Neue Verordnung, neues Formular
Heilmittel werden schlanker
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Die Heilmittel-Verordnungen waren bisher nicht immer so einfach zu handhaben. Die letzte Neufassung der Heilmittel-Richtlinie fand 2001 statt - seitdem hat sich im Gesundheitssystem und speziell im Bereich Heilmittel viel getan. Die Vorgaben der bisherigen Heilmittel-Richtlinie wurden mit der Zeit immer komplexer und unübersichtlicher. Das führte zu vielen Rückfragen der Kassen in Arzt- und Therapiepraxen und damit zu einem erhöhten Zeit- und Arbeitsaufwand bei allen Beteiligten.
Deshalb hatte sich die Kassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schon vor geraumer Zeit vorgenommen, diesen Wildwuchs zu beschneiden und die Verordnung wieder einfacher und übersichtlicher zu machen. Bürokratieabbau hieß das Zauberwort und schon letztes Jahr meldeten sie Vollzug: Ab Januar 2021 tritt die überarbeitete Heilmittel-Richtlinie in Kraft, in der etliche Angaben nicht mehr benötigt werden - und somit die entsprechenden Formularfelder entfallen können. So wird künftig nicht mehr unterschieden zwischen Erst- und Folgeverordnung sowie Verordnung außerhalb des Regelfalls. Aus diesem Grund wird das Genehmigungsverfahrens bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls ebenfalls nicht mehr benötigt. Auch in Fällen, in denen die orientierende Behandlungsmenge überschritten wird, ist keine Begründung mehr erforderlich. Der Arzt muss die Gründe nur in der jeweiligen Patientenakte vermerken - Therapeuten werden dadurch entlastet.
Verordnungsdatum statt behandlungsfreiem Intervall
Ab wann gilt eine neue Erstverordnung und wie lange gilt das behandlungsfreie Praxisorganisation Intervall? Diese Fragen werden künftig entfallen, denn es gilt nicht mehr der letzte Behandlungstermin, sondern das Ausstellungsdatum der letzten Heilmittelverordnung, und diese ist in der verordnenden Praxis gespeichert. Konkret sieht das dann so aus:
- Liegt die letzte Verordnung keine sechs Monate zurück, wird der bisherige Verordnungsfall fortgesetzt.
- Wenn die letzte Verordnung mehr als sechs Monate zurückliegt, beginnt ein neuer Verordnungsfall.
Die neue Heilmittel-Richtlinie bietet zukünftig auch die Option der sogenannten Blankoverordnung. Dabei nimmt der Arzt weiter die Indikationsstellung und die Verordnung vor, doch der Heilmittelerbringer kann selbst entscheiden, welche Leistung in welcher Dauer und Frequenz benötigt wird. Für welche Indikationen die Blankoverordnung infrage kommt, muss erst noch vertraglich vereinbart werden. In diesem Zusammenhang wurde auch die Zeit bis zum ersten Behandlungstermin angepasst, von 14 auf 28 Tage. Ein dringlicher Behandlungsbedarf kann dann im Bedarfsfall auf der neuen Heilmittelverordnung angekreuzt werden.
Heilmittel-Katalog wird übersichtlicher
Mehr Übersichtlichkeit im Heilmittel-Katalog bringt die Zusammenfassung von Diagnosegruppen. Deutlich wird das vor allem in der Physiotherapie, wo sich die Anzahl von 22 auf 13 Gruppen verringert. Innerhalb der Diagnosegruppen wird zudem nicht mehr zwischen kurz-, mittel- und langfristigem Behandlungsbedarf unterschieden. Außerdem entfällt die Aufrechnung der Verordnungsmengen von vorherigen Verordnungen für verwandte Diagnosegruppen, und auch ein Wechsel zwischen verwandten Diagnosegruppen ist nicht mehr nötig, etwa von WS1 zu WS2. Außerdem wird nur noch zwischen „vorrangigen“ und „ergänzenden“ Heilmitteln unterschieden - die optionalen wurden in die vorrangigen Heilmittel integriert.
Was bisher nur in der Ergotherapie möglich war, gilt mit der neuen Heilmittelrichtlinie auch für die Physiotherapie sowie die Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie: Die Verordnungsmenge je Verordnung kann auf bis zu drei vorrangige Heilmittel aufgeteilt werden. Und ja, Sie haben richtig gelesen: Bald kann auch die Schlucktherapie auf Verordnungen eingetragen werden, sie wird ein eigenes Heilmittel.
Absprachen zu Abweichungen der Frequenzangaben zwischen Therapeut und Arzt wird es in dieser Form nicht mehr brauchen. Die Frequenzempfehlungen können zukünftig auch als Spannen (1–3 Mal wöchentlich) erfolgen. Durch die Vorgabe einer Frequenzspanne können die Behandlungstermine je nach Bedarf flexibler zwischen Heilmittel-Therapeut und Patient vereinbart werden - auch das spart Zeit bei allen Beteiligten.
Das neue Formular 13
Für das Praxisteam die wichtigste Neuerung: Es wird nur noch ein Verordnungsformular für alle Heilmittel geben, statt bisher drei. Auf dem neuen Muster 13, das die bisherigen Muster 13, 14 und 18 ablöst, kann dann jeweils die gewünschte Therapie aus dem Heilmittelkatalog (Physio-, Podologie, Ergo-, Ernährungs-, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie) angekreuzt werden. Dabei kann direkt auf dem Formular festgehalten werden, welche Maßnahme verordnet wird. So kann der Patient auch viel schneller sehen, zu welchem Therapeuten er muss.
Da aufgrund der neuen Heilmittel-Richtlinie viele der bisherigen Formularfelder nicht mehr benötigt werden, entfallen sie einfach, das macht das Formular übersichtlicher. Die Felder sind zudem so angeordnet worden, dass sie sich besser am Workflow der Arztpraxis orientieren. Diagnose und Leitsymptomatik werden nun voneinander getrennt notiert, die Leitsymptomatik dabei über gesonderte Ankreuzfelder. Anhand der Buchstabenkodierung des Heilmittelkatalogs kann der Arzt sie nun schneller und zielgerichteter auswählen.
Drei Heilmittel auf einer Verordnung
Mit der neuen Verordnung lassen sich bis zu drei vorrangige und ein ergänzendes Heilmittel verordnen - in den bisherigen Rezepten war immer nur ein vorrangiges und ein ergänzendes Heilmittel möglich.
Praxisteams müssen beachten, dass die bisherigen Heilmittelverordnungen ab Januar 2021 nicht mehr genutzt werden dürfen. Es empfiehlt sich, die neuen Formulare rechtzeitig bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu bestellen. Zudem wird die Praxisverwaltungs-Software, mit denen sich die Verordnungen ausfüllen lassen, bis zur Umstellung angepasst.
Heilmittel: Grundsätze der Verordnung
Patienten können Heilmittel, wenn sie ärztlicherseits medizinisch zwingend notwendig sind, von zugelassenen Therapeuten erhalten. Zu den Heilmitteln zählen die Physiotherapie (z. B. Krankengymnastik, Massagen), die Sprachtherapie, die Ergotherapie sowie Maßnahmen der Podologie (Fußpflege). Für die Verordnung von Heilmitteln standen bisher folgende Verordnungsmuster zur Verfügung: Physikalische Therapie / Podologische Therapie (Muster 13), Stimm- / Sprech- / Sprachtherapie (Muster 14) und Ergotherapie (Muster 18). Zukünftig werden alle im neuen und übersichtlichen Muster 13 zusammengeführt.
Die Verordnung von Heilmitteln setzt voraus, dass der Arzt vorher geprüft hat, ob das angestrebte Therapieziel nicht auch durch eigenverantwortliche Maßnahmen des Patienten (z. B. durch ein Eigenübungsprogramm, durch allgemeine sportliche Betätigung oder durch Änderung der Lebensführung) erreicht werden kann.