Fehler im Praxisalltag
Vorsicht beim Folgerezept
Dieses Ereignis wird aus einer Hausarztpraxis berichtet:
Was ist passiert?
Ein Patient erhielt im August 2006 eine Verordnung für Unterschenkel-Kompressionsstrümpfe der Kompressionsklasse 2 (CCL2). Beim Editieren des Rezepttextes für eine Folgeverordnung wurde fälschlicherweise in CCL1 geändert. Durch das ständige Wiederverordnen in den Folgejahren wurde der Fehler bis Ende 2012 fortgeschrieben.
Was war das Ergebnis?
Der Fehler fiel der Krankenkasse auf, da ein Pflegedienst nur für das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen CCL2 bestellt werden kann. Das wurde mit der Erstverordnung beauftragt und ebenfalls jedes Quartal fortgeschrieben. Eine mögliche Rückforderung der Krankenkasse über zuviel gezahlte Leistungen an den Pflegedienst steht im Raum.
Welche Gründe können zu dem Ereignis geführt haben?
Medikamentendaten können aus einer Datenbank entnommen werden, Hilfsmitteldaten zu Kompressionsstrümpfen nicht. Das Editieren des Rezepttextes (etwa flachgestrickt, nach Maß, mit Hausbesuch,...) führt nicht nur regelmäßig zu Schreibfehlern, sondern hier auch zur falschen Kompressionsklasse. Da der Arzt bei der Unterschrift nicht sämtliche Patientendaten auswendig kennt, wurde das Rezept in der Folge nicht mehr hinterfragt, da ja schon früher das gleiche Rezept ausgegeben worden war.
Wie hätte man das Ereignis verhindern können?
Direkt nach Änderungen im Rezepttext sollte grundsätzlich immer ein Abgleich mit dem vorherigen Rezept erfolgen. Das ist zwar ein wenig mehr Aufwand, im Hinblick auf die möglichen Folgen ist dieser zusätzliche Aufwand aber durchaus vertretbar.
Welche Faktoren trugen Ihrer Meinung nach zu dem Fehler bei?
Hier ist in erster Linie die fehlende Datenbank für Hilfsmittel zu nennen sowie der fehlende Vergleich mit vorangegangenen Rezepten.
Wie häufig tritt dieser Fehler auf?
Dieser Fehler trat erstmalig auf.
Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:
Immer wieder erreichen uns Fehlerberichte mit Problemen bei der Ausstellung von Wiederholungsrezepten, die ohne weitere Kontrolle unterschrieben werden. So auch im vorliegenden Fall. Insgesamt ist die Fortschreibung von Rezepten generell ein fehleranfälliger Prozess in einer Hausarztpraxis. Eine Verordnung der Kompressionsklasse 1 sollte zudem immer kritisch hinterfragt werden, da sie selten vorkommt.
Im vorliegenden Fall hatte das nicht nur für den Patienten eine suboptimale Versorgung zur Folge, möglicherweise wird die Krankenkasse vom Pflegedienst auch noch Geld für gezahlte Leistungen zurück fordern.
Tatjana Blazejewski
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