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Veneninsuffizienz und Kompressionstherapie

Gut für die Beine

Wenn der Blutstrom zurück zum Herzen eingeschränkt ist, kann es zu schweren Funktionsstörungen kommen, vor allem in den Beinen. Bei der Kompressionstherapie der Veneninsuffizienz, die häufig in der Hausarztpraxis durchgeführt wird, sind auch die MFA gefragt.
© detailblick - fotolia.com
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Venen transportieren das Blut aus Armen, Beinen und Organen zurück zum Herzen. Dabei helfen die Pumpfunktion der umgebenden Muskeln und die Venenklappen, die das Blut nur in Richtung Herz durchlassen. Schließen diese Klappen nicht mehr komplett, spricht man von chronischer Veneninsuffizienz (CVI). Blutstauungen und -gerinnsel, Krampfadern (Varizen, die Krankheit heißt dann Varikose) und weitere Venenbeschwerden können die Folge sein. Nach Angaben der Deutschen Liga zur Bekämpfung von Gefäßerkrankungen leiden mehr als 32 Millionen Deutsche an leichten Venenbeschwerden und 10 Millionen sind von einer fortgeschrittenen Venenerkrankung betroffen – Frauen häufiger als Männer.

Neben einer angeborenen Bindegewebsschwäche können langes Stehen oder Sitzen ohne Bewegung und Übergewicht die Ursache sein. Auch während einer Schwangerschaft ist das Risiko für eine Veneninsuffizienz deutlich erhöht.

Am auffälligsten wird das Problem in den Beinen, denn hier ist der Druck in den Venen aufgrund der Schwerkraft am größten. Das Venensystem der unteren Extremitäten wird in drei Systeme unterteilt:

  • das oberflächliche (epifasziale) System
  • das tiefe System
  • das perforierende System, das die beiden verbindet

Klinische Symptome

Den Venenklappen im Bereich der Verbindungen vom oberflächlichen zum tiefen Venensystem kommt eine besondere Bedeutung für die Flussrichtung zu. Wenn sie nicht mehr in der Lage sind, richtig zu schließen, wird das Blut nicht mehr vollständig im tiefen Venensystem gehalten und fließt zurück an die Oberfläche. Zu den häufigsten beklagten Beschwerden zählen dann:

  • Schmerzen, Jucken oder Kribbeln in den Beinen
  • Spannungs- und Schweregefühl (müde Beine)
  • Brennen in Beinen und Füßen
  • nächtliche Muskelkrämpfe
  • unruhige Beine
  • Hitze- und Kältegefühl

Patienten mit solchen Beschwerden werden häufig in gefäßchirurgische oder phlebologische Praxen überwiesen, wo Geräte für eine eingehende Diagnostik vorhanden sind. Dazu zählen vor allem die farbkodierte Duplex-Sonografie (Farb-Doppler), aber auch die Lichtreflexionsrheografie und die Venenverschluss-Plethysmografie.

Je nach gestellter Diagnose wird die betroffene Vene operativ entfernt oder verödet (sklerosiert). Bei der Verödung werden die Venenwände durch Laser, Radiowellen oder Medikamente gereizt. Durch einen anschließenden Kompressionsverband vernarben sie in der zusammengedrückten Stellung und werden so verschlossen. Welches Verfahren zum Einsatz kommt, ist abhängig vom individuellen Befund, vom Alter des Patienten sowie von möglichen Begleiterkrankungen.

Komplexe physikalische Entstauungstherapie

Am häufigsten startet man aber mit einer konservativen Therapieform, der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE). Darunter versteht man entlastende Therapien des gestörten Venensystems wie manuelle Lymphdrainage sowie das Tragen eines Kompressionsverbandes oder eines Kompressionsstrumpfes. Deren Wirkung beruht darauf, dass der Querschnitt der Venen sowohl in Ruhe als auch bei der Muskelkontraktion effektiv vermindert und der venöse Rückstrom dadurch verbessert wird. Durch eine Kompressionsbehandlung kann die Funktionsfähigkeit von relativ insuffizienten Venenklappen bei geweiteten Venen wiederhergestellt werden.

Hautpflege ist wichtig

Die mechanische Belastung der Haut durch das eng anliegende Gewebe führt oft zur Austrocknung der Haut. Regelmäßige Pflege mit rückfettenden Cremes ist daher wichtig. Am besten machen die Patienten das abends nach dem Ablegen der Strümpfe, das schont auch das Material.

Sanftes Abreiben der Hautschuppen bei der Hautreinigung kann ebenfalls helfen, Schäden am Strumpfgewebe auf ein Minimum zu reduzieren. Denn Hautschuppen wirken auf das Garn des Strumpfes wie kleine Messer. Bei Materialunverträglichkeit kann das Unterziehen eines Schlauchverbands helfen.

Binde oder Strumpf richtig wählen

Grafik: Katharina Merz
Grafik: Katharina Merz
Ein Kompressionsverband kann nach verschiedenen Techniken angelegt werden. Bei der Methode nach Pütter wird zunächst eine Binde in der Knöchelgegend beginnend entsprechend der Abbildung von innen nach außen bis unterhalb des Knies gewickelt und auf sich selbst mittels Klebestreifen fixiert. Im Anschluss daran wird nun eine zweite Binde ebenfalls in der Knöchelgegend beginnend jedoch gegenläufig, also von außen nach innen bis unterhalb des Knies gewickelt und fixiert. Wichtig zu beachten ist, dass die zweite Binde das Zehengrundgelenk mit einschließt. Quelle: www.venenratgeber.de

Es existiert eine Vielzahl von Kompressionsmaterialien mit verschiedenen Eigenschaften, die zu Kompressionsbinden für Kompressionsverbände oder zu Kompressionsstrümpfen verarbeitet werden. Ihre Rückstellkraft wirkt dann als Kompressionsdauerdruck, wobei man Ruhedruck und Arbeitsdruck unterscheidet.

  • Kurzzugbinden sind Binden mit einem hohen Arbeitsdruck und einem niedrigen Ruhedruck. Wegen des geringen Ruhedrucks können sie über Nacht belassen werden.
  • Langzugbinden üben durch ihre gute Vorspannung einen hohen Ruhedruck aus. Sie sollten über Nacht entfernt werden.

Das Anlegen von Kompressionsverbänden gehört in Hausarztpraxen häufig zum klassischen Tätigkeitsbereich der MFA. Auch wenn die Binde im Vergleich zum Kompressionsstrumpf an Bedeutung verloren hat, kommt sie öfter noch dann zum Einsatz, wenn es um anatomische Besonderheiten geht oder wenn unter dem Kompressionsverband noch eine Wunde versorgt werden muss.

Beim Anlegen des Verbandes sollten Sie eventuelle Kontraindikationen und die korrekte Ausführung der Wicklung beachten – vor allem, um Nekrosen oder Nervendruckschäden zu vermeiden. Das Anlegen des Verbandes soll im Liegen, bei entstauten Venen und abgeschwollenen Beinen durchgeführt werden. Dabei geht man zum Beispiel so vor, wie es in der Abbildung unten gezeigt wird.

Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) arbeiten ähnlich wie Binden. Der Druckverlauf eines solchen Strumpfes muss am Bein von unten nach oben abnehmen. Die Wahl der Strumpflänge orientiert sich am Befund der CVI und steht für die medizinisch erforderliche Ausdehnung der Kompression. Dennoch ist ein Kniestrumpf (A-D), der getragen wird, besser als ein nicht getragener Oberschenkelstrumpf (A-F, A-G). Das exakte Modell kann sich dabei durchaus nach Vorlieben und Verträglichkeit richten.

Als MFA können Sie viel für die Compliance tun. Wenn Sie einem Patienten erstmals ein Rezept für einen Kompressionsstrumpf geben, sollten Sie ihn auch gleich darauf hinweisen, dass das Tragen mitunter etwas gewöhnungsbedürftig sein kann, für die Therapie aber ausgesprochen wichtig ist.

Ermutigen Sie die Patienten ruhig, die Kompressionstherapie durch bewusstes Verhalten zu unterstützen. Unter anderem sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Auf ausreichende Bewegung achten.
    Merksatz die sogenannte 3L-3S-Regel:
    Lieber liegen und laufen statt sitzen und stehen.
  • Beine öfter hoch lagern.
  • Flache Schuhe tragen.
  • Auf Alkohol und Nikotin verzichten.
  • Zu große Wärme (Sauna) meiden.

Anziehen und reinigen

Vielen Strümpfen liegen Gleithilfen in Form kleiner Fußspitzensöckchen bei, mit deren Hilfe der Strumpf besser rutscht. Bei schwerwiegenden körperlichen Einschränkungen kann vom Arzt darüber hinaus eine Anziehhilfe verordnet werden.

Die elastischen Anteile der Strümpfe vertragen Fett nicht gut, daher sollten die Strümpfe oder Strumpfhosen regelmäßig gewaschen werden, um das Hautfett aus dem Strumpfgewebe zu entfernen. Das erfordert Handwäsche. Trocknen im Trockner und Auswringen schadet den Strümpfen.

Webtipps

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