Serie Arzneimittelverordnung
Neuordnung der Verordnung
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Serie Arzneimittelverordnung
- Neuordnung der Verordnung (2/2011)
- Polypharmazie: Tatort Pillenbox (3/2011)
- Darreichung (4/2011)
Jedem Patienten müssen im Krankheitsfall die besten und wirksamsten Arzneimittel zur Verfügung stehen. Das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) soll sicherstellen, dass dieses hehre Ziel auch zukünftig gewährleistet werden kann. Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz enthält neben Regelungen zur künftigen Preisbildung neuer patentgeschützter Arzneistoffe auch einige Paragrafen, die für die Verschreibung und Abgabe in der Apotheke von Bedeutung sind. So sieht es unter anderem vor, dass Patienten ein anderes Medikament wählen können, wenn bestimmte Voraussetzungen für den Austausch erfüllt sind.
Wirkstoffgleiche Generika
Als Generikum bezeichnet man ein Arzneimittel, das eine wirkstoffgleiche Kopie eines bereits unter einem Markennamen auf dem Markt befindlichen Medikaments ist. Es ist mit dem Originalprodukt in Wirksamkeit und Sicherheit identisch, die Preise betragen mitunter aber nur einen Bruchteil des Preises der Originalpräparate. Damit ist ein Austausch ohne Risiko, denn Generika werden wie die Originalpräparate in gleicher Weise vor der Zulassung geprüft und unterliegen sehr hohen Sicherheitsstandards. Mit dem AMNOG wurde jetzt klarer geregelt, wann der Apotheker ein verordnetes Medikament gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel Austauschen darf: Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Arzt lässt den Austausch des verordneten Medikaments zu.
- Das verordnete Medikament und das wirkstoffgleiche Arzneimittel beinhalten den gleichen Wirkstoff und die identische Wirkstoffmenge je Einzeldosis.
- Verordnetes Medikament und wirkstoffgleiches Arzneimittel haben die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform.
- Verordnetes Medikament und wirkstoffgleiches Arzneimittel haben die gleiche Normpackungsgröße (N1, N2 oder N3).
- Verordnetes Medikament und wirkstoffgleiches Arzneimittel haben ein gleiches Anwendungsgebiet.
Bei der Packungsgröße ist es entscheidend, dass die Kennzeichnung (N1, N2, N3) übereinstimmt – es kommt nicht darauf an, dass eine Packung exakt die gleiche Anzahl an Tabletten enthält. Der Patient weiß also: In der Apotheke bekommt er immer ein Mittel, das den verschriebenen Wirkstoff in der gleichen Wirkstärke enthält – unabhängig von welchem Hersteller.
Der Zusatz aut idem auf dem Rezept ist nicht neu. Er erlaubt es dem Apotheker, dem Patienten anstelle des genannten ein anderes, wirkstoffgleiches Medikament auszuhändigen. Der Begriff bedeutet wörtlich oder ein Gleiches. Auf den Rezeptformularen sind aut idem Kästchen angebracht, die der Arzt durchstreicht, wenn er den Austausch für zu problematisch hält. Ansonsten sind die Apotheken verpflichtet, Arzneimittel von Herstellern abzugeben, mit denen die jeweilige Krankenkasse einen Rabattvertrag hat oder die entsprechend preisgünstig sind.
Erstattung für Wahlmedikamente
Das neue Gesetz enthält eine Regelung, nach der Versicherte in der Apotheke selbst ein anderes, wirkstoffgleiches Medikament wählen dürfen, wenn die Voraussetzungen für einen Austausch erfüllt sind (siehe oben). Unter diese Neuregelung fallen nicht nur rabattbegünstigte Arzneimittel, sondern generell Medikamente, die im Rahmen der Substitution in der Apotheke ausgetauscht werden. Machen Patienten von der Regelung Gebrauch, so müssen Sie das Arzneimittel in der Apotheke zunächst komplett selbst bezahlen. Die Erstattung findet anschließend durch die Krankenkasse statt. Diese darf gegen Vorlage der Rezeptkopie und Quittung lediglich die Kosten des Arzneimittels in der Höhe erstatten, die ihr bei einer Versorgung des Patienten im Normalfall entstanden wären. Diese Wahlmöglichkeit kann mit erheblichen Kosten für die Patienten verbunden sein, da neben der gesetzlichen Zuzahlung Mehrkosten, d.h. der Aufpreis für das Wahlmedikament sowie Kosten für den Verwaltungsmehraufwand anfallen. Da es aber keinen medizinischen Zusatznutzen in diesen Fällen gibt, raten die Kassen von dieser teueren Alternative ab.
Festbeträge für Arzneimittel
Bundesministerium für Gesundheit
Festbeträge für Arzneimittel sind ein effi zientes Mittel zur Kostendämpfung.
Auf dem Markt gibt es viele Arzneimittel in vergleichbarer Qualität, mit vergleichbarer Wirkung und zum Teil auch identischer Zusammensetzung, deren Preise aber sehr unterschiedlich sind. Um unnötige Ausgaben für die Krankenkassen zu vermeiden, gibt es deshalb seit 1989 sogenannte Festbeträge für viele Arzneimittel, die in Gruppen zusammengefasst sind. Soweit ein neues patentgeschütztes Arzneimittel besser wirkt oder weniger Nebenwirkungen zeigt als vergleichbare Präparate, ist es von der Festbetragsgruppenbildung ausgenommen.
In der Praxis heißt das: Die Krankenkassen zahlen für vergleichbare Arzneimittel einen festen Betrag, sagen wir 15 Euro für ein cholesterinsenkendes Arzneimittel (Statin) einer bestimmten Wirkstoffstärke und Packungsgröße. Liegt der Preis für ein Statin eines bestimmten Herstellers höher, sagen wir bei 40 Euro, dann muss der Patient den Differenzbetrag von 25 Euro aus der eigenen Tasche zahlen. Wenn der Arzt ein Arzneimittel verordnet, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, muss er den Patienten darauf hinweisen.
Als Praxisteam unterstützen
Das Praxisteam kann den Arzt unterstützen, indem es die Patienten auf eine mögliche Umstellung vorbereitet und nach erfolgter Umstellung durch den Arzt den weiteren Verordnungsweg begleitet. Für alle Arzneimittel, für die es keinen Arzneimittelrabattvertrag oder mehrere Rabattpartner gibt, kann das Präparat von Verschreibung zu Verschreibung wechseln – abhängig von den aktuellen Preisen. Das kann mitunter zu Unsicherheit bei den Patienten führen, weil Farbe und Aussehen des Medikaments wechseln. Dann ist es besonders wichtig, dass Sie die Patienten unterstützen und ihnen ihre Unsicherheit nehmen, indem Sie über die Hintergründe aufklären. Mehr darüber im Kasten So argumentieren Sie richtig. Medikamente in Rabattverträgen bleiben für die Laufzeit von zwei Jahren gleich, bei mehreren Rabattpartnern können jedoch auch hier die Produkte wechseln.
Bei Nachverordnung beachten
Ein häufiger Fehler bei der notwendigen Nachverordnung ist das Beibehalten von kleinen Packungsgrößen, die zu Beginn einer Therapie oft eingesetzt werden. Bei einer erforderlichen Nachverordnung macht es aber Sinn, den relativen Preisvorteil einer großen Packung zu nutzen, wenn die Therapie auf Dauer angelegt ist und somit der Bedarf für eine solche Menge an Arzneimittel besteht.
So argumentieren Sie richtig
Grundsätzlich gilt: Wird ein Medikament gegen ein anderes ausgetauscht, muss das Präparat therapeutisch gleichwertig sein. Die Umstellung auf ein anderes Medikament mit demselben Wirkstoff in gleicher Dosierung und Darreichungsform ist also keinesfalls ein therapeutischer Qualitätsverlust, sondern führt lediglich zur Kosteneinsparung. Weitere Argumente im Rahmen einer Umstellung sind:
- Generika kommen von sehr zuverlässigen Herstellern und sind – wie alle Arzneimittel in Deutschland – offiziell behördlich geprüft und zugelassen.
- Das neue Medikament enthält den gleichen Wirkstoff in der selben Dosierung.
- Wahlmedikamente, bei denen die Patienten die Mehrkosten selbst tragen, haben keinen Zusatznutzen.