Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Qualitätszirkel für MFA

Die besondere Fortbildung

Qualitätszirkel für MFA wurden in Baden-Württemberg 2011 als Pilotprojekt der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) ins Leben gerufen. Sie entwickelten sich schnell zu einer der beliebtesten Fortbildungsveranstaltungen überhaupt und gelten mittlerweile als Blaupause für andere Regionen.
© psdesign1 - stock.adobe.com
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Qualitätszirkel sind laut Wikipedia „Arbeitskreise, die die Erfahrung und Verantwortungsbereitschaft der Mitarbeiter aktivieren sollen“ und „auf unbestimmte Dauer angelegte Kleingruppen, in denen Mitarbeiter der gleichen hierarchischen Ebene mit einer gemeinsamen Erfahrungsgrundlage in regelmäßigen Abständen auf freiwilliger Basis unter Leitung eines Moderators zusammenkommen.“

Was dort eher gestelzt klingt, ist in Wirklichkeit eine ideale Plattform, um sich praxisübergreifend auszutauschen, miteinander Ideen zu entwickeln, Schnittmengen in der Praxisorganisation zu entdecken und Probleme zu lösen. Idealerweise trifft sich dazu immer der gleiche Personenkreis, denn wenn man sich länger kennt, wird die Vertrauensbasis intensiver und man ist eher geneigt, sein Wissen zu teilen. Außerdem macht es Spaß die Kolleginnen aus den umliegenden Praxen persönlich kennenzulernen. Die Mischung aus MFAs von Hausarzt- und Facharztpraxen hat auch einen großen Charme, hier kann die Zusammenarbeit durch den Austausch deutlich verbessert werden.

Einige Qualitätszirkel sind schon fest etabliert. So werden z. B. Qualitätszirkel im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg organisiert. In diesen MFA-Qualitätszirkeln trifft sich einmal pro Quartal ein Kreis von ca. 20 MFAs, um jeweils ein medizinisches Thema und ein HzV-Thema zu besprechen. Zweimal im Jahr werden zusätzlich die praxisindividuellen Feedback-Berichte von am PraCMan-Programm teilnehmenden VERAHs besprochen.

Interview


Neslihan Sanli ist MFA in der hausärztlichen Praxis von Dr. Reiner Moissl in Brackenheim.

Sie besuchen regelmäßig die HzV-Qualitätszirkel. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Ich besuche den QZ regelmäßig, da ich auf dem neuesten Stand sein möchte - und tausche mich gerne mit Kolleginnen aus, um Praxisabläufe zu optimieren.

Wer hatte die Idee mit dem Qualitätszirkel?

Meine Kollegin Nicole Wöhr, die den QZ leitet. Alle meine Kolleginnen besuchen den QZ, das ist ein tolles Team-Gefühl.

Wie empfinden Sie das „Miteinander“ mit den Kolleginnen aus anderen Praxen?

Da findet immer ein toller Austausch statt. Jetzt kenne ich die Kolleginnen in den umliegenden Praxen besser und habe überall eine Ansprechpartnerin.

Interview


Nicole Wöhr ist MFA und moderiert einen HzV-Qualitätszirkel.

Mit welchen Erwartungen kommen Teilnehmerinnen zu Ihren Qualitätszirkeln?

Sie möchten alle Neuigkeiten rund um die HzV und Abrechnung erfahren und sie möchten Hilfestellungen für ihren Praxisalltag.

Manche Kolleginnen spielen durchaus auch mit dem Gedanken einen QZ zu leiten, haben aber Angst vor dem Aufwand. Was sagen Sie ihnen?

Natürlich hat man einen gewissen Aufwand, aber auch eine Entschädigung. Und dass sich der Aufwand ohne Frage lohnt, liegt vor allem an den vielen tollen Erfahrungen, die man mitnimmt. Die QZ-Teilnehmerinnen sind wirklich dankbar. Als Moderatorin gehört man immer zu den Ersten, die erfahren, wenn es Neuigkeiten in der HzV gibt. Und die Moderationsarbeit erhöht nicht nur die Qualifikation als Medizinische Fachangestellte, sie erweitert auch den persönlichen Horizont. Ich möchte das nicht missen.

Todo-Liste: So organisieren Sie einen Qualitätszirkel

Sie kennen keinen Qualitätszirkel für MFA in Ihrer Nähe? Dann gründen Sie doch einfach einen.

Die Moderatorin hat die Aufgabe, Einladungen und Erinnerungen zu den Terminen zu verschicken und möglichst schon im Vorfeld herauszufinden, welche Probleme besprochen werden sollen. Und wenn nötig, Informationen oder gar einen externen Experten zu engagieren. Hier finden Sie ggf. Unterstützung bei Ihrer zuständigen KV.

Räumlichkeiten finden sich immer: entweder das Wartezimmer einer Praxis, ein abgeschlossenes Nebenzimmer eines Lokals oder auch Räumlichkeiten in einer Krankenkasse, die für solche Projekte fast immer ein offenes Ohr hat. Wie oft sich ein Qualitätszirkel trifft, hängt von den zu bearbeitenden Problemen ab, sinnvoll sind regelmäßige Treffen einmal alle zwei bis drei Monate.

Fragen Sie zunächst bei den Ihnen bekannten MFA in anderen Praxen nach, ob dort Interesse besteht und stellen Sie miteinander eine Adressliste zusammen. Etwa drei Wochen vor der geplanten Veranstaltung laden Sie schriftlich oder kostengünstiger per eMail ein. Etwa zwei Tage vor der Veranstaltung schicken Sie noch einmal einen Reminder.

Wenn die Veranstaltung in den Praxisräumen stattfindet, sollten Sie Getränke und je nach Budget ein paar Knabbereien bereitstellen. Nach einer kurzen Begrüßung wird das letzte Treffen reflektiert und dann wird bestimmt, wer heute das Protokoll führt. Planen Sie am Ende ein paar Minuten für aktuelle Fragen ein, die kommen erfahrungsgemäß fast immer. Zum Schluss danken Sie allen für die Mitarbeit und legen gemeinsam den nächsten Termin fest.

Die beste Werbung für einen Qualitätszirkel ist übrigens die Mundpropaganda. Bitten Sie alle Teilnehmerinnen, den nächsten Termin an Freundinnen und Kolleginnen weiter zu geben, so kann sich ein Zirkel schnell etablieren.

Aus der Praxis für die Praxis

Angeleitet und organisiert werden die ca. 2,5 Stunden dauernden MFA-Qualitätszirkel von eigens geschulten Moderatorinnen. Durch den immer gleichbleibenden Teilnehmerkreis und die Moderatorin, die selbst MFA in einer HzV-Praxis ist und somit den Praxisalltag kennt, soll eine Plattform zum Austausch unter Kolleginnen geboten werden. Sie können in ihren Gruppen alle im Praxisalltag auftretenden Fragen und Probleme besprechen und hilfreiche Tipps untereinander austauschen. Im Gegensatz zu reinen Schulungsveranstaltungen soll in den MFA-Qualitätszirkeln ein aktiver Austausch zwischen den Teilnehmerinnen gefördert werden.

Durch diesen Austausch können alle profitieren. Denn jede MFA verfügt über einen reichhaltigen Schatz an Erfahrung und kann irgendetwas besonders gut. Junge Kolleginnen sind oft fitter am Computer und beherrschen die Computerprogramme besser oder schneller und können damit gut älteren Kolleginnen helfen.

Die wiederum haben mehr Erfahrung im Umgang mit Patienten oder der Praxisleitung und können dieses Wissen an die jungen Kolleginnen weitergeben.

Wie erfolgreich das Konzept ist, belegen die nackten Zahlen: So wurde im Mai 2017 bereits der 100. Qualitätszirkel in Baden-Württemberg gegründet. Damit ist es dort in den vergangenen sieben Jahren gelungen, eine flächendeckende Weiterbildungsstruktur für MFA zu etablieren. Und um das Konzept weiter auszubauen, wird jedes Quartal ein Startertag für neue MFA-Qualitätszirkelmoderatorinnen angeboten. Auch der Verband medizinischer Fachberufe (VmF) ist auf diesem Gebiet aktiv und gibt Hilfe zur Selbsthilfe: An den Thementagen zum Qualitätsmanagement kann man sich als MFA auch zur Moderatorin für Qualitätszirkel ausbilden lassen. Auch auf den Hausärztetagen gibt es immer wieder solche Angebote, etwa in Heidelberg oder Frankfurt.

In den MFA-Qualitätszirkeln in Baden-Württemberg wird jedes Quartal neben HzV-Themen auch ein medizinisches Thema besprochen, in den ersten beiden Quartalen 2018 waren das Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -allergien sowie Bakterielle Infektionen in der Hausarztpraxis.

RM