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Essen ohne Fleisch

Neulich am Veggietag …

Der Veggietag ohne Fleisch wird seit geraumer Zeit leidenschaftlich diskutiert. Aber ist Essen ohne Fleisch wirklich gesünder? Und bringt es was für die Umwelt? Wir sehen uns Fakten und Mythen an.
© Liddy Hansdottir – fotolia.com
© Liddy Hansdottir – fotolia.com

Nahrungssuche und Essen sind untrennbar mit dem Leben verbunden – ohne Nahrung kein Leben. Das gilt für Tiere wie Menschen gleichermaßen. Doch das ist auch schon so ziemlich alles, worüber bei der Ernährung Konsens herrscht. Denn über die Frage, wie viel und was man am besten isst, streiten sich nicht nur militante Veganer und ignorante Dauergriller. Auch die Wissenschaft tat sich schwer, denn erst seit relativ kurzer Zeit stehen aussagekräftige Untersuchungen über die Zusammenhänge von Ernährung und Krankheitshäufigkeit zur Verfügung. In Deutschland leben derzeit nach Schätzungen zwischen 1,6 und 9 Prozent Vegetarier, und das in unterschiedlicher Ausprägung (siehe Tabelle Seite 9).

Erste Vegetarier gab es schon bei den Griechen und Römern, doch erst im 19. Jahrhundert wurde eine merkliche gesellschaftliche Bewegung daraus. Nach dem ersten BSE-Fall in Deutschland im Jahr 2000 ernährten sich laut Schätzungen bis zu 15 Prozent der Deutschen vegetarisch. Weltweit ernähren sich etwa eine Milliarde Menschen vegetarisch, der überwiegende Teil allerdings aus wirtschaftlichen Gründen, vor allem in den Entwicklungsländern.

Viele verschiedene Gründe

Noch vor 80 Jahren waren auch in Deutschland Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Obst und gelegentlich Milchprodukte die Grundlage der Ernährung. Erst mit steigendem Lebensstandard wurden sie zunehmend durch Fleisch, Fisch und Eier und sterilisierte Milchprodukte ersetzt. Wenn Menschen heute bei uns auf Fleisch oder Fisch verzichten, sind es neben gesundheitlichen Gründen oft ethische Aspekte, die den Ausschlag geben. Massentierhaltung und teils unwürdige Transportbedingungen sind Begleiterscheinungen unserer Fleischwirtschaft. Viele, vor allem junge, Menschen ändern deshalb ihre Essgewohnheiten.

Auch der ökologische Aspekt hat seine Bedeutung. So werden in den Entwicklungsländern wertvolle Regenwald-Flächen gerodet, um als Weidefläche für Tiere oder Anbaufläche für Futter zu dienen. Auch in Deutschland werden große

Anbauflächen zur Herstellung von Tierfutter benötigt. Und weltweit ist die Fleischproduktion flächenintensiver und produziert mehr CO2-Gas als Gemüseanbau. So kann man nach Zahlen des WWF auf der gleichen Fläche, die man rechnerisch für ein Kilogramm Rindfleisch braucht, etwa 150 Kilo Kartoffeln anbauen. Und während bei der Produktion je Kilogramm Rindfleisch rund 13,3 Kilogramm CO2 in die Luft geblasen werden (das meiste von den Kühen selbst), sind es für ein Kilogramm Kartoffeln nur 200 Gramm CO2. Aber auch bei der Produktion mancher Pflanzen wird viel CO2 freigesetzt (z. B. Reis ca. 4,1 kg CO2 pro Kilogramm)

Darüber hinaus gibt es natürlich auch gesundheitliche Gründe, warum sich Menschen für ein Leben ohne Fleisch entscheiden. Studien legen nahe, dass Vegetarier weniger häufig an einigen Krebsarten erkranken sowie seltener unter Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkankungen und Diabetes leiden. Unklar bleibt allerdings, ob es auch da-ran liegen könnte, dass Vegetarier generell weniger rauchen, weniger Alkohol trinken und mehr Sport treiben, also insgesamt bewusster und gesünder leben.

Formen vegetarischer Ernährung
BezeichnungVerzicht auf:
Ovo-Vegetarier Fleisch, Fisch und Milch
Lakto-Vegetarier Fleisch, Fisch und Eier
Ovo-Lakto-Vegetarier Fleisch und Fisch
Veganer Alle vom Tier stammenden Lebensmittel (Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig)

Wichtige Bestandteile

Essen ohne Fleisch muss nicht automatisch gesund sein, denn auch als Vegetarier kann man seine Nahrung falsch zusammenstellen. Daher stammt der Begriff Pudding-Vegetarier: diese Gruppe ernährt sich durch eine ungünstige Auswahl und Zubereitung von stark verarbeiteten Produkten mit hoher Energiedichte, aber wenig Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralstoffen. Bei einer solchen Ernährung können tatsächlich Mangelerscheinungen auftreten.

Als wichtige Grundbestandteile vegetarischer Ernährung werden empfohlen:

  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr von mindestens 1,5–2 Liter Wasser
  • Früchte und Gemüse, die den Bedarf an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen decken
  • Getreideprodukte und Kartoffeln. Sie enthalten viele Kohlenhydrate und sind die Haupt-Energielieferanten
  • Milch und Milchprodukte, die Kalzium und Eiweiß enthalten – allerdings auch viel Fett. Deshalb sollten hier fettarme Produkte bevorzugt werden
  • Eier, die hochwertiges Eiweiß, Vitamin B 12 und D enthalten. Hülsenfrüchte liefern Eiweiß und Ballaststoffe
  • Pflanzenöle und pflanzliche Fette

Fleisch ist nach heutigem Stand der Wissenschaft für eine ausgewogene Ernährung tatsächlich kein notwendiger Bestandteil. Im Gegenteil, Ovo-Lakto-Vegetarier erreichen die allgemeinen Ernährungsempfehlungen der DGE besser als Menschen mit der deutschen Durchschnittskost. Vegetarier sollten allerdings darauf achten, dass sie ausreichend Vitamin B2, B12, Vitamin D, Eisen, Kalzium, Jod, Zink und Eiweiß zu sich nehmen.

Vegetarisches oder veganes Kochen ist dank moderner und einfacher Kochbücher keine Kunst und in vielen Großstädten auch ein Gastronomie-Trend.

Vegetarisch, vegan oder nicht muss aber kein Weltanschauungskonflikt sein. Es gibt zunehmend mehr Flexitarier – also Menschen, die bewusst sehr wenig, dafür hochwertiges und in artgerechter Haltung erzeugtes Fleisch essen. Das könnte dem traditionellen Fleischgericht nur am Sonntag – dem guten alten Sonntagsbraten – wieder zu einem Aufschwung verhelfen. Über vegetarische Ernährungsformen nachzudenken, kann vielen Menschen helfen, achtsamer mit der eigenen Ernährung umzugehen und zu einem gesundheitsbewussteren Verhalten zu gelangen. Daher lohnt die Beschäftigung mit dem Thema allemal.

Essen ohne Fleisch bei Diabetes und KHK

Manche Krankheiten wie Diabetes vom Typ 2 entstehen oft durch falsche Ernährung und mangelnde Bewegung. Deshalb gehört zu einer guten Therapie auch die richtige Ernährung. Wichtigstes Ziel ist es hier, das Körpergewicht nicht weiter ansteigen zu lassen, oder noch besser zu reduzieren. 90 % aller Typ-2-Diabetiker sind übergewichtig und jedes Kilo weniger auf der Waage entlastet die Bauchspeicheldrüse und führt dazu, dass das restliche Insulin besser wirken kann. Essen ohne Fleisch kann diesen Patienten helfen, deutlich weniger Fett zu sich zu nehmen (z. B. mit der Wurst) und damit auf die Gewichtsbremse zu treten.

Bei KHK-Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist auch Salz ein Thema. Salz kann bei manchen Menschen den Blutdruck in die Höhe treiben und ist somit ein Risikofaktor für einen Herzinfarkt. Sehr viel Salz steckt u. a. in Fertiggerichten, Gepökeltem, Dauerwurst, geräuchertem Fleisch und Wurstwaren. Auch hier kann Essen ohne Fleisch also einen Beitrag zur gesünderen Ernährung leisten.

Im DMP lernen Diabetes- und KHK-Patienten viel über ihre Krankheit und die Hintergründe der Behandlung. Mit der richtigen Ernährung können diese Patienten sich selbst wirkungsvoll helfen. Und Sie als Praxisteam können die Patienten dabei mit Tipps zur Ernährung unterstützen.

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