Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Fehler im Praxisalltag

Das Kreuz mit der Sprache

In der Rubrik Fehler im Praxisalltag stellen wir in jedem Heft einen Fall vor. In dieser Folge geht es um eine Fehleinschätzung, die vor allem auf Verständigungsprobleme zurückzuführen ist.
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Aus einem Krankenhaus wird folgendes Ereignis berichtet, das in ähnlicher Weise auch für Hausarztpraxen relevant sein kann:

Was ist passiert?

Ein Patient kommt nachts ins Krankenhaus. Er kommt wegen Blutdruck, hatte das Pflegeheim angekündigt. Der zuständige Arzt misst eine hypertensive Entgleisung (RR 180/80 mmHg) und gibt 10 mg Ebrantil. Der Patient kann kaum deutsch. Er berichtet über eine vergangene Rippenserienfraktur. Seitdem habe er immer wieder Brustschmerzen, so auch in den letzten zwei Wochen. Da im EKG keine eindeutigen Veränderungen nachweisbar sind, nimmt der Arzt kein Troponin ab. Am nächsten Morgen hat der Patient noch Schmerzen und die Kollegin nimmt Troponin ab. Das Ergebnis ist positiv, was auf ein akutes Koronarsyndrom hinweist. Der Patient wird am selben Vormittag verlegt.

Was war das Ergebnis?

Der Patient war stabil. Letztlich ist er auch noch rechtzeitig zur Koronarangiografie gekommen.

Welche Faktoren trugen zu diesem Fehler bei?

Hier kamen mehrere Faktoren zusammen. Die Müdigkeit des Arztes (es war 2 Uhr nachts, der Patient war seit über einer Stunde angekündigt) und die Kommunikation. Das Pflegeheim hatte hohen Blutdruck als Ursache angekündigt und der Patient konnte sich wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht wirklich verständlich machen.

Wie hätte das Ereignis verhindert werden können?

Genauer auf die Patienten eingehen, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Und wichtige diagnostische Schritte nie weglassen.

Kommentar eines Nutzers:

Das ist ein typischer Fehler: Man gibt sich mit der ersten plausibel erscheinenden Ursache zufrieden. Ist mir auch schon passiert: Der Patient kam mit Magen-Darm-Infekt. Sein massives Erbrechen erklärte er mit dem Essen einer verdorbenen Melone. Am Ende zeigte sich dank einer aufmerksameren Kollegin eine Hirnblutung als wahre Ursache.

Kommentar des Instituts für Allgemeinmedizin:

Neben der Voreingenommenheit (Er kommt wegen Blutdruck) und der kritischen Uhrzeit (nachts) wurde die bestehende Sprachbarriere als Ursache angegeben. Sprachbarrieren sind eine häufige Quelle für kritische Ereignisse – sowohl stationär als auch ambulant. Wie gehen Sie in der Praxis damit um? Haben Sie Diagnose- und Medikamentenlisten, die den Patienten generell ausgehändigt werden? Nutzen Sie Dolmetscher? Über welche Barrieren sind Sie ggf. dabei schon gestolpert?

Tatjana Blazejewski

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