Fehler im Praxisalltag
Aktion Schnittstelle
Die Überwindung von Schnittstellen ist eine der großen Herausforderungen in unserem gegliederten Gesundheitssystem zum Dauerthema geworden. Leider sind Schnittstellen häufig auch Lücken im Hinblick auf die Patientensicherheit. Vor allem die Schnittstelle zwischen Arztpraxis und Krankenhaus ist alles andere als spannungsfrei. Denn hier prallen unterschiedliche Arbeitsstile, Wahrnehmungen, Routinen und Umgangsformen mit den Patienten aufeinander. Selten können die Beteiligten vollständig verstehen, wie der jeweils andere (re-)agiert, und wenn etwas schiefgeht, entlädt sich der Frust manchmal in gegenseitigen Schuldzuweisungen. Eine hohe Versorgungsqualität lässt sich aber nur realisieren, wenn Informationsaustausch und Kooperation zwischen den Beteiligten stimmen.
www.jeder-fehler-zaehlt.de ist zwar ein hausärztliches Fehlerberichtssystem, allerdings beteiligen sich auch andere Berufsgruppen wie Apotheker oder Rettungsdienste. In einer speziellen Berichtsaktion möchten wir in diesem Frühjahr im Sinn einer positiven Fehlerkultur über die Schnittstelle hinweg schauen und herausfinden, wo genau die kritischen Ereignisse bei Einweisung und Entlassung liegen. Ein typisches Fehler-Beispiel finden Sie im Kasten.
Als MFA in einer hausärztlichen Praxis gehören Einweisungen und Entlassungen zu Ihrer täglichen Routine und deshalb möchten wir Sie um Ihre aktive Teilnahme bitten. Und auch Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte aus dem stationären Bereich werden eingeladen, sich durch Berichte und Diskussion zu beteiligen. Ein Fehler ist das, was Sie als kritisches Ereignis empfinden, also jeder Vorfall, von dem Sie behaupten können: Dies war eine Bedrohung für das Wohlergehen des Patienten und ich möchte nicht, dass es noch einmal passiert. Dazu muss kein Patientenschaden entstanden sein.
Die Aktion findet in der Zeit von Anfang April bis Ende Mai 2014 statt. Auf der Basis Ihrer Berichte, Ihrer Analysen und Kommentare werden wir nach Abschluss der Aktion Tipps für die Vermeidung von Ereignissen zusammenfassen und diese ebenfalls auf www.jeder-fehler-zaehlt.de veröffentlichen. Wir danken Ihnen schon im Voraus für Ihre Mitarbeit.
Tatjana Blazejewski
Fallbeispiel Entlassungsbrief
Nach einer größeren Knieoperation stand im Entlassungsbrief einer Patientin, dass die Antikoagulation noch 14 Tage fortgeführt werden soll. Die Patientin wurde von der Klinik allerdings nicht über eine Fortführung der Thromboseprophylaxe aufgeklärt und bekam auch keine Spritzen zur Überbrückung bis zur hausärztlichen Vorstellung mit. Alle anderen verordneten Medikamente waren der Patientin dagegen in ausreichender Menge mitgegeben worden, einschließlich der Dauer der geplanten Rehabilitationsmaßnahme.
Auf die Frage des Hausarztes, ob sie noch etwas verschrieben brauche, antwortete die Patientin mit nein. Und der Arzt setzte daraufhin keine Thromboseprophylaxe an, obwohl es im Entlassungsbrief vermerkt war. Ein Versäumnis, das schlimme Folgen haben kann. Die Diskrepanz zwischen Entlassungsbrief und Entlassungsmanagement der Klinik war nicht aufgefallen.
Diesen Fehler hätte man vermeiden können, indem man die Patientin in der Klinik darauf hingewiesen hätte, dass ein Medikament noch vom Hausarzt verschrieben werden muss. Auf Seiten der weiterbehandelnden Praxis hätte der Arzt den Entlassungsbrief aufmerksamer lesen müssen.
Fehler als Chance – neue AOK-Broschüre
Fehler als Chance – Profis aus Pflege und Praxis berichten heißt eine neue Broschüre der AOK. Darin bekennen sich insgesamt 14 gestandene Pflegekräfte, Medizinische Fachangestellte und Physiotherapeuten zu Vorfällen, die durchaus auch tödlich enden können. Allen ist eins gemeinsam: Sie sprechen offen über ihre Fehler, übernehmen Verantwortung und flüchten sich nicht in Ausreden. Eine Hamburger Kinderklinik gibt zudem Einblicke in ihr Fehlermanagement, und Experten erklären, wie gute Patientenkommunikation funktioniert.
Die Broschüre erscheint in Kooperation mit dem Aktionsbündnis
Patientensicherheit, dem Bundesverband Pflegemanagement, dem
Verband Medizinischer Fachberufe und dem Deutschen Pflegerat.
Bestellung und kostenloser Download unter:
www.aok-gesundheitspartner.de