Fehler im Praxisalltag
Peinliche Situation vermeiden
Dieses Ereignis wird aus einer Hausarztpraxis berichtet:
Was ist passiert?
Eine Patientin mit Migrationshintergrund sollte zur Abklärung eines Verdachts auf dem Fahrradergometer untersucht werden. Bei den Vorbereitungen (EKG anlegen, Fahrradhöhe einstellen ...) wurde ihr das Verfahren erklärt. Im Gespräch mit der MFA erzählte die Patientin, dass sie kein Fahrrad hat. Die MFA hat das so verstanden, dass sie hier in Deutschland kein Fahrrad hat.
Schließlich kam der Arzt dazu und die Untersuchung sollte beginnen. Die Patientin konnte aber nichts mit den Pedalen anfangen und machte nur ein paar hilflose Wippbewegungen. Die MFA versuchte ihr ruhig und verständnisvoll zu erklären, wie man treten muss, aber die Frau wurde zusehends nervöser, hektischer. Die Situation war ihr sichtlich peinlich. Die Untersuchung musste schließlich abgebrochen werden.
Was war das Ergebnis?
Die Patientin war völlig am Boden zerstört, dass sie es nicht geschafft hat. Zusätzlich war sie sehr beschämt, mit nacktem Oberkörper vor einer männlichen Person zu sitzen.
Welche Gründe können zu dem Ereignis geführt haben?
Die MFA hat es versäumt bei der Patientin nachzufragen, ob sie überhaupt schon einmal auf einem Fahrrad gesessen hat – vor allem als sie erzählte, dass sie kein Fahrrad hat.
Wie hätte man das Ereignis verhindern können?
Durch gezieltes Nachfragen des Praxisteams.
Welche Faktoren trugen Ihrer Meinung nach zu dem Fehler bei?
Es handelt sich hier um ein Kommunikationsproblem.
Wie häufig tritt dieser Fehler auf?
Dieser Fehler trat erstmalig auf.
Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:
Hier wird ein Kommunikationsfehler offenbar durch sprachliche Probleme mit einer Patientin nicht-deutscher Herkunft verstärkt. Zudem ist sie durch die Situation (nackter Oberkörper vor einer männlichen Person) sehr beschämt, was sicher auch bei vielen anderen Frauen der Fall wäre.
Kommentare anderer Nutzer:
Nutzer 1: Idealerweise sollte Patientinnen eine Jacke, ein Pullover oder ein Tuch über die Schultern gelegt werden, damit wenigstens etwas Privatsphäre entsteht. Auch die Anordnung des Fahrrads zum beurteilenden EKG seitlich statt frontal zur Patientin ist hilfreich.
Nutzer 2: Ich sehe keine Möglichkeit jede nur denkbare peinliche Situation schon im Vorfeld zu erahnen und vermeiden zu können. Für wichtig halte ich es deshalb, eine erkannte Notsituation sofort zu entschärfen und der Patientin das Gefühl zu geben, dass das eben Erlebte nicht schlimm ist.
Tatjana Blazejewski