Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Editorial

Weg mit der rosa Brille

Patienten vertrauen auf die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems. Und das aus gutem Grund, denn es zählt nach wie vor zu den besten der Welt. Trotzdem kann es auch bei uns im Einzelfall zu Behandlungsfehlern und abgelehnten Anträgen für Rehabilitation und Hilfsmittel kommen, bei denen sich Patienten ohnmächtig gegenüber dem Medizin-Apparat fühlen.
© studio22comua – istockphoto
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Das neue Patientenrechtegesetz, das wir Ihnen auf den Seiten 12 und 13 vorstellen, soll hier spürbare Verbesserungen für die Patienten bringen.

Viele Akteure im Gesundheitswesen, und dazu gehören auch die großen Krankenkassen wie BARMER-GEK und AOK, hätten sich allerdings noch etwas mehr Mut gewünscht, die Rechte für die Patienten nicht nur zu bündeln, sondern wirklich zu stärken. Nun wünschen wir uns, dass das neue Gesetz auch wirklich gelebt wird. Zum Beispiel sollen Patienten zum Schutz vor überflüssigen Behandlungen umfassend aufgeklärt und auf Alternativen aufmerksam gemacht werden, um entscheiden zu können. Dazu ist es wichtig, patientenverständlich zu informieren – fachchinesisch war gestern.

Hier kommen evidenzbasierte Patienteninformationen ins Spiel – auch wenn der Begriff vielleicht abschreckt. Sie vermitteln den Stand des Wissens mit pro und kontra in verständlicher Sprache und fördern die Einbeziehung der Patienten. Vielen Patienten fällt es nämlich schwer bei den vielfältigen Angeboten von Gesundheitsinformationen in Form von Broschüren oder Webseiten die Spreu vom Weizen zu trennen. Mit dem Einsatz von evidenzbasierten Patienteninformationen und der umfassenden Beratung der Patienten übernehmen Hausärzte und ihre Praxisteams Mitverantwortung für die Verwirklichung der Patientenrechte. Und auch wir Krankenkassen tragen Verantwortung und stellen daher Entscheidungshilfen für viele medizinische Problemfälle bereit.

Wenn wir die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung steigern wollen, geht das nur auf dem Weg der objektiven Patienteninformation. Wenn wir alle bereit sind, die rosa Brille abzusetzen und auch im eigenen Umfeld genau hinzuschauen, wo weitere Verbesserungen möglich sind, ist der Weg zu mehr Patientensouveränität doch vielleicht gar nicht mehr so weit.

Portrait

Ihr
Dr. Christian Graf, BARMER GEK