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Hausärztliche Versorgung mit TeleDoc PLUS

Mit Tele-Rucksack auf Tour

Telemedizin ist in aller Munde – oft aber nur als Option für die Zukunft. Ein Projekt der AOK PLUS in Thüringen zeigt schon seit 2018 ganz praktisch, wie die hausärztliche Versorgung auch telemedizinisch unterstützt werden kann – durch speziell ausgebildete MFA.
© Miriam Dörr – stock.adobe.com
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Für Patienten mit chronischen Erkrankungen oder Mobilitätseinschränkungen, die in ländlichen Regionen leben, ist das Erreichen einer Arztpraxis oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Für diese Patientengruppen ist die Versorgung im Hausbesuch von immenser Bedeutung. Dann müssen jedoch die Hausärzte, die häufig in ländlichen Regionen besonders viele Patienten betreuen, zeitintensive Anfahrtswege in Kauf nehmen.

Ein ganz neuer Ansatz ist das digitale Versorgungsangebot TeleDoc PLUS (TeleArzt), das die AOK PLUS und die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KVT) mit Unterstützung der Landesregierung gemeinsam in dem Bundesland gestartet haben. Es soll Hausbesuche telemedizinisch ergänzen. Das Konzept ist seit rund zwei Jahren in Thüringen im Einsatz. Dort gibt es mehr als 400 nichtärztliche Praxisassistentinnen (NäPa), die Hausbesuche für Ärzte übernehmen. Und genau diese Zusatzweiterbildung braucht es auch als Voraussetzung für den delegierbaren telemedizinischen Hausbesuch.

Besondere Fortbildung

Aktuell nehmen in Thüringen 39 Ärztinnen und Ärzte teil. 34 Tele-Assistentinnen übernehmen für sie die Hausbesuche. Vor Beginn ihrer Tätigkeit werden die NäPa zu „Telemedizinischen Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis“ weitergebildet.

Beim Hausbesuch oder der Visite im Pflegeheim führt die NäPa einen telemedizinischen Rucksack mit sich. Er beinhaltet vor allem medizinische Messgeräte, etwa ein Pulsoximeter, Blutzucker- und Blutdruckmessgerät, Spirometer, digitale Waage und ein mobiles 3-Kanal-EKG.

Die Übertragung erfolgt mithilfe eines Tablets mit Schnittstelle zum Arztinformationssystem. Dazu werden die Daten vom entsprechenden Messgerät per Bluetooth auf das Tablet übertragen und von dort direkt in die Arztpraxis und die jeweilige Patientenakte übermittelt. Aus Datenschutzgründen wird nur eine Identifikationsnummer (Patienten-ID) genutzt, es werden also weder Name noch Geburtsdatum übertragen. Anhand der ID kann die Praxis die Werte dem Patienten zuordnen.

Für Patienten mit Wunden bietet Tele-Doc PLUS der NäPa die technische Voraussetzung, den Wundstatus standardisiert zu erheben und dem Hausarzt zur Auswertung digital zu übermitteln. In Abstimmung mit dem Hausarzt besteht darüber hinaus die Möglichkeit, eine Sturzrisikoanalyse im häuslichen Umfeld durchzuführen und einen Gesundheitsfragebogen mit dem Patienten aufzunehmen. Alle Maßnahmen haben eines gemeinsam: Sie unterstützen eine Verbesserung der Lebensqualität betroffener Patienten.

Video-Chat mit dem Arzt


© AOK
Die bundesweite AOK-Initiative „Stadt. Land. Gesund.“ will Versorgungsunterschiede zwischen Stadt und Land ausgleichen und rückt die Bedürfnisse der Bevölkerung auf dem Land in den Fokus. Mehr Info unter: www.stadtlandgesund.de

Sofern medizinisch erforderlich, kann der Hausarzt per Video zugeschaltet werden, mit dem Patienten sprechen oder das weitere Vorgehen mit der NäPa abstimmen. Auf diese Weise werden die Patienten so gut versorgt, als wäre der Arzt bei ihnen. Durch den Austausch per Video bleibt das enge Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient bestehen, der Patient erlangt Sicherheit im Umgang mit seiner Erkrankung, und die MFA wird zur zusätzlichen Ansprechpartnerin. Das Angebot ist auch für Patienten nutzbar, die selbst nicht mit digitaler Technik umgehen können, dieses Angebot aber gerne nutzen wollen.

Die Abrechnung bei TeleDoc PLUS erfolgt ganz normal über die KVT. Die AOK PLUS zahlt für bis zu 50 Hausbesuche pro Quartal zusätzlich 15 Euro zur NäPa-Vergütung, die es über den EBM gibt (rund 20 Euro für Hausbesuch und Zuschlag zur Versichertenpauschale, EBM-Ziffern 03062 und 03060). Wird der Arzt per Videokontakt zugeschaltet, kommen noch einmal acht Euro dazu. Außerdem gibt es Zuschläge für die Sturzrisikoanalyse, die Gesundheitsbefragung und die Wundanalyse.

TeleDoc PLUS ist ein Digitalisierungsprojekt, das für viele Arztpraxen genau an der richtigen Stelle ansetzt. Es spart Zeit in der Praxis, weil für den Arzt Fahrtwege wegfallen und Vitaldaten nicht mehr per Hand in die Patientenakte übertragen werden müssen. Zu den langfristigen Zielen gehört es, die sich stetig wandelnden technischen Möglichkeiten mit den Bedürfnissen der Praxisteams und der Patienten im ländlichen Raum unter einen Hut zu bringen. Ideen zur Weiterentwicklung gibt es viele, beispielsweise die Einbindung von Pflegefachkräften in Heimen. Technisch soll zudem die Flexibilität des telemedizinischen Rucksacks noch weiter verbessert werden, indem der Inhalt flexibler den jeweiligen Anforderungen des Arztes angepasst werden kann.

Thüringen ist bislang das einzige Bundesland mit einer flächendeckenden Umsetzung der telemedizinischen Hausbesuche. Tests laufen aber auch schon in abgegrenzten Regionen Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens und Bayerns.

Interview

 © privat
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Carola Werner ist MFA in der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis Dres. Starrach und Gräfe in Bad Sulza.

Wie viel Prozent Ihrer Arbeitszeit sind Sie außerhalb der Praxis unterwegs?

Ich verbringe zwischen 30 und 40 Prozent meiner Arbeitszeit außerhalb unserer Praxis und betreue dabei Patienten in ihrer häuslichen Umgebung und in drei Pflegeeinrichtungen.

Wie haben die Patienten darauf reagiert, dass Sie kommen, und nicht der Arzt?

Das wird vom Patienten so gar nicht wahrgenommen. Die meisten Patienten kennen mich seit vielen Jahren aus der Praxis, und in den Pflegeheimen sind die Patienten über zusätzliche Bezugspersonen eher froh. Ich mache die Routinen und bereite notwendige ärztliche Hausbesuche vor. Sehr positiv wird aufgenommen, dass ich beim Hausbesuch doch etwas mehr Zeit habe als der Arzt. Gerade das tut älteren und teils isoliert lebenden Menschen sehr gut. Der Einsatz der Videotelefonie macht den Patienten eher Spaß, als dass es sie verwundert.

Wie werden Ihre Besuche dokumentiert?

Ein Teil der Befunde wird digital über die Geräte im Tele-Rucksack und das Tablet dokumentiert, wie Wunddokumentationen, Assessments, EKG, Spiro und Blutdruck. Einen anderen Teil der Befunde gebe ich per Hand ins PVS ein, wie z. B. INR-Werte oder auch persönliche Eindrücke. Unabhängig davon werden meine Hausbesuche nach der Tour mit den Ärzten besprochen und gleich neue Festlegungen getroffen.

Was könnte Ihrer Meinung nach noch weiter verbessert werden?

Zum einen ist die Abrechnung der von mir erbrachten Leistungen kompliziert und die Abrechnung budgetiert. Außerdem: Ich hätte gern Zugriff über das Tablet des Tele-Rucksack auf die Daten im PVS, um Befunde, Labordaten usw. vergleichen zu können. Aber da scheint sich eine Lösung abzuzeichnen. Mein Chef ist am Thema bereits dran. Das EKG des Tele-Rucksack ist nicht optimal. Hier muss eine ausgereiftere Technik zum Einsatz kommen.