Umsetzer, und den Perfektionisten.
  • drei kommunikationsorientierte Rollen: den Koordinator, den Mitspieler und den Wegbereiter.
  • drei wissensorientierte Rollen: den Erfinder, den Beobachter und den Spezialisten.

Welcher Typ Sie selbst sind, können Sie anhand der Tabelle auf dieser Seite unten ermitteln – noch einfacher geht es mit dem Fragebogen im Internet, den entsprechenden Link finden Sie im Webtipp. Natürlich sind die Grenzen zwischen den jeweiligen Rollen fließend und auch abhängig von der jeweiligen Situation. Dennoch ist die Fragebogenauswertung hilfreich, weil sie Tendenzen in Richtung eines bestimmten Rollencharakters klar herausarbeitet.

Modell von Belbin
Drei mal drei verschiedene Rollen nutzt das Modell von Belbin.

Soweit die Theorie. Doch was bringt es in der Praxis, Menschen einzelnen Kategorien zuzuordnen? Und kaum ein Praxisteam zählt neun Köpfe, da ist es schon theoretisch kaum machbar, die Rollen nach der Theorie zu verteilen. Außerdem legt Belbins Modell den Schluss nahe, dass die Auswahl der Mitglieder entscheidende Voraussetzung zur Bildung eines effektiven Teams ist. Und das ist in der Hausarztpraxis eher unrealistisch.

Dennoch bringt das Wissen um die Rollenverteilung im Team eine ganze Menge. Belbin spricht in seiner Analyse immer von Stärken und zulässigen Schwächen – das zeigt schon, dass es hier keinesfalls um das Bloßstellen von Defiziten geht. Ganz im Gegenteil. Mehr über die eigenen Stärken und Schwächen zu wissen, macht es Menschen leichter, sich in eine Gruppe einzufügen und dort einen wichtigen Beitrag zu leisten, der den persönlichen Fähigkeiten entspricht. Gleicht man dieses Wissen über die eigene Teamrolle noch mit den besonderen Fähigkeiten der Kolleginnen ab, kann man realistische Erwartungen auch für anspruchsvolle Teamaufgaben formulieren. Das ist nicht einfach, in der Diskussion über Aufgabenverteilung aber durchaus hilfreich und macht darüber hinaus auch Spaß – wenn man mit den Kolleginnen und Chefs vertrauensvoll umgeht.

Vielleicht regt dieser Beitrag Sie dazu an, mal über Rollen zu diskutieren, wenn bei der nächsten Teambesprechung neue Projekte anstehen – etwa die Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements. Und wenn Ihr Team dazu noch nicht bereit ist, können Sie das Ergebnis des Rollentests nutzen, um Ihre eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Denken Sie über Ihr Verhalten nach und holen Sie ruhig auch mal das Feedback einer Kollegin ein. Dazu braucht es ja nicht immer die ganze Runde.

Das Modell von Belbin vernachlässigt übrigens ein paar andere Faktoren, etwa die Chemie zwischen den Teammitgliedern: Wer kann mit wem und wer denkt nur an den eigenen Vorteil? Auch ein optimales Team braucht gegenseitigen Respekt und funktionsfähige Prozesse zur Kommunikation und Konfliktbewältigung. Wie man diese Prozesse entwickelt, lesen Sie im Beitrag Zu neuen Ufern in Ausgabe 5/2008.

Teamrolle Beitrag Charakteristika zul. Schwächen
Erfinder bringt neue Ideen ein unorthodoxes Denken oft gedankenverloren
Wegbereiter entwickelt Kontakte kommunikativ, extrovertiert oft zu optimistisch
Koordinator fördert Entscheidungsprozesse selbstsicher, vertrauensvoll kann als manipulierend empfunden werden
Macher hat Mut, Hindernisse zu überwinden dynamisch, arbeitet gut unter Druck ungeduldig, neigt zu Provokation
Beobachter untersucht Vorschläge auf Machbarkeit nüchtern, strategisch, kritisch mangelnde Fähigkeit zur Inspiration
Mitspieler verbessert Kommunikation, baut Reibungsverluste ab kooperativ, diplomatisch unentschlossen in kritischen Situationen
Umsetzer setzt Pläne in die Tat um diszipliniert, verlässlich, effektiv unflexibel
Perfektionist vermeidet Fehler, stellt optimale Ergebnisse sicher gewissenhaft, pünktlich überängstlich, delegiert ungern
Spezialist liefert Fachwissen u. Information selbstbezogen, engagiert, Fachwissen zählt verliert sich oft in technischen Details
Quelle: Wikipedia