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Rationale Antibiotikatherapie

Die Hintergründe richtig erklären

Die zunehmende Resistenz von Krankheitserregern gegen Antibiotika ist eine ernste Herausforderung. Ein neues Projekt mit dem Namen ARENA (Antibiotika-Resistenz-Entwicklung nachhaltig abwenden) hat einen rationalen Umgang mit diesen Medikamenten zum Ziel – und das Praxisteam spielt eine wichtige Rolle dabei, den Patienten die Hintergründe richtig zu erklären.
© Gerhard Seybert - stock.adobe.com
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Antibiotika hemmen schon in geringer Menge das Wachstum von Bakterien (bakteriostatische Wirkung) oder töten sie ab (bakterizide Wirkung), indem sie lebensnotwendige Stoffwechselvorgänge oder die Vermehrung blockieren. Da bei den zellkernlosen Bakterien viele Stoffwechselvorgänge grundsätzlich anders ablaufen, werden unsere (kernhaltigen) Zellen durch die Therapie nicht geschädigt. Antibiotika können geschluckt, gespritzt oder in einer Infusion gegeben werden und wirken dann auf den ganzen Körper (systemisch). Werden antibiotikahaltige Salben oder Tropfen bei oberflächlichen Infektionen auf die entsprechende Stelle aufgetragen, spricht man von Lokalantibiotika.

Problemfall Resistenz

Das Problem allerdings: Antibiotika werden auch bei relativ harmlosen Infektionen zu oft verschrieben und eingenommen. Das hat Folgen. Viele Bakterienstämme haben durch Mutation und Selektion – spontane Veränderungen in der Erbsubstanz und natürliche Auslese durch die Umwelt – Resistenzen gegen die Antibiotika entwickelt, die üblicherweise eingesetzt werden. Für ein Bakterium wird eine Mutation zum Vorteil, wenn es dadurch widerstandsfähiger gegen ein Antibiotikum wird. Die Wahrscheinlichkeit für eine Resistenzbildung steigt, wenn Antibiotika über einen längeren Zeitraum nicht konsequent oder in zu niedriger Dosierung eingenommen werden.

Einnahme-Fehler tragen zur Verbreitung solcher Resistenzen bei. Bei einer Fragebogenaktion des WDR vor ein paar Jahren gab immerhin ein Drittel der Befragten an, dass es ihnen schwer falle, an die regelmäßige Einnahme zu denken. Das ist fatal, denn um alle Bakterien abzutöten, muss der Wirkstoffspiegel lange genug ausreichend hoch sein, sonst kommt es wieder zur Selektion und damit zu neuen resistenten Keimen. Besonders problematisch werden multiresistente Keime immer dann, wenn sie auf Menschen treffen, deren Immunsystem geschwächt ist.

Ein Projekt soll helfen

Das ARENA-Projekt von AQUA-Institut, AOK und weiteren Partnern will bei vorab festgelegten Diagnosen zu häufigen Infekten der Atemwege und der Harnwege, bei denen in der Regel kein Antibiotikum notwendig ist, die Patienten ausführlich informieren. Zusätzlich durchgeführte Öffentlichkeitskampagnen sollen den Patienten verdeutlichen, dass eine nicht erfolgte Antibiotikagabe keine schlechtere, sondern die richtige Behandlung ist.

Ärzte und Praxisteams erhalten ein darauf zugeschnittenes Informations- und Kommunikationstraining. Parallel dazu werden datengestützte Qualitätszirkel mit den beteiligten Netzärzten, MFA sowie sektorenübergreifend auch in Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern (z. B. Krankenhäusern, Pflegeheimen, Apotheken) durchgeführt.

Die Ergebnisse werden vom AQUA-Institut ausgewertet und geeigneten Vergleichsgruppen von AOK-Versicherten gegenübergestellt und ausgewertet. Hier können Sie als Praxisteam den Arzt wirksam unterstützen, denn viele Patienten sind sehr einsichtig, wenn sie die Gründe kennen (siehe Kasten).

 

Das sollten Sie als MFA Patienten erklären

Wenn Patienten die Hintergründe verstehen, sind Therapietreue und Zufriedenheit deutlich besser. Vor allem die folgenden Punkte kann das Praxisteam immer wieder erklären:

  • Antibiotika bekämpfen nur Bakterien, gegen Viren sind sie machtlos. Da es sich bei Atemwegsinfekten in der Regel um Virusinfekte handelt, können Antibiotika hier nichts ausrichten. Nur selten kommt zu einer Virusinfektion noch eine bakterielle hinzu – erst dann kann ein Antibiotikum sinnvoll sein.
  • Antibiotika können auch Nebenwirkungen haben. Nur bei der Gefahr eines schwerwiegenden Krankheitsverlaufs sollten Antibiotika gezielt eingenommen werden. Generell gilt bei der Verordnung: So wenig und so gezielt wie möglich.
  • Antibiotika solange einnehmen, wie es der Arzt verordnet hat. Andernfalls können Erreger überleben, sich erneut ausbreiten und resistent gegen das Antibiotikum werden. Häufig fällt es den Patienten allerdings schwer, an die regelmäßige Einnahme zu denken. Das ist fatal, denn um alle Bakterien abzutöten, muss der Wirkstoffspiegel im Blut lange genug ausreichend hoch sein, sonst kommt es wieder zur Selektion von resistenten Keimen.

In der konkreten Situation kann das heißen: Eine Erkältung kann man am besten mit ein paar Tagen im Bett oder auf dem Sofa und bei Bedarf einem Mittel gegen Kopf- und Gliederschmerzen bekämpfen. Patienten, die sich Zeit lassen, natürlich mit der Erkrankung fertig zu werden, sind dauerhaft gesünder. Auch bei Kindern hilft es häufig schnell und gut, ihnen viel zu trinken zu geben und eventuell zusätzlich ein Schmerzmittel – aber kein Antibiotikum.

Nebenwirkungen kennen

Die meisten Antibiotika gelten als sichere und gut verträgliche Medikamente. Trotzdem können sie Nebenwirkungen hervorrufen. Typische Nebenwirkungen sind:

  • Magen-Darm-Beschwerden, zum Beispiel Durchfall, Bauchschmerzen und Übelkeit
  • allergische Reaktionen der Haut wie etwa Rötungen und Juckreiz
  • Scheidenpilz-Infektionen bei Mädchen und Frauen

Vor allem Durchfall ist häufig, da das Antibiotikum neben den Eindringlingen auch die Bakterien hemmt, die natürlicherweise den Darm besiedeln. Dadurch gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, der Durchfall ist in der Regel aber harmlos und kein Grund, die Therapie zu unterbrechen.

Die wichtigsten Punkte

Geben Sie den Patienten für die Einnahme vor allem diese Punkte noch einmal mit auf den Weg:

  • Halten Sie sich genau an die Einnahmezeiten. Dreimal täglich bedeutet zum Beispiel alle acht Stunden.
  • Nehmen Sie das Antibiotikum so lange ein, wie es Ihnen verordnet wurde. Auch wenn Sie sich bereits besser fühlen, ist es wichtig, die Behandlung fortzuführen.
  • Manche Getränke verändern die Wirkung bestimmter Antibiotika, zum Beispiel Milch. Nehmen Sie daher ein Antibiotikum am besten mit Wasser ein. Seien Sie während der Antibiotikatherapie auch vorsichtig mit Alkohol und Koffein.
  • Teilen Sie dem Arzt oder dem Praxisteam Auffälligkeiten und unerwünschte Wirkungen mit.

Mit Ihrer Aufklärungsarbeit können Sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass uns auch in Zukunft noch wirksame Mittel gegen schwere Infektionen wie Lungenentzündung und Tuberkulose zur Verfügung stehen.

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