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Verordnung von Heilmitteln

Hilfe zur Selbsthilfe

Physiotherapie, Ergotherapie sowie Sprech- und Sprachtherapie als wichtigste Formen von Heilmitteln unterstützen Patienten bei der Selbsthilfe. Was gibt es an Besonderheiten zu beachten?
© photographee.eu - fotolia.com
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Heilmittelverordnungen gehören zur Routine in jeder Hausarztpraxis. 387 Heilmittelleistungen für GKV-Versicherte sind es laut aktuellem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) im Durchschnitt pro Praxis. Hausarztpraxen veranlassten rund 37 Prozent der physiotherapeutischen, 30 Prozent der ergotherapeutischen und 19 Prozent der sprachtherapeutischen Leistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Alle Formen von Heilmittelverordnungen erfordern eine zuverlässige Dokumentation – und erfahrungsgemäß sind häufig nicht alle notwendigen Angaben für die Behandlung und Abrechnung des Heilmittels enthalten. Die dadurch nötigen Rückfragen in Arzt- und Therapiepraxen führen wiederum zu einem erhöhten Zeit- und Arbeitsaufwand bei allen Beteiligten, den es zu vermeiden gilt.

Physikalische Therapie

Spitzenreiter bei den Heilmittelverordnungen ist in allen Altersgruppen die Physiotherapie – sie macht fast 85 Prozent der Verordnungen aus. Die Grundsätze für die Verordnung ergeben sich aus den Heilmittel-Richtlinien (HMR), die der Sicherung einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten mit Heilmitteln dienen. Danach setzt die Verordnung von Heilmitteln voraus, dass der Arzt vorher geprüft hat, ob das angestrebte Therapieziel nicht auch durch eigenverantwortliche Maßnahmen des Patienten erreicht werden kann. Patienten können Heilmittel, wenn sie ärztlicherseits medizinisch zwingend notwendig sind, von zugelassenen Therapeuten erhalten. Für die Verordnung von Physikalischer Therapie steht das Muster 13 zur Verfügung.

Im Heilmittelkatalog, der Bestandteil der Richtlinie ist, sind Einzeldiagnosen zu Diagnosegruppen zusammengefasst – zum Beispiel WS1 für Wirbelsäulenerkrankungen mit prognostisch kurzzeitigem Behandlungsbedarf. Diesen Gruppen sind wiederum die jeweiligen Leitsymptomatiken, Therapieziele und die Heilmittel zugeordnet, die vorrangig, optional oder ergänzend verordnet werden können. Die Kombination von Diagnosegruppe und Leitsymptomatik ergibt den sogenannten Indikationsschlüssel – zum Beispiel WS1a. Er muss neben dem ICD-10-Code auf jeder Heilmittelverordnung angegeben werden. Weitere Pflichtangaben sind unter anderem die Verordnungsmenge, die Frequenzempfehlung und die Angabe, ob ein medizinisch notwendiger Hausbesuch erfolgen soll (§ 13 Abs.2 HM-RL).

Die im Heilmittelkatalog vorgegebene Verordnungsmenge darf nicht überschritten, aber durchaus unterschritten werden. Ist im Einzelfall die Gesamt-Verordnungsmenge nach dem Heilmittelkatalog nicht ausreichend, um einen Behandlungserfolg zu erreichen, kann der Arzt dennoch eine Fortsetzung veranlassen. Dann ist das im Feld Verordnung außerhalb des Regelfalles entsprechend zu kennzeichnen und zu begründen. Die Verordnungsmenge ist dabei so zu bemessen, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb von 12 Wochen gewährleistet ist.

Wenn nicht aus medizinischen Gründen eine Einzeltherapie geboten ist, sollte im Sinne der Wirtschaftlichkeit eine Gruppentherapie verordnet werden. Manche Heilmittel wie zum Beispiel die Manuelle Therapie können allerdings nicht als Gruppentherapie verordnet werden.

Ergotherapie

Ergotherapie macht etwa 8 Prozent der Heilmittelverordnungen aus und unterstützt Patienten, die in ihrer alltäglichen Handlungsfähigkeit deutlich eingeschränkt sind. Das kann aufgrund altersbedingter Erkrankungen sein oder einer Operation geschuldet, etwa nach einem orthopädischen Eingriff. Ziel ist die Stärkung des Patienten in alltäglichen Bereichen wie Selbstversorgung und Arbeitsfähigkeit.

Ergotherapie wird nach dem Muster 18 verordnet. Die Pflichtangaben sind dabei ähnlich wie bei der Physikalischen Therapie und beinhalten insbesondere:

  • Diagnosegruppe und Diagnose (grundsätzlich in Form des ICD10)
  • Leitsymptomatik und ggf. Spezifizierung des Therapieziels
  • genaue Bezeichnung des Heilmittels
  • Anzahl und Frequenz der Leistung

Sprech- und Sprachtherapie

Mit zunehmendem Alter nehmen auch die sprachtherapeutischen Maßnahmen einen größeren Anteil an allen Heilmittelbehandlungen ein. Patienten können zum Beispiel nach einem Schlaganfall stimm-, sprech- oder sprachtherapeutische Hilfe benötigen. Auch Operationen können die Sprechfähigkeit beeinträchtigen. Der Arzt beurteilt deshalb den psychischen Zustand eines Patienten genauso wie den körperlichen Allgemeinzustand, die familiäre Situation, das Hörvermögen und den Zustand der beim Sprechen beteiligten Organe. Wenn es sich um eine medizinisch relevante Sprachstörung handelt, kann eine zeitlich begrenzte, gezielte medizinische Behandlung infrage kommen. Solche logopädischen Therapien werden mit dem Muster 14 verordnet. Die Besonderheiten beim Ausfüllen dieses Formulars haben wir in Ausgabe 2/2014 vorgestellt.

Für alle Formen der Heilmittelverordnung gilt: Eine gemeinsame Teamschulung ist eine gute Gelegenheit, das gesamte Praxisteam auf den aktuellen Stand zu bringen. Dazu eignen sich besonders die Online-Lernprogramme der AOK (siehe Kasten) mit einer Mischung aus Quiz und strukturierten Lerninhalten.

Therapiebeginn

Der Beginn der Heilmitteltherapie sollte in zeitlichem Zusammenhang mit der ärztlichen Verordnung stehen, daher gelten folgende Fristen:

Physikalische Therapie 14 Tage
Ergotherapie 14 Tage
Sprachtherapie 14 Tage
Podologie 28 Tage

Richtig verordnen: Lernprogramm für Heilmittel


Mit den Online-Lernprogrammen der AOK können sich Praxisteams über die richtige Verordnung informieren – u. a. auch von Heilmitteln. Im „Quickcheck“ haben Sie die Möglichkeit, anhand konkreter Fallbeispiele Ihr Wissen zu testen und im Bereich „Praxiswissen“ können Sie anhand von Formular-Abbildungen mit beispielhaften Eintragungen sehen, wie die Felder auszufüllen sind.
http://www.aok-gesundheitspartner.de
Webcode W43870

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