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Krebsfrüherkennungsuntersuchungen

Rechenspiele

Soll ich oder soll ich nicht? Krebsfrüherkennungsuntersuchungen (KFU) werden auch in Fachkreisen mitunter kontrovers diskutiert. Wir stellen die wichtigsten KFU vor und geben Tipps für Entscheidungshilfen.
© Andrey Kuzmin – fotolia.com
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Das frühzeitige Erkennen einer Krebserkrankung verbessert bei vielen Tumorarten die Erfolgsaussichten. Man geht dabei davon aus, dass sich kleine und örtlich begrenzte Tumoren besser behandeln lassen als große oder metastasierende Tumoren.

Im Gegensatz zu anderen diagnostischen Maßnahmen richtet sich Krebsfrüherkennung an eine bislang gesunde Zielgruppe. Nur wenige Menschen aus dieser Gruppe werden eine klinisch manifeste Krebserkrankung entwickeln und noch weniger daran sterben. Deshalb können auch nur wenige Menschen von der Maßnahme profitieren. Demgegenüber sind alle Untersuchten möglichen Risiken der Untersuchung ausgesetzt.

Zudem hängt die Qualität einer Früherkennungsuntersuchung nicht nur davon ab, dass sie zuverlässig ein frühes Krebsstadium oder Krebsvorstufen nachweist, diese frühe Diagnose muss Betroffenen auch einen messbaren Vorteil bringen: Sie müssen dank früher Behandlung länger und besser leben können als bei einer Diagnose in einem späteren Stadium. Deshalb sind an gute KFU hohe Anforderungen zu stellen, deren Erfüllung vor Aufnahme in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen vom GBA geprüft wird. Die gesetzlichen Krankenversicherungen tragen die Kosten für folgende KFU (siehe auch Kasten).

Früherkennung in der GKV

Für Frauen

Gebärmutterhalskrebs – ab 20 einmal jährlich Untersuchung des äußeren und inneren Genitales und Abstrichuntersuchung von Gebärmuttermund und Gebärmutterhals

Brustkrebs – ab 30 einmal jährlich Abtastung der Brüste und der Achselhöhlen, Anleitung zur Brustselbstuntersuchung; ab 50 bis zum Ende des 70. Lebensjahres alle zwei Jahre Einladung zur Mammografie

Für Männer

Prostatakrebs – ab 45 einmal jährlich Abtastung der Prostata vom Enddarm aus, Untersuchung des äußeren Genitales und Abtastung der Lymphknoten in der Leiste

Für Frauen und Männer

Hautkrebs – ab 35 alle zwei Jahre gezielte Befragung nach Hautveränderungen und Inspektion des gesamten Körpers einschließlich des behaarten Kopfes

Dickdarmkrebs – ab 50 bis zum vollendeten 55. Lebensjahr einmal jährlich Test auf verborgenes (okkultes) Blut im Stuhl. Ab 55 zwei Dickdarmspiegelungen im Abstand von mindestens zehn Jahren (wobei jede Koloskopie ab 65 als zweite Koloskopie zählt) oder anstelle der Koloskopie ab 55 Test auf okkultes Blut alle zwei Jahre

Gebärmutterhalskrebs

Kern der Früherkennungsuntersuchung zum Gebärmutterhalskrebs ist der sogenannte Pap-Test. Der Name geht auf den Frauenarzt Papanicolaou zurück, der den Test erfunden hat. Als der Test in Deutschland eingeführt wurde, starben noch etwa doppelt so viele Frauen an dieser Tumorart wie heute. Beim Pap-Test werden vom Muttermund und dem Gebärmutterhals Zellen abgestrichen und anschließend in einem Labor unter dem Mikroskop untersucht. Es dauert also einige Tage, bis der Befund vorliegt.

Brustkrebs

© Juan Gärtner – fotolia.com
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Frauen zwischen 50 und 69 Jahren werden zum Mammografiescreening eingeladen.

Für Frauen ab 30 Jahren gibt es die Möglichkeit einer Brustkrebsfrüherkennungsuntersuchung beim Gynäkologen. Sie wird häufig parallel mit der KFU auf Gebärmutterhalskrebs durchgeführt. Dabei tastet der Gynäkologe oder die Gynäkologin beide Brüste und die Achselhöhlen nach verdächtigen Knoten ab. Für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren gibt es darüber hinaus das Angebot eines Mammografiescreenings, einer Röntgenuntersuchung der Brust. Sie ermöglicht die Entdeckung von sehr frühen, noch nicht tastbaren Formen von Brustkrebs.

Zum Mammografiescreening gibt es eine ganze Reihe von Studien mit unterschiedlicher Qualität und teilweise widersprüchlichen Ergebnissen. Das Nordische Cochrane-Zentrum stellte 2013 in einer Metaanalyse fest, dass Tod durch Brustkrebs bei einer Frau vermieden werden kann, wenn 2.000 Frauen im Verlauf von zehn Jahren regelmäßig zum Screening eingeladen werden. Gleichzeitig werden zehn Frauen unnötig wegen Brustkrebs behandelt und bei über 200 Frauen wird ein falscher Alarm ausgelöst.

Allerdings wurden in dieser Metaanalyse schon Frauen ab 39 Jahren untersucht. Bessere Ergebnisse hinsichtlich der Zahl der durch das Screening vermiedenen Brustkrebs-Todesfälle zeigten andere Metaanalysen, die Frauen ab 50 Jahren untersuchten. Damit alle anspruchsberechtigten Frauen eine evidenzbasierte Entscheidung über die Screeningteilnahme treffen können, hat der GBA das IQWiG 2014 beauftragt, die Inhalte des Merkblatts zum Mammografiescreening an den aktuellen medizinischen Kenntnisstand anzupassen.

Prostatakrebs

Die Inspektion und Tastuntersuchung des äußeren Genitals und der regionalen Lymphknoten sowie die Tastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm gehören zum Leistungskatalog der GKV für Männer ab 45 Jahren. Der sogenannte PSA-Test auf ein prostataspezifisches Antigen gehört dagegen nicht zum GKV-Leistungskatalog. Die Studienlage zum Nutzen dieses Tests ist widersprüchlich und ein Einfluss des Tests auf die Gesamtüberlebenszeit ist nicht nachgewiesen. Falsch-positive Testergebnisse ziehen unnötige Abklärungsuntersuchungen nach sich und durch das Screening werden zahlreiche Karzinome entdeckt und behandelt, die keiner Behandlung bedurft hätten.

Hautkrebs

Seit 2008 gehört die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. GKV-Versicherte können diese Untersuchung ab dem Alter von 35 Jahren alle zwei Jahre beim Hausarzt oder bei einem Dermatologen durchführen lassen.

Darmkrebs

Die Koloskopie gilt nicht nur als KFU, sondern auch als Krebsvorsorge, weil hier im Rahmen der Untersuchung Vorstufen von Krebs abgetragen werden können. Da Tumore im Darm oft bluten, wird auch ein Test auf nicht sichtbares (okkultes) Blut im Stuhl zur Darmkrebs-Früherkennung eingesetzt

Fundierte Entscheidung

Da Nutzen von KFU immer auch Risiken gegenüberstehen, kann die Entscheidung darüber nur vor dem Hintergrund persönlicher Wertvorstellungen erfolgen. Um eine solche Entscheidung bewusst und kompetent treffen zu können, sind wissenschaftlich fundierte Informationen unerlässlich, die Fakten vermitteln, ohne zu werten.

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fühlten sich aber nur 46 Prozent der Befragten bei ihrer letzten Krebsfrüherkennung so über Nutzen und Risiken aufgeklärt, dass sie sich eine eigene Vorstellung hätten machen können.

Nur ein Drittel der Befragten wusste, dass Krebsfrüherkennungsuntersuchungen auch Risiken haben können. Damit die Menschen eine fundierte Entscheidung über die KFU-Teilnahme treffen können, benötigen sie nach Ansicht der Studienautoren wissenschaftlich fundierte, leicht verständliche Informationsmaterialien. Deshalb sollen künftig den Einladungen der Versicherten zu den organisierten Früherkennungsprogrammen für Darm- und Gebärmutterhalskrebs entsprechende evidenzbasierte Versicherteninformationen beigelegt werden.

Vor-und Nachteile auf einen Blick

Patienten sollten mit den Vor- und Nachteilen der Untersuchungen vertraut sein und dann persönlich entscheiden. Die wichtigsten Vor- und Nachteile.

Nachteile

  • Ein auffälliger Befund, der sich später als unbegründet herausstellt, beunruhigt. Zudem können die zur Befundabklärung veranlassten Untersuchungen ihrerseits Risiken haben.
  • Wird ein bösartiger Tumor gefunden, der nicht mehr heilbar ist, kann durch die Behandlung die Lebensqualität sinken, ohne dass sich die Lebenszeit verlängert.
  • Es können Tumoren gefunden und behandelt werden, die dem Patienten niemals Probleme bereitet hätten. Außerdem können durch Nebenwirkungen der Tumortherapie andere Organfunktionen gestört werden.

Vorteile

  • Wird ein bösartiger Tumor frühzeitig entdeckt, kann er häufig schonender behandelt werden. Zum Beispiel kann bei Brustkrebs die Brust erhalten oder auf eine Chemotherapie verzichtet werden.
  • Die Heilungschancen sind meist höher, wenn Tumore in einem frühen Stadium gefunden werden.