Gemeinschaftsaufgabe Patientenversorgung
Versorgung managen
Patienten mit chronischen Krankheiten stellen eine besondere Herausforderung dar – sowohl für die betreuenden Hausarztpraxen, als auch für die Krankenkassen. Schon seit Jahren beschäftigt sich die Versorgungsforschung deshalb mit der Frage, wie die Patientenversorgung besser gemanagt werden kann, ohne die Praxen zu überlasten. In der Zwischenzeit haben sich vor allem zwei erfolgversprechende Ansätze herauskristallisiert die dabei helfen, die Therapietreue der Patienten zu verbessern, ohne dabei in die enge Beziehung zwischen Patient und Hausarztpraxis einzugreifen:
- Telefonische Betreuung durch speziell geschulte Fachkräfte.
- Kooperationen zwischen Praxen und lokalen Geschäftsstellen von Krankenkassen.
Telefonbetreuung
Gut informierte Patienten können mit ihrer Krankheit in der Regel viel besser umgehen – deshalb ist die Telefonbetreuung eine zusätzliche Ressource, die vor allem bei Chronikern gute Chancen bietet. Ein gelungenes Beispiel ist das Projekt Herz plus / COPD plus der AOK Bayern. Im Rahmen dieses Pilotprojektes nehmen AOK-Mitarbeiter mit medizinischer Fachausbildung regelmäßig Kontakt zu Patienten mit Herzinsuffizienz und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung auf. Ziel ist es, sie zur aktiven Mitwirkung an der Therapie zu bewegen und ihnen das dazu erforderliche Wissen zu vermitteln. Damit soll eine Verschlechterung des Krankheitszustandes und die Entstehung von Notsituationen vermieden werden. Die Betreuung der Patienten erfolgt in enger Abstimmung mit ihren Haus- und Fachärzten und soll diese unterstützen, wenn es um die Einhaltung der Therapievereinbarungen durch die Patienten geht. Dass bei allen Formen der Telefonbetreuung die Anforderungen des Datenschutzes eingehalten werden müssen, versteht sich. Ebenfalls an Patienten mit Herzinsuffizienz richtet sich das Projekt Herz plus der AOK Rheinland/Hamburg, das gemeinsam mit der Deutschen Sporthochschule entwickelt worden ist. Hier ermitteln speziell geschulte Berater den Gesundheitszustand und die Lebensweise der Patienten und erstellen gemeinsam mit ihnen einen individuellen Angebotskatalog zu Bewegung, Ernährung und Entspannung. Sie begleiten die Patienten über den Zeitraum von einem Jahr und stehen anfangs einmal wöchentlich mit ihnen in Kontakt, um beispielsweise Zielvereinbarungen zu treffen. Befragungen der Teilnehmer zeigen, dass sie die persönliche Beratung sehr schätzen und das Angebot weiterempfehlen würden.
Lokale Kooperationen
Für die Koordination der Leistungen in der Fläche sind die Geschäftsstellen der Krankenkassen zuständig. Egal, ob es um Heilmittel, Hilfsmittel oder Krankengeld geht. Oft ist ein Anruf dort für den Hausarzt oder sein Praxisteam der schnellste Weg zum Ziel, weil viele Dinge ganz unbürokratisch geklärt werden können. Umgekehrt gibt es natürlich auch auf Kassenseite manchmal Fragen, die sich in einem kurzen Telefonat viel besser klären lassen als auf dem großen Dienstweg.
Wenn es darum geht, die häusliche Versorgung von (zukünftig) pflegebedürftigen Patienten sicherzustellen bzw. zu optimieren, um so ein längeres Verbleiben in der eigenen Häuslichkeit zu ermöglichen, besteht die Möglichkeit eine Pflegeberatung nach § 7a SGB XI in Anspruch zu nehmen. Gemeinsam mit dem Versicherten bzw. den Angehörigen wird der jeweilige Unterstützungsbedarf geklärt und ein individueller Versorgungsplan erstellt. Die Durchführung der zur Verbesserung und Stabilisierung der Versorgungssituation vereinbarten Maßnahmen wird durch Pflegeberater, die bei größeren Geschäftsstellen der Pflegekasse angesiedelt sind, kontinuierlich begleitet und überwacht. Bei veränderter Bedarfslage wird der Versorgungsplan entsprechend angepasst. In komplexen Fallkonstellationen können die Pflegeberater als Koordinatoren des gesamten Hilfeprozesses und als Ansprechpartner für alle Beteiligten fungieren.
Dass eine solche Kooperation nicht nur bei geriatrischen Patienten Sinn macht, zeigt ein Projekt der BARMER GEK für Patienten mit psychischen Störungen. Vom Tag der Erstdiagnose bis zur Rückkehr in den Beruf ist es für viele dieser Patienten ein sehr langer Weg, der Wochen, oft auch Monate dauern kann. Durch frühzeitige Kontaktaufnahme, persönliche Gespräche und die Vermittlung adäquater Behandlungsmöglichkeiten soll den Erkrankten eine jahrelange Odyssee von Arzt zu Arzt und damit viel Leid erspart werden. Das Beratungsangebot reicht vom langfristigen Beziehungsmanagement über die Hilfe bei der Suche nach Fachärzten oder Psychotherapieplätzen bis zur Vermittlung von Selbsthilfegruppen.
Neue Aufgaben für MFA
© Klaus Rose
MFA im Versorgungsmanagement – neben telefonischen Kontakten gibt es auch den persönlichen Kontakt beim Hausbesuch.
Diese Art der Einzelfallbetreuung wird Case Management genannt. Mittelfristig könnten solche Versorgungsangebote auch von den Hausarztpraxen durchgeführt werden, da sie den besten und direktesten Bezug zu ihrer medizinischen Behandlung haben. Dabei können MFA nicht nur weitere Termine koordinieren, sondern auch selbstständig Aufgaben übernehmen. Praxen aus Pilotprojekten berichten hier mehrheitlich von positiven Erfahrungen im Umgang mit den Patienten.
Die Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der Universität Heidelberg führt aktuell gemeinsam mit den Instituten in Frankfurt am Main und Jena eine Studie zum indikationsübergreifenden hausärztlichen Case Management für Patienten mit hohem Hospitalisationsrisiko bei den Indikationen Diabetes Typ 2, Herzinsuffizienz und COPD durch. 140 Hausarztpraxen und rund 2.000 Patienten nehmen an der Studie PraCMan (Hausarztpraxis-basiertes Case Management bei chronisch kranken Patienten) teil. In einem ausführlichen Gespräch des Case Management Teams mit dem Patienten werden individuelle Ziele für den Behandlungsverlauf vereinbart. Speziell geschulte MFA rufen die Patienten dann ein Jahr lang regelmäßig an, besprechen die Eintragungen im Patienten-Tagebuch und passen bei Zustandsverschlechterungen in Absprache mit dem Hausarzt rechtzeitig die medizinische Behandlung an. Zudem motivieren sie die Patienten zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil und vermitteln ihnen ergänzende Angebote zur Gesundheitsförderung.
Die intensive Patientenbetreuung trägt dazu bei, dass es den Patienten besser geht. Wenn sich dadurch auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen verringert, können auch finanzielle Einsparungen erzielt werden, die den Beteiligten zugute kommen. Dann werden solche Case Management Modelle weiterhin zunehmend Einzug in die Versorgungspraxis halten und auch neue Chancen für speziell geschulte MFA in der Praxis bringen. Doch auch die aktive Nutzung der Case Management Angebote der Krankenkassen kann für die Praxis vorteilhaft sein. So werden Ihre Patienten unterstützt, aktiv an der Therapie mitzuwirken und lästige Bürokratie kann ggf. im Einzelfall entfallen. Auch kann die Zusammenarbeit zwischen Kasse und Hausarztpraxis sicherstellen, dass gezielt diejenigen Patienten kontaktiert werden, die einen besonderen Unterstützungsbedarf erkennen lassen.
Webtipp
- Angebote der AOK unter www.aok.de (Gesundheit, Behandlung, Gesundheitsprojekte)
- www.barmer-gek.de
- www.pracman.org