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Online-Coaches der AOK

Heimtrainer für alle

2020 ist das Jahr, in dem das Lernen zuhause – der Corona-Pandemie geschuldet – einen enormen Schub bekommen hat. Doch der Ansatz ist nicht neu. Zu vielen speziellen Themen gibt es schon lange inhaltlich hochwertig und didaktisch gut aufbereitete Kurse im Internet. Wie die Online-Coaches der AOK.
© Blue Planet Studio – stock.adobe.com
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Die Vorteile des elektronischen Lernens, international auch „E-Learning“ genannt, sind offensichtlich: zeitunabhängiges Lernen, das gleichzeitig flexibel und individuell anpassbar ist. Und deshalb steigt schon seit 20 Jahren der Anteil des E-Learnings an der Wissensvermittlung ständig an. Wer etwas lernen will, kann das jederzeit und überall tun – und dabei den Lernfortschritt seinen eigenen Bedürfnissen anpassen.

Deshalb bieten viele Unternehmen elektronische Trainingskurse für die Schulung neuer Mitarbeiter oder zu speziellen Themen an, Universitäten ergänzen die Vorlesungen und Übungen durch multimediale elektronische Komponenten und auch im medizinischen Bereich werden immer mehr Beratungen und Schulungen elektronisch angeboten – im medizinischen Umfeld spricht man dann von Online-Kursen.

Medizinischer Nutzen

Von den medizinischen Fachgebieten gelten Psychiatrie und Psychotherapie als besonders geeignet für solche Online- Interventionen. Dazu gehört auch, dass sie

  • aufgrund der Anonymität für Benutzer eine besonders niedrige Einstiegshürde haben,
  • dem Nutzer die Möglichkeit bieten, seine Lern- und Erfahrungsprozesse von Anfang bis Ende selbst zu steuern und damit seine Selbstmanagementkompetenzen und seine Selbstwirksamkeit zu entwickeln,
  • auf das Informationsverhalten der „Internetgenerationen“ abgestimmt sind – und die reichen von unter 20 Jahren bis 60 plus und
  • als Internetvariante „klassischer“ Angebote inhaltlich gut evaluiert sind.

Die Chancen, die Online-Selbsthilfeprogramme bieten, blieben allerdings lange weitgehend ungenutzt. So richtig in der realen Welt gelandet sind alle Arten des E-Learnings erst mit der Corona-Pandemie und dem Lockdown. Doch schon einige Jahre vorher waren die ersten Online-Coaches der AOK verfügbar. Vier davon wollen wir Ihnen hier noch einmal kurz vorstellen.

Moodgym bei depressiven Symptomen

Das Programm „moodgym“ wurde zur Prävention und Linderung depressiver Symptome konzipiert und besteht aus insgesamt fünf Bausteinen, die Hilfe zur Selbsthilfe sowie nützliche Tipps und Anregungen für einen besseren Umgang mit psychischen Belastungen geben können. Virtuelle Personen begleiten die Patienten durch das Programm: Da ist beispielsweise Viktoria, die ständig an sich zweifelt und von der Zukunft nur Misserfolge erwartet. Aber da ist auch Nullproblemo, ein selbstsicherer, lebenslustiger Typ, der selbst schwierigen Situationen etwas Positives abgewinnen kann. Alle haben das gleiche Ziel: Sie machen den Nutzern Mut, ihre Situation anders als bisher zu interpretieren und ermöglichen es ihnen so, aktiver zu werden und selbst etwas gegen ihre Beschwerden zu unternehmen. Hilfe zur Selbsthilfe also.

Der Nutzen von moodgym ist auch für den Einsatz in deutschen Hausarztpraxen wissenschaftlich nachgewiesen worden. Eine randomisierte und kontrollierte Studie der Universität Leipzig zeigt, dass die depressiven Symptome bei Patienten, die zusätzlich zur Behandlung durch ihren Hausarzt das Programm nutzten, signifikant stärker zurückgingen als in einer Kontrollgruppe. Dieser Effekt von moodgym war sowohl sechs Wochen als auch sechs Monate nach der Anwendung messbar.

Viele positive Aspekte

 © AOK
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Das Programm moodgym basiert auf den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie und ist von australischen Wissenschaftlern speziell zur Vorbeugung und Linderung depressiver Symptome entwickelt worden. Die AOK hat die deutsche Fassung des international eingesetzten Programms und die Evaluation in deutschen Hausarztpraxen durch das Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ermöglicht. Das Programm steht allen Interessierten – nicht nur AOK- Versicherten – zur anonymen und kostenlosen Nutzung zur Verfügung.

Unterstützung für Angehörige

Die anderen drei Online-Coaches richten sich in erster Linie an Angehörige von erkrankten oder pflegebedürftigen Menschen. Der „Familiencoach Pflege“ soll die Psyche von pflegenden Angehörigen stärken und sie vor Überlastung schützen. Ergebnisse einer reprä- sentativen Befragung für den „Pflege- Report 2020“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigen den Bedarf: Danach ist jede vierte Person, die einen Angehörigen zu Hause pflegt, durch die Pflege „hoch belastet“.

Der Familiencoach Pflege vermittelt unter anderem, wie wichtig es für pflegende Angehörige ist, sich nicht zu isolieren, sondern auch in schwierigen Zeiten persönliche Kontakte zu Freunden, Bekannten und Nachbarn aufrecht zu erhalten. Auch der Umgang mit schwierigen Gefühlen wie Trauer, Wut, Ekel oder Angst ist ein Thema beim Familiencoach Pflege. Die Nutzer können sich im Programm die Themen, die für ihre Situation besonders relevant sind, individuell anzeigen lassen. In interaktiven Übungen erhalten sie ein maßgeschneidertes Feedback, können sich Filme zu schwierigen Alltags-Situationen sowie Interviews mit Experten ansehen und Hörübungen zur Entspannung und Achtsamkeit nutzen.

Um den Umgang mit depressiv erkrankten Familienmitgliedern oder Freunden geht es beim „Familiencoach Depression“. Das wissenschaftlich fundierte Online-Programm zeigt unter anderem mit Filmen, Hörübungen und Experteninterviews, wie es gelingen kann, die Beziehung zum erkrankten Angehörigen wieder zu stärken, mit Krisensituationen umzugehen, den Erkrankten zu unterstützen und sich selbst in dieser schwierigen Situation nicht zu überfordern. Zudem vermittelt das Programm Wissen über die Erkrankung. Das „Deutschland-Barometer Depression“ hatte zum Teil erheblichen Informationsbedarf bei den Angehörigen gezeigt.

Elterntrainer

Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) können für Eltern eine besondere Herausforderung darstellen. Mit dem „ADHS-Elterntrainer“, einem wissenschaftlich fundierten Online-Programm, unterstützt die AOK in Kooperation mit der Universität Köln betroffene Eltern. Der Online-Trainer hilft bei typischen Erziehungsproblemen und ist besonders für hyperaktive und impulsive Kinder geeignet – mit oder ohne ADHS-Diagnose. Anhand von 44 Filmsequenzen zu typischen Situationen aus dem Familienalltag vermittelt das Trainingsprogramm einfache verhaltenstherapeutisch basierte Methoden. Eltern können sie schnell und unkompliziert anwenden. Auch dieses Angebot der AOK ist für alle Interessierten kostenlos und anonym zugänglich.
www.moodgym.de
www.familiencoach-pflege.de
www.familiencoach-depression.de
www.adhs-elterntrainer.de