Telemedizin in der Hausarztpraxis
MFA im Holodeck?
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Ziel Qualitätsverbesserung
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Bei dramatischen Verschlechterungen des Gesundheitszustandes wird auch schon mal der Notarzt in Bewegung gesetzt.
Telemedizinische Verfahren werden in größerem Umfang seit mehr als 20 Jahren erprobt – vor allem dort, wo medizinische Versorgung nicht gerade um die Ecke zu haben ist. Vorreiter waren Raumfahrer, Weltumsegler und Soldaten bei Auslandseinsätzen. Aber auch Flächenländer mit dünn besiedelten Gebieten wie Kanada oder Norwegen haben früh einen Bedarf für telemedizinische Anwendungen gesehen.
Nun ist Deutschland nicht der wilde Westen, deshalb wird Telemedizin hier auch mit einem ganz anderen Ziel eingesetzt: der Qualitätsverbesserung. Dazu gehören die Verbesserung der Versorgungsqualität durch eingesparte Wege zum Arzt, aber auch das Einholen zusätzlicher Expertenmeinungen und an allererster Stelle das Verhindern von Notfällen durch apparative Beobachtung. Vor allem das Telemonitoring von Herzinsuffizienzpatienten wird zurzeit in mehreren Projekten untersucht. Wir stellen Ihnen zwei beispielhafte Projekte vor, die zeigen, wie Telemedizin in der Hausarztpraxis tatsächlich aussehen könnte.
Ziel Qualitätsverbesserung
Aufbau und Struktur des Telemedizinprojektes Partnership for the Heart im Überblick
Partnership for the Heart heißt ein Projekt, das im Raum Stuttgart und in Berlin-Brandenburg durchgeführt und unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium und der BARMER GEK unterstützt wurde. Die Patienten übermittelten hier täglich EKG, Sauerstoffsättigung des Blutes, Blutdruckwerte, Gewicht und eine Selbsteinschätzung ihres gesundheitlichen Zustands automatisiert mittels eines PDA (Personal Digital Assistant , ein kleiner tragbarer Computer) an die telemedizinischen Zentren. Dort wurden die Werte überprüft und bei Bedarf nahm das ärztliche Personal umgehend Kontakt mit den Patienten auf. Gegebenenfalls wurde die Medikation angepasst, der Hausarzt verständigt oder bei dramatischen Verschlechterungen gleich der Notarzt gerufen.
Viele Patienten profitieren
Die begleitende Studie zeigt zwei Dinge: Zwar wurde die Gesamtsterblichkeit der telemedizinisch betreuten Patienten nicht verringert, aber einige klar definierte Patientengruppen mit chronischer Herzinsuffizienz profitieren von der telemedizinischen Betreuung. Bei Patienten, die stationär behandelt wurden, deren Herzleistung aber nicht zu schwach war und die keine Symptome einer Depression aufwiesen, konnte die kardiovaskuläre Sterblichkeit um 52 Prozent gegenüber der Kontrollgruppe gesenkt werden. Zudem stieg die Lebensqualität dieser Patienten, und sie mussten seltener in ein Krankenhaus eingewiesen werden.
Beim Tele-Hausarzt
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Im HeiTel-Projekt der Universität Heidelberg und der AOK wird eine der Studiengruppen vom Team der Hausarztpraxis telemedizinisch betreut.
Auch beim IV-Vertrag HeiTel zwischen dem Universitätsklinikum Heidelberg und der AOK Baden-Württemberg geht es um die telemedizinische Betreuung von Patienten mit Herzschwäche. Und auch hier werden über die Telefonleitung Werte wie Blutdruck, Puls und Körpergewicht automatisiert im telemedizinischen Zentrum dokumentiert. Weichen die Werte von den individuellen Grenzwerten ab, nimmt das medizinische Team mit dem betreuenden Hausarzt Kontakt auf. Mehr als 200 Praxen sind an dem Projekt beteiligt. Eine neue Studie soll jetzt klären, wie sich die medizinische Betreuung durch den Hausarzt, mit oder ohne Telemedizin, von der Betreuung durch die Fachambulanz unterscheidet. Dazu werden 30 Patienten durch den Hausarzt telemedizinisch betreut, 30 Patienten sind in herkömmlicher hausärztlicher Versorgung und 30 Patienten werden durch die Heidelberger Fachambulanz überwacht.
Waage mit Online-Anschluss
Da plötzliche Gewichtsschwankungen bei Herzinsuffizienz ein Alarmsignal sein können, erhalten Patienten bei Notwendigkeit eine Waage mit Modemanschluss, die ihr Gewicht automatisch an das Betreuungszentrum übermittelt. Im Falle eines gefährlichen Gewichtsanstieges kann so rechtzeitig gewarnt werden, bevor der Gesundheitszustand sich drastisch verschlechtert.
Nach ersten, positiven Studienergebnissen soll es in diesem Jahr die Ergebnisse der gesundheitsökonomischen Begleitforschung geben. Außerdem werden weitere Detailanalysen durchgeführt. Ziel ist es, die ganzheitliche Patientenversorgung weiter zu verbessern. Angst um ihren Job müssen Hausärzte und ihre Praxisteams deswegen aber nicht haben. Denn klar ist längst auch: Die telemedizinischen Zentren unterstützen die Teams der Hausarztpraxen bei der Betreuung, sie können und sollen sie nicht ersetzen. Die Studien belegen eindeutig, dass die Zusammenarbeit von telemedizinischen Zentren und niedergelassenen Haus- und Fachärzten zumindest bei Patienten mit Herzschwäche viel Potenzial hat. Verschlechterungen des Gesundheitszustandes wurden schneller erkannt, so dass zügig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden konnten. In einigen Fällen war die enge Betreuung durch das Zusammenspiel von Hausarztpraxen und telemedizinischen Zentren sogar lebensrettend.
Webtipp
Weitere Informationen unter
www.partnership-of-the-heart.de
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Telemedizin-HeiTel.3431.0.html