Editorial
Keine einseitige Betrachtung!
Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. hat in den vergangenen mehr als zwei Pandemiejahren einiges vorangebracht. Mit unseren Aktivitäten, Protestaktionen, Stellungnahmen im Gesundheitsausschuss und Wahlprüfsteinen, aber vor allen durch viele, viele Gespräche mit Politiker*innen ist es uns gelungen, dass MFA für die Verantwortlichen in der Politik nicht mehr das unbekannte Wesen sind. Natürlich sind wir damit nicht zufrieden. Denn noch immer werden unsere medizinischen Kompetenzen übersehen. Aber genau diese fundierten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse sind die Basis für die berufliche Handlungsfähigkeit. Daraus entsteht das Vertrauen der Patientinnen und Patienten, das sie uns als MFA entgegenbringen, wenn sie sich mit ihren Fragen an uns wenden – und wir diese Fragen kompetent und umfänglich beantworten. Eine Flashmob-Studie der Universität Witten-Herdecke hat das unlängst bewiesen: 90 Prozent der Fragen rund um Corona haben MFA am Telefon beantwortet. In den geltenden Honorarkatalogen werden diese Leistungen aber nicht adäquat abgebildet und in der Pandemiebekämpfung nicht wahrgenommen.
»Unsere medizinischen Kompetenzen werden übersehen«
Doch statt die GOÄ zu novellieren, die Leistungen der MFA in den Honorarkatalogen zu berücksichtigen und analog der Pflege Tariferhöhungen vollumfänglich und zeitnah gegenzufinanzieren, erwarten uns Sparpläne, um die krisen- und pandemiebedingten Finanzierungslücken zu schließen.
Mit Blick auf diese Entwicklung ist es schwierig, den Chef oder die Chefin auf den steuerfreien Corona-Sonderbonus, der bis zum 31. Dezember 2022 bis zur Höhe von 4.500 Euro vom Arbeitgeber gezahlt werden kann, anzusprechen. Denn anders als in der Pflege wird dieser nicht staatlich gegenfinanziert. Trotzdem sollten Sie das Gespräch gezielt suchen und gemeinsam das Machbare ausloten, denn die steigende Inflation betrifft Berufe wie unseren besonders. Die staatlichen Hilfspakete können die aktuelle Mehrbelastung nur bedingt ausgleichen.
Noch immer arbeiten MFA am Limit. Bei steigenden Infektionszahlen werden weiterhin mehr als 90 Prozent der Betroffenen durch die Teams niedergelassener Arztpraxen betreut und versorgt. Der zunehmende Fachkräfteengpass ist auch Resultat der hohen Abwanderung aufgrund fehlender Wertschätzung. Auf diese Zusammenhänge werden wir die politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen erneut aufmerksam machen.
Hannelore König
Präsidentin Verband medizinischer Fachberufe e.V.