Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Behandlung von Patienten aus dem Ausland

Aus aller Welt

Sie kommen aus anderen Ländern und damit auch aus einem anderen Versicherungssystem: Für Patienten aus dem Ausland, die als Touristen hier in Deutschland unterwegs sind, gibt es klare Vorgaben für die medizinische Versorgung – und für die Abrechnung. Wir geben Tipps für den Umgang mit diesen Patienten.
© Syda Productions – fotolia.com
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Wer reist, kann krank werden – auch in der Fremde. Eine Reihe von Abkommen soll sicherstellen, dass gesetzlich Krankenversicherte dann vor Ort angemessen behandelt werden – und dass die bei der Behandlung erbrachten Leistungen auch zwischen den Systemen abgerechnet werden können.

Für Touristen gibt es unterschiedliche Regelungen, die vom Heimatland des Patienten abhängig sind. Am einfachsten ist die Vorlage der Europäischen Krankenversichertenkarte (EHIC) oder einer Ersatzbescheinigung (PEB). Über eine EHIC verfügen in der Regel Touristen aus anderen EU-Ländern oder aus den der EU gleichgestellten Ländern (siehe Kasten). Sie haben Anspruch auf alle Leistungen, die sich während ihres Aufenthalts in Deutschland als medizinisch notwendig erweisen. Das heißt: Eine unmittelbar erforderliche medizinische Versorgung (Akutbehandlung wie eine Blinddarmentzündung oder eine Virusinfektion), aber auch beispielsweise eine fortlaufende Versorgung für chronisch Kranke (z.B. Dialysepatienten).

Who is who? Das Länderquiz in der Praxis

Die Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) umfassen neben Deutschland Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn. Bilaterale Abkommen über Soziale Sicherheit gibt es mit Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien, der Türkei und Tunesien. Diese beiden Gruppen haben unterschiedliche Ansprüche, die im Text ausführlich erklärt sind.

Patienten aus allen anderen Ländern (also vor allem aus Osteuropa, aber auch aus allen afrikanischen, amerikanischen, asiatischen und ozeanischen Ländern) können nur gegen Privatrechnung behandelt werden.

Patienten mit EHIC

© Denis Rudyi – fotolia.com
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Legt der Versicherte seine Europäische Krankenversichertenkarte vor, ist das Vorgehen wie folgt: Das Praxisteam überprüft die Identität des Patienten anhand seines Ausweises (Personalausweis, Reisepass). Diese Überprüfung beschränkt sich auf offensichtliche Unstimmigkeiten zwischen der vorgelegten Karte und der Person hinsichtlich des Alters, des Geschlechts und des aufgebrachten Fotos. So schreibt es die Verordnung vor. Bei bestimmten Versichertengruppen wie Kindern ist der Identitätsnachweis auch ohne Foto gültig. Karte und Identitätsnachweis müssen je zweimal beidseitig fotokopiert werden, einmal für die Krankenkasse und einmal zum Aufbewahren in der Praxis (zwei Jahre). Für diese Fotokopien ist jeweils die EBM-Ziffer 40144 berechnungsfähig (0,13 Euro). Dazu müssen die Muster 80 und 81 ausgefüllt werden.

Besonders wichtig: Das Muster 81 muss vom Patienten selbst ausgefüllt werden. Denn auf diesem Formular bestätigt er, dass er nicht zum Zwecke der Behandlung eingereist ist und gibt an, wie lange er sich in Deutschland aufhält. Denn wer längerfristig in Deutschland ist oder zum Zweck der Behandlung einreist, kann nicht über die EHIC abgerechnet werden. Zudem richtet sich der Leistungsanspruch nach der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer.

Durch das richtige Ausfüllen der Formulare wird verhindert, dass ein Schaden für das deutsche Gesundheitssystem entsteht, den letztlich alle Krankenversicherten zu bezahlen hätten. Denn nur, wenn alles korrekt dokumentiert vorliegt, können die erbrachten Behandlungen auch mit den Kostenträgern im Ausland abgerechnet werden.

Ebenfalls wichtig beim Ausfüllen von Muster 81: Jede gesetzliche Krankenkasse ist wählbar, die auch nach deutschem Recht wählbar ist. Darauf sollten Sie den Patienten aufmerksam machen. Dem wird es womöglich egal sein, denn die Leistungen sind ja vergleichbar. Um ungleiche Verteilungen innerhalb des Gesundheitssystems zu vermeiden, ist es am sinnvollsten, die Patienten ohne spezielle Wünsche gleichmäßig auf alle Kassen zu verteilen. Bei der Verordnung von Medikamenten muss darauf geachtet werden, dass die Packungsgrößen entsprechend der Aufenthaltsdauer gewählt werden. Kehrt ein Patient am darauffolgenden Wochenende in sein Heimatland zurück, macht eine Großpackung keinen Sinn – und wird mitunter auch nicht erstattet.

Sie können die Kosten für die Behandlung mit Ihrer KV nach den Regelungen des Ersatzverfahrens abrechnen. Dazu stellen Sie einen Abrechnungsschein (Muster 5) aus. Ins Adressfeld tragen Sie Name, Vornamen und Geburtsdatum sowie die gewählte Krankenkasse ein. In das Feld Status fügen Sie bei Versichertenart eine 1 und bei Besondere Personengruppe eine 7 ein. Dadurch laufen diese Abrechnungen außerhalb des normalen Budgets – und bedeuten somit bares Geld für die Praxis.

Die gesammelten Dokumente – also Kopien der EHIC und des Ausweises sowie die ausgefüllten und unterschriebenen Muster 80 und 81 – schicken Sie noch am gleichen Tag zur gewählten Krankenkasse. Hier bitte nicht bis zum Ende des Quartals warten, denn in der Zwischenzeit können im ungünstigsten Fall viele Leistungen auflaufen, die dann nicht erstattet werden. Die Praxis als Leistungserbringer ist verpflichtet, die Unterlagen unverzüglich an die Kasse zu schicken.

Patienten aus Vertragsländern

Patienten, die auf Basis eines bilateralen Abkommens über Soziale Sicherheit Anspruch auf Leistungen bei Krankheit haben (Kasten auf dieser Seite oben), können bei einem Aufenthalt in Deutschland ebenfalls ärztliche Hilfe beanspruchen. Diese Patienten müssen sich mit dem Anspruchsnachweis ihrer heimischen Krankenkasse zunächst an eine deutsche Krankenkasse wenden, die dann einen Abrechnungsschein ausstellt.

Mit diesem Abrechnungsschein, auf dem auch die Einschränkungen des Leistungsspektrums (Für sofort notwendige Leistungen) vermerkt sind, kommt der Patient in die Praxis. Sie prüfen die Dringlichkeit der Behandlung und achten auf diese Behandlungseinschränkungen. Tatsächlich ist es wichtig, dass Sie sich die aktuellen Unterlagen genau ansehen. Ein Patient, den Sie vielleicht seit Jahren kennen, weil er in Deutschland lebte und auch hier versichert war, kann in sein Heimatland zurückgekehrt und jetzt nicht mehr in Deutschland versichert sein. Auch diese Patienten werden nur akut versorgt. Anfallende Routineuntersuchungen, -eingriffe und bereits im Heimatland begonnene Behandlungen dürfen nur privat abgerechnet werden.

Eine Überweisung zu einem weiteren Arzt ist nicht möglich. Bei Patienten mit Abrechnungsschein bescheinigt der Hausarzt die Notwendigkeit anderweitiger ärztlicher Behandlung auf einem Rezept (Muster 16). Das muss der Patient bei der aushelfenden deutschen Krankenkasse vorlegen, dann bekommt er wieder einen Abrechnungsschein und kann einen weiteren Arzt aufsuchen.

Patienten aus anderen Ländern

Patienten aus anderen Ländern, etwa aus Amerika oder Asien, können nur gegen Privatrechnung und nicht zu Lasten der GKV behandelt werden. Touristen schließen für solche Fälle normalerweise eine eigene Reisekrankenversicherung ab. Notfälle müssen natürlich in jedem Fall behandelt werden – schlagen aber selten in der Hausarztpraxis auf, sondern eher in einem Krankenhaus.

Patienten treten mitunter massiv fordernd auf und fordern eine Behandlung. Dadurch sollten Sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Wenn die Voraussetzungen dazu fehlen, geht es nur gegen Privatrechnung. Und das muss zur Not dann auch der Chef den Patienten erklären. Es ist auf keinen Fall so, dass Patienten aus dem Ausland zwangsläufig über eine Gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden müssen. Sie bekommen bei Privatrechnungen zu Hause die dort gültigen Sätze erstattet.

Bringen Patienten keine gültigen Unterlagen mit, ist also grundsätzlich eine Privatrechnung auszustellen. Kann der Patient dann innerhalb von zehn Tagen doch eine Versicherung nachweisen, ist die Praxis verpflichtet, rückwirkend über Muster 80/81 abzurechnen und die angelegte Rechnung wieder zu stornieren. Bei Patienten, die eine Privatrechnung auf GOÄ-Basis erhalten, können auch Arznei-, Heil- und Hilfsmittel nur auf Privatrezept verordnet werden.

Bei Fragen und Unklarheiten sollten Sie den direkten Weg zur Krankenkasse suchen – ein kurzer Anruf bei der aushelfenden deutschen Krankenkasse schafft hier Durchblick.

Webtipp

Webportal des GKV-Spitzenverbandes
www.dvka.de