Männer als MFA
Gemischtes Team
© Marc-Steffen Unger
Originalbeitrag erschienen im Magazin Gesundheit und Gesellschaft, Ausgabe 5/2015
René Ney liebt Fußball. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Männern kann er das Thema am Arbeitsplatz nicht so gut streuen. Denn in der Diabetologischen Schwerpunktpraxis von Vater Dr. Olaf Ney und dessen Kollegen Kai Isenbart im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge ist der gelernte Medizinische Fachangestellte mehrheitlich unter Frauen. Und die interessieren sich eher für gut aussehende Fußballer, nicht aber für Abseitsfalle oder zu Unrecht gepfiffene Strafstöße.
Seine Ausbildung zum MFA hat der 32-Jährige in den Jahren 2003 bis 2006 absolviert. René, der in der Praxis hellgrünes Poloshirt, Jeans, Birkenstock und einen gepflegten Drei-Tage-Bart trägt, gehört einer Minderheit an. Denn von den rund 398.000 MFA, die in Praxen, Medizinischen Versorgungszentren oder Krankenhäusern arbeiten, sind nur zwei Prozent männlich.
Dass René MFA wurde, ist mehr Zufall denn Kindheitstraum. Er startete zunächst eine Lehre als Mechatroniker und lernte, wie man aus festem Kunststoff bunte Taubenringe oder weiße Gitter für Pissoire in öffentlichen Herrentoiletten fertigt. Eineinhalb Jahre machte er das, dann gab er die Lehre auf. Es machte mir einfach keinen Spaß mehr. Auch atmosphärisch sei diese Zeit anstrengend für ihn gewesen, erzählt er. Kollegen, die schon in der Mittagspause angetrunken Sprüche droschen, ein Chef, der ständig an ihm herumnörgelte. Damit kam ich nicht zurecht. Ich hatte auch kaum Umgang mit anderen Menschen. Ich wollte einfach nur noch weg.
Er verordnete sich zunächst eine sechsmonatige Auszeit, um herausfinden, wie es beruflich weitergeht. Dann kam das Angebot seines Vaters, in dessenPraxis ein Praktikum zu absolvieren, um die Arbeit des Arzthelfers näher kennenzulernen. René nahm das Angebot an. Aus dem mehrwöchigen Praktikum wurde eine dreijährige Ausbildung. Der praktische Teil fand in den Räumen der väterlichen Praxis statt, den theoretischen absolvierte René im Berufsbildungszentrum Neustadt am Rübenberge. Seit knapp zehn Jahren macht René den Job nun. Und es macht ihm noch immer großen Spaß, als MFA in der Praxis des Vaters zu arbeiten. Auch weil es für ihn viele Möglichkeiten gibt, sich weiterzuentwickeln. Vor zwei Jahren erst ließ er sich zum Diabetesberater fortbilden. Das heißt, ich mache jetzt vermehrt Einzel- und Gruppenschulungen mit den Patienten, zeige und erkläre ihnen beispielsweise, worauf sie in punkto Ernährung und Blutzuckerspiegel zu achten haben.
Gemischte Teams klar im Vorteil
Zweiter Mann im Team ist Jan Vormeister (21), der seit gut einem Jahr MFA lernt. Das hat auch damit zu tun, dass wir mit männlichen MFA gute Erfahrungen gemacht haben, betont Praxisinhaber Dr. Olaf Ney. Absolut förderlich fürs Team seien die Jungs, findet er. Im Übrigen gelte: Wir suchen in erster Linie Leute, die ambitioniert sind und etwas auf die Beine stellen wollen. Ob das am Ende Frauen sind oder Männer, sei egal.
Dass mancher Kumpel die Nase wegen seiner Berufswahl rümpfte, habe ihn nicht gestört, sagt Jan. Schnell habe sich die Skepsis der Freunde gelegt. Wohl auch, weil Jan ihnen etwa über die Inhalte seiner Ausbildung erzählt hat. Darüber zum Beispiel, dass er sich mit um die Praxis-EDV kümmern dürfe und so viel mit Computern und Netzwerken zu tun habe.
Im weiblich dominierten Praxisteam sind die beiden Männer gut integriert. Wenn Frauen und Männer zusammenarbeiten, fördert dies das Arbeitsklima und schafft neue Sicht- und Denkweisen im Team, ist Praxischef Ney überzeugt. Hier arbeiten verschiedene Geschlechter und auch verschiedene Generationen zusammen. Die älteste Kollegin ist 62, steht kurz vor der Rente und wird im Team liebevoll Mutti genannt. René Ney: Sie hat uns wie Kinder unter sich. Vor Mama sind eben alle gleich.
Thomas Hommel