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Widerstandsfähigkeit und Zuversicht

Dickhäuter werden

Viele Menschen kommen mit den Herausforderungen ihres Lebens nicht zurecht – obwohl diese objektiv gesehen gar nicht so groß sind. Was hilft dagegen? Sich ein dickes Fell zulegen. Widerstandsfähigkeit und Zuversicht kann man nämlich lernen.
© Duncan Noakes – fotolia.com
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Wie kann es sein, dass manche Menschen Katastrophen in ihrem direkten Umfeld langfristig gut verkraften, während andere schon von Banalitäten aus der Bahn geworfen werden? Wie können bestimmte Menschen z. B. nach dem Erleben einer Naturkatastrophe wesentlich stabiler dastehen als andere nach dem Erleben eines eher harmlosen Autounfalls?

Fakt ist: Die Reaktionen auf seelische Erschütterungen sind sehr unterschiedlich. Menschen können Ängste und Depressionen entwickeln und auch körperlich erkranken. Manche versuchen, diese negativen Empfindungen mit Alkohol oder Drogen zu betäuben. Einschlägige Studien beziffern den Anteil der Betroffenen, die nach traumatischen Ereignissen – Beteiligung an Katastrophen, lebensbedrohliche Erkrankungen, Verlust des Lebenspartners – ernsthafte psychische und physische Schädigungen davon tragen auf 30 bis 40 Prozent. Dabei leiden Frauen mehr als Männer, Kinder mehr als Erwachsene. Umgekehrt heißt das aber auch: Mehr als die Hälfte der Menschen hat offensichtlich ein genügend dickes Fell, um auch schwierige Situationen unbeschadet zu überstehen.

Die Psychologen nennen diese Fähigkeit Resilienz. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Widerstandsfähigkeit, aber auch Elastizität. Das Interesse an diesem Phänomen hat ganz praktische Gründe. Die Fehlzeiten wegen Krankheiten wie Depression oder Burnout haben sich innerhalb eines Jahrzehnts fast verdoppelt. Und offensichtlich kommen viele Menschen schon mit dem ganz normalen Leben nicht mehr zurecht. Mit fatalen Folgen: Depressionen und Ängste schwächen das Immunsystem, die Patienten erkranken auch körperlich schneller und verlieren die Fähigkeit, mit Krisensituationen angemessen umzugehen.

Ob man zu den Widerstandsfähigen gehört oder nicht, hat vor allem mit den eigenen Erfahrungen zu tun. Resiliente Menschen können vor allem eins: flexibel auf neue Situationen reagieren. Sie finden schlimme Erfahrungen genauso belastend wie andere, stellen deshalb aber nicht gleich den Sinn des Lebens in Frage. Sie erkennen, dass sich etwas Fundamentales verändert hat – und passen ihr Leben entsprechend an.

Falsche und richtige Strategien

Natürlich fragt sich jeder Betroffene nach einem schlechten Ereignis: Warum gerade ich? Warum wurde ICH gefeuert? Warum hat MICH mein Freund verlassen? Menschen ohne Widerstandsfähigkeit haben, so erklärt das die Psychologie, zwei Verhaltensweisen: Sie personalisieren und sie generalisieren: Ich wollte zu viel und ich werde nie wieder einen Mann finden. Oder: Ich war ein Idiot zu denken, ich kann etwas aus meinem Leben machen. Resiliente Menschen pflegen dagegen einen optimistischeren Erklärungsstil. Das heißt nicht, dass sie ihre eigenen Fehler ignorieren. Sie können ihren Anteil am Problem durchaus sehen. Sie denken aber nicht ständig über Dinge nach, die sie nicht beeinflussen können, sondern sehen auch das Positive in einer Situation: Mein Mann hat mich verlassen, aber ich habe Freunde und viele Interessen. Oder: Ich habe meinen Job verloren, aber ich bin gesund und meine Familie hilft mir. Resilienten Menschen gelingt es also, nicht nur die Katastrophe zu betrachten, sondern auch das Drumherum. So dauern schlechte Gefühle deutlich weniger lang an.

Zurück in die Zukunft

Der Königsweg zu mehr Zuversicht führt zunächst einmal in die Vergangenheit. Wenn Sie noch mit Katastrophen kämpfen, kommen Sie nicht umhin, sich auch unangenehme Fragen zu stellen. Also: Warum hat mein Freund mich verlassen? oder Woran bin ich im Job gescheitert? Holen Sie sich auch die Meinung von Freunden oder (Ex-)Kollegen ein, um ein objektiveres Bild zu erhalten. Denn: Nur wenn Sie eine Ahnung davon haben, was falsch lief, haben Sie eine Chance, nicht wieder in die gleiche Falle zu tappen.

Das ist gerade dann wichtig, wenn der Grund nicht bei Ihnen selbst liegt, sondern daran, dass Sie schlicht und einfach den falschen Partner oder den falschen Job hatten. Das braucht seine Zeit, aber es ist ein Teil der Verarbeitung. Und dann müssen Sie aufhören, nach hinten zu schauen und beschäftigen sich mit dem Weg nach vorne. Denn wer mit Zuversicht nach vorne schaut, kann für sich einen Sinn im Weitermachen entdecken und leidet nicht dauerhaft unter dem Schicksalsschlag.

Beginnen Sie, indem Sie sorgfältig Ihre Ausgangssituation analysieren – heute, nicht vor der Katastrophe. Schreiben Sie auf ein Blatt Papier, was zur Zeit gut läuft. Und auf ein anderes Blatt Papier schreiben Sie, was Ihrer Meinung unbedingt besser sein müsste. Und denken Sie nicht nur darüber nach, schreiben Sie es auf. Denn so müssen Sie die Dinge exakt beschreiben und das zwingt Sie dazu, sich auch genauer mit ihnen zu beschäftigen.

Zuerst kümmern Sie sich um die Negativliste. Gehen Sie Ihre Liste Punkt für Punkt durch und fragen Sie sich, warum Sie diese Dinge tun – obwohl sie Ihnen keine Freude bereiten. Streichen Sie sofort alles, was nicht wirklich notwendig ist. Wenn Sie die Fenster nur putzen, damit die Nachbarn nicht reden, lassen Sie es sein. Beschäftigen Sie sich mit Ihren Erwartungen, nicht mit denen der anderen. Natürlich werden danach noch immer ein paar Punkte auf Ihrer Liste stehen, die nicht so einfach abzustellen sind. Für die müssen Sie sich einen mittelfristigen Plan überlegen. Aber mit den vermeidbaren Ärgernissen sind Sie einen erheblichen Schritt weiter.

Danach malen Sie sich die Zukunft rosa. Stellen Sie sich ein paar einfache Fragen und schreiben Sie die Antworten auf:

  • Mit wem würden Sie am liebsten Ihre Zeit verbringen?
  • Und wie würden Sie Ihre Zeit verbringen wollen? Welche Arbeit oder welche Hobbies würden Ihnen Spaß machen?
  • Wofür möchten Sie sich engagieren und was möchten Sie lernen?

Schreiben Sie auch auf, was Sie sich sonst noch wünschen. Danach entwickeln Sie einen Aktionsplan, wie Sie meinen, diese Wünsche in die Realität umzusetzen. Starten Sie mit dem größten und wichtigsten Ziel Ihrer Liste und entwickeln Sie den Plan vom Ende her, Schritt für Schritt zurück bis heute.

Bleiben Sie flexibel

Ein Aktionsplan hat auch den großen Vorteil, dass die einzelnen Schritte messbar sind. Sie haben so die Möglichkeit, notwendige Anpassungen und Korrekturen vorzunehmen. Denn eins ist klar: Sie müssen Ihre Ziele regelmäßig überprüfen – jeden Tag, jede Woche und jeden Monat. Achten Sie darauf, dass Sie auf Kurs bleiben und weiterhin auf Ihre Ziele zuarbeiten, aber bleiben Sie flexibel. Auch wenn das Ziel immer das gleiche bleibt, gibt es ganz bestimmt neue Ansätze, den nächsten Schritt auf dem Weg zu erreichen.

Fragen Sie sich auch regelmäßig, warum Sie dieses Ziel erreichen wollen. Welche Vorteile ziehen Sie daraus? Schreiben Sie alles auf, was Ihnen dazu einfällt, und schauen Sie sich diese Liste immer wieder an, wenn Sie das Gefühl haben, es geht nicht vorwärts. Das hilft sehr, sich selbst in schlechteren Phasen zu motivieren. Denn Erfolg hat viel mit Durchhalten zu tun und erfolgreiche Menschen sind beharrlich. Sie haben gelernt, mit den Hochs und Tiefs des Lebens umzugehen. Und sich mit Realitäten zu arrangieren.

Haben Sie ein dickes Fell?

Die folgenden Fragen können Ihnen dabei helfen herauszufinden, wie gut Sie mit den Katastrophen des Alltags umgehen können.

  • Bleiben Sie bei Chaos ruhig?
  • Sind Sie neugierig?
  • Haben Sie Freunde, mit denen Sie über alles reden?
  • Haben Sie eine gute Menschenkenntnis?
  • Können Sie gut zuhören?
  • Können Sie über sich selbst lachen?
  • Konnten Sie schon einmal Unglück in Glück umwandeln?

6-7 mal JA: Sie haben ein dickes Fell und meistern schwierige Situationen.

4-5 mal JA: Sie haben ansatzweise ein dickes Fell und sollten mehr an sich glauben.

0-3 mal JA: Sie leben schwer – lassen Sie sich besser helfen.

Webtipp

Texte und Tests zu diesem Thema: