Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Zusammenarbeit Hausarztpraxis / Pflegedienst

Gemischtes Doppel

Bei der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten muss das Praxisteam oft mit Pflegeheimen und Pflegediensten Hand in Hand zusammen arbeiten. Denn nur so kann die optimale Versorgung der häufig multimorbiden Patienten gewährleistet werden.
© Firma V – fotolia.com
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Das kennt jede MFA einer Hausarztpraxis aus ihrem Alltagsgeschäft: Multimorbide und pflegebedürftige Patienten werden am Freitagnachmittag aus dem Krankenhaus entlassen. Geht es nach Hause, stehen oft überforderte Familienangehörige an der Rezeption mit der Frage …und wie soll es jetzt weitergehen? Geht der Patient dagegen in ein Pflegeheim oder wird von einem ambulanten Pflegedienst versorgt, klingelt eher mal das Telefon, weil die Mitarbeiter dringend noch ein paar Fragen mit dem Hausarzt klären wollen. Denn ost sind die Patientendaten in der Akte unvollständig, die Medikation unklar, und bei telefonischen Rückfragen im Krankenhaus findet sich dann kein kompetenter Ansprechpartner.

Verschärft wird die Situation oft noch durch die Tatsache, dass der Patient nach dem Klinikaufenthalt vorübergehend oder bleibend hilfs- oder pflegebedürftig ist, aber die Weichen für sein künftiges Leben noch nicht gestellt sind. Diese Versorgungsbrüche bei der Entlassung bergen gesundheitliche Risiken und führen zu unnötiger Belastung von Patienten und ihren Angehörigen mit hohen Folgekosten. Sie müssen gemanagt werden.

Das Schnittstellenproblem


Formulare erleichtern die Übergabe in jede Richtung. Wo keine vorgefertigten Standards existieren, sollte man bei Bedarf einfach selbst welche entwerfen.

Das Problem bei der Schnittstelle zwischen Hausarztpraxis und Pflegeheim: In einem einzigen Pflegeheim verkehren nach Angaben des bpa (Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste) bis zu 40 Ärzte – und es besteht freie Arztwahl für die Patienten. Die verschiedenen Ärzte verordnen viele verschiedene Medikamente der gleichen Wirkstoffgruppe und für ein und dieselbe Indikation. Diese müssen von Pflegekräften gerichtet und teilweise verabreicht werden. Und auch die Arztbesuche geschehen häufig unkoordiniert.

Dabei können die Optimierung der Medikamentenversorgung, vorausplanendes Krisenmanagement und eine abgestimmte Betreuung dazu beitragen, nicht geplante Krankenhauseinweisungen für die meist multimorbiden und damit komplikationsgefährdeten Patienten zu vermeiden. Die Übernahme von Patienten aus dem Krankenhaus in eine strukturierte Versorgung durch Hausarztpraxen und Pflegeeinrichtungen wirft viele Fragen auf, bei denen teilweise auch die Angehörigen einbezogen werden sollten.

Dabei geht es nicht mehr allein nur um die Patientenversorgung im Rahmen der täglichen Sprechstunde und bei notwendigen Hausbesuchen. Die neuen Aufgaben des hausärztlichen Praxisteams heißen neudeutsch: Gatekeeping und Casemanagement. Damit ist vor allem eine Art Lotsenfunktion für die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen gemeint. Bei der hausarztzentrierten Versorgung sind der Hausarzt und sein Team von MFAs die erste Anlaufstelle, um für den Patienten sämtliche Behandlungsschritte einzuleiten, zu koordinieren, den Patient und seine Betreuer zu coachen und – in Zusammenarbeit mit professionellen ambulanten Versorgungssystemen wie Pflegediensten – für die notwendige Compliance zu sorgen.

Zur wirksamen Entlastung und Unterstützung des Arztes ist dabei die Kompetenz einer erfahrenen MFA im Rezeptionsbereich oder einer entsprechend geschulten VERAH gefragt: Sie sollte in der Lage sein, als Brückenschwester oder Mittlerin den kranken Menschen, seine Betreuer oder versorgenden Angehörigen klug und wachsam durch das medizinische Versorgungssystem zu lotsen.

Kommunikation ist alles

© Wölker
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Gemeinsame Teambesprechungen fördern zwischenmenschliche Kontakte und dienen zum Abstimmen von erforderlichen Maßnahmen.

Durch einfühlsame Kommunikation und aufmerksames Beobachten wird im Idealfall zunächst der individuelle Bedarf des Patienten an medizinischer, sozialer und pflegerischer Versorgung ermittelt (Assessment). Eine sogenannte persönliche Pflegeberatung mit Unterstützung der ambulanten Pflegedienste hilft, den individuellen Hilfebedarf des Patienten genau zu erfassen und zu dokumentieren.

Das Management der Versorgungsübergänge von Patienten (z. B. stationär /ambulant, Reha / ambulant oder die Einleitung pflegerischer Maßnahmen) und ihre Koordination werden im Qualitätsmanagement auch Schnittstellen-Management genannt. Dabei stehen ganz praktische Dinge im Vordergrund wie die Vollständigkeit der Patientenunterlagen. Denn nur so kann ein gleicher Wissensstand aller Beteiligten über die aktuelle Situation ermöglicht werden.

Von Vorteil ist hier die gute kollegiale Zusammenarbeit mit den örtlichen Pflegediensten, die das Praxisteam unterstützen und begleiten. Klare Absprachen, wie und auf welchen Wegen man – vor allem in dringenden Fällen – unbürokratisch miteinander kommunizieren und sich zeitnah verständigen kann, sichern das Ziel aller Bemühungen: eine optimale Versorgung der pflegebedürftigen Patienten.

Dazu gehören folgende Maßnahmen:

  • Gemeinsame, praxis-übergreifende Teambesprechungen und kurze briefings zur Pflege der zwischenmenschlichen Kontakte und zur Abstimmung weiterführender Maßnahmen (z. B. notwendige Begutachtungen oder Einholung von Genehmigungen der Sozialleistungsträger)
  • Aktuelle Telefonlisten mit den richtigen Ansprechpartnern, Telefon- und Mobil-Rufnummern
  • Standardformulare für die Überleitung stationär/ambulant und für den Überblick aller mitversorgenden Stellen (z. B. Essen auf Rädern, ehrenamtliche oder Berufsbetreuer, Hospizfachkraft, Versorgungsamt, sonstige Behörden)
  • eine aktuelle Sozialkartei (Adressen/Kontakte im Versorgungssystem).

Ziel aller Bemühungen muss es sein, dass jeder Patient mit einem Pflege- und Unterstützungsbedarf von der hausärztlichen Praxis in Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst eine kontinuierliche bedarfsgerechte Versorgung erhält.

Theresia Wölker

© Grafikfotoplus – fotolia.com
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Die meisten Patienten in Pflegeheimen brauchen viele verschiedene Medikamente.

Ein wichtiges QM-Thema

Die Zusammenarbeit und Koordinierung der Patientenversorgung, beispielsweise mit Pflegediensten, ist nach der QM-Richtlinie (Paragraf 3) verbindlich und schriftlich im QM-Handbuch der Praxis zu regeln. Dabei geht es um:

  • Strukturierung von Behandlungsabläufen sowie
  • Kooperation und Management der Nahtstellen der Versorgung

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