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Kritische Lebensereignisse

So bewältigen Sie Krisen

Persönliche Krisen haben nicht nur einen erheblichen Einfluss auf die körperliche und seelische Gesundheit, sie beeinflussen auch unsere Arbeit und unser gesamtes Leben. Aber was überhaupt sind die häufigsten Brandherde in unserem Leben? Und wie kann man sie wieder löschen?
© contrastwerkstatt – stock.adobe.com
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Was ist eine persönliche Krise? Wir Menschen sind Gewohnheitstiere und ein Bruch in der Kontinuität unseres Lebens wird oft als bedrohliche Veränderung wahrgenommen. Das passiert oft unerwartet – beim Auftreten einer schweren Krankheit, bei Unfällen oder wenn der Partner die Beziehung verlässt. Auch Übergänge von einer Lebensphase in eine andere können so empfunden werden, etwa die Geburt des ersten Kindes oder das Auftreten erster Alterungserscheinungen, dann gerne als Midlife-Crisis bezeichnet. Was außer Frage steht: Solche Krisen haben einen massiven Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit.

Häufigkeit von kritischen Lebensereignissen

Welches sind die häufigsten persönlichen Krisen und welchen Einfluss haben sie auf unseren Berufsalltag? Dieser Frage ist das Wissenschaftliche Institut der AOK in einer repräsentativen Umfrage nachgegangen. Von den 2.000 Befragten nennen mehr als die Hälfte (52 Prozent) mindestens ein kritisches Lebensereignis, das in den letzten fünf Jahren stattgefunden hat oder noch andauert. Am häufigsten werden belastende Konflikte im privaten Umfeld genannt.

EreignisAnteilEinfluss auf ...Folgen
    Körper Seele Beruf Leben gesamt Arbeit obwohl krank Öfter krank gemeldet mit Arbeit unzufrieden geringere Leistung
schwere Erkrankung im privaten Umfeld 13,8% 54,6% 83,3% 55,3% 79,8% 49,0% 25,2% 26,6% 44,1%
Konflikte im privaten Umfeld 13,4% 58,2% 78,4% 56,8% 76,3% 51,8% 35,3% 36,7% 52,5%
Trennung vom Partner 12,9% 54,4% 88,8% 54,5% 88,8% 48,5% 23,9% 29,9% 53,7%
Tod Partner/Familie 10,2% 48,2% 84,9% 60,4% 83,0% 50,0% 29,2% 17,9% 47,2%
Streit am Arbeitsplatz/Mobbing 8,9% 66,7% 77,5% 86,0% 72,1% 47,3% 39,8% 71,0% 66,7%
eigene Krankheit/Suchtproblem 8,5% 94,3% 82,9% 93,1% 90,9% 68,2% 73,9% 46,6% 83,0%
Die häufigsten Ursachen für persönliche Krisen und die direkten und indirekten Folgen für die Betroffenen.
Quelle: WIdO. (Mehrfachnennungen möglich, oben: Anteil Ja-Nennungen in Prozent)

Die Häufigkeit alleine sagt jedoch noch nichts über die subjektive Bedeutung für die Betroffenen aus. Um die Bedeutung gewichten zu können, wurden die Befragten gebeten, das jeweils schlimmste Lebensereignis zu nennen. Alle Aussagen in der Tabelle auf Seite 5 beziehen sich auf dieses schlimmste Ereignis. Für die unter 30-Jährigen sind die Konflikte im privaten Umfeld als schlimmstes Ereignis eingestuft worden, gefolgt von Streit oder Mobbing am Arbeitsplatz und finanziellen Problemen. Bei den 30- bis 40-Jährigen stehen die belastenden Konflikte an erster Stelle, gefolgt von den Kategorien Trennung und schwere Erkrankung. In der Gruppe der 40- bis 50-Jährigen sind schwere Erkrankung und belastende Konflikte weit vorne und in der Gruppe der 50- bis 65-Jährigen wird erstmals der Tod eines Partners am häufigsten als schlimmstes Erlebnis genannt.

In all diesen Fällen werden gewohnte Lebensentwürfe infrage gestellt. Man befindet sich quasi an einer Kreuzung, an der man über den weiteren Weg entscheiden muss. Das ist häufig sehr schmerzlich. Darin liegt aber auch immer die Chance, den bisherigen Lebensweg zu korrigieren. Doch die zwingende Kraft der Veränderung durch die Krise ermöglicht ebenso einen kraftvollen und kreativen Neuanfang.

Phasen der Krisenbewältigung

Die Psychologie unterscheidet vier unterschiedliche Phasen der Krisenbewältigung:

  • Phase 1: Verleugnung. Wir wehren uns gegen die Veränderung, glauben wir seien nicht krank oder der Partner käme schon wieder zurück.
  • Phase 2: Aufbrechende Gefühle. Wir fühlen uns machtlos, hadern mit dem Schicksal und durchlaufen ein Tal von Angst, Wut, Schuldgefühlen und Selbstzweifeln.
  • Phase 3: Neuorientierung. Wir überlegen, in welche Richtung es für uns weitergehen könnte und wägen Lösungsmöglichkeiten und Auswege gegeneinander ab.
  • Phase 4: Wiederhergestellte Balance. Wir haben uns mit der neuen Situation arrangiert und können neue Kraft daraus schöpfen.

Um eine Krise erfolgreich zu bewältigen, werden meist alle diese Phasen durchlaufen. Und wie jeder weiß, gelingt das nicht jedem und nicht immer. Wer aber den Übergang zu Neuorientierung und wiederhergestellter Balance nicht schafft, läuft Gefahr, seelisch zu erkranken. Und die Reaktionen auf solche seelischen Erschütterungen sind sehr unterschiedlich. Menschen können Ängste und Depressionen entwickeln und auch körperlich erkranken. Manche versuchen, diese negativen Empfindungen mit Alkohol oder Drogen zu betäuben.

Resilienz entwickeln

Ob man gut mit einer Krise umgehen kann, hat viel mit den vorherigen Lebenserfahrungen zu tun. Resiliente Menschen – der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Widerstandsfähigkeit – können vor allem eins: flexibel auf neue Situationen reagieren. Sie finden schlimme Erfahrungen zwar genauso belastend wie andere, passen ihr Leben aber entsprechend an.

Natürlich fragt sich jeder Betroffene nach einem schlechten Ereignis: Warum gerade ich? Warum wurde ICH krank? Warum hat MICH mein Freund verlassen? Menschen ohne Widerstandsfähigkeit haben zwei Verhaltensweisen: Sie personalisieren und sie generalisieren, etwa: Ich wollte zu viel und ich werde nie wieder einen Mann finden.

Resiliente Menschen pflegen dagegen einen optimistischeren Erklärungsstil. Das heißt nicht, dass sie ihre eigenen Fehler ignorieren. Sie können ihren Anteil am Problem durchaus sehen, aber auch das Positive an einer Situation: Mein Mann hat mich verlassen, aber ich habe Freunde und viele Interessen. Oder: Ich habe meinen Job verloren, aber ich bin gesund und meine Familie hilft mir. Resilienten Menschen gelingt es, nicht nur die Katastrophe zu betrachten, sondern auch das Drumherum.

Der Königsweg zu mehr Zuversicht führt zunächst einmal in die Vergangenheit – auch zu den Ursachen: Warum hat mein Freund mich verlassen? oder Woran bin ich im Job gescheitert? Holen Sie sich auch die Meinung von Freunden oder (Ex-)Kollegen ein, um ein objektiveres Bild zu erhalten. Denn: Nur wenn Sie ein Gefühl dafür entwickeln, was denn eigentlich falschgelaufen ist, haben Sie eine Chance, nicht wieder in die gleiche Falle zu tappen.

Versuchen Sie aufzuhören, nach hinten zu schauen und beschäftigen sich mit dem Weg nach vorne. Denn wer mit Zuversicht in die Zukunft blickt, kann für sich einen Sinn im Weitermachen entdecken und leidet nicht dauerhaft unter dem Schicksalsschlag.

Versuchen Sie es einmal so: Schreiben Sie auf ein Blatt Papier, was zur Zeit gut läuft – heute, nicht vor der Katastrophe. Und auf ein anderes Blatt Papier schreiben Sie, was Ihrer Meinung unbedingt besser sein müsste. Zuerst kümmern Sie sich um die Negativliste. Gehen Sie Ihre Liste Punkt für Punkt durch und fragen Sie sich, warum Sie diese Dinge tun, obwohl sie Ihnen keine Freude bereiten. Streichen Sie sofort alles, was nicht wirklich notwendig ist. Danach malen Sie sich die Zukunft rosa. Mit wem würden Sie am liebsten Ihre Zeit verbringen? Welche Arbeit oder welche Hobbys würden Ihnen Spaß machen? Anschließend entwickeln Sie einen Plan, diese Wünsche in die Realität umzusetzen.

Seien Sie mutig und fangen Sie damit gleich an. Egal welches Ziel Sie erreichen wollen – Sie finden immer etwas, das Sie in den nächsten 72 Stunden dafür tun können.

RM