Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

In der letzten Ausgabe von info Praxisteam hatten wir Ihnen die Grundfunktionalitäten der elektronischen Patientenakte (ePA) vorgestellt. Jetzt wird es ernst: Ab 1. Juli 2021 wird die ePA zunehmend Platz in Ihrem Praxisalltag einnehmen. Dazu braucht es Expertise auf zwei Seiten: Bei dem Versicherten und beim Praxisteam.
© gematik GmbH
© gematik GmbH

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verpflichtet die gesetzlichen Krankenkassen, ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte nach §291a SGB V zur Verfügung zu stellen. Seit 1. Januar 2021 lief zunächst der Testbetrieb in rund 25 Praxen, im 2. Quartal wurde die Software der Infrastruktur auf den erforderlichen Stand gebracht. Zum 30. Juni 2021, so will es das Gesetz, muss jede Praxis in der Lage sein, eine ePA zu befüllen.

Alle gesetzlichen Krankenkassen unterliegen den technischen Vorgaben, die laut Gesetzgeber von der für die Einführung zuständigen gematik definiert wurden. Insofern basieren alle elektronischen Patientenakten auf denselben Grundfunktionen. Der Zugang zur elektronischen Patientenakte erfolgt einheitlich über Ihr Praxisverwaltungssystem, unabhängig davon, ob Ihre Patienten bei der AOK oder einer anderen gesetzlichen Krankenkasse versichert sind.

In den Quartalen 1 und 2/2021 wurden die zugelassenen Konnektoren zunächst getestet, dann wurde die neue Version auf allen installierten Konnektoren eingespielt. Auch die Hersteller der Praxisverwaltungssoftware haben ihre Hausaufgaben gemacht und die Software entsprechend vorbereitet. Ab 1. Juli 2021 soll die Infrastruktur stehen und die Praxen sind ePA-fähig – vorausgesetzt, in der Praxis liegt mindestens ein aktueller elektronischer Heilberufeausweis (eHBA) vor. Der ist zur Authentifizierung erforderlich. Die Praxis erhält den Zugang zur ePA von den Patienten selbst. Die Patienten entscheiden, ob Ihre Praxis oder eine andere Institution, etwa ein Krankenhaus oder eine Apotheke, die Daten in der elektronischen Patientenakte einsehen und Dokumente in diese hochladen oder bearbeiten darf. Die Praxen sind nicht verpflichtet, alle Daten aus dem PVS in die ePA zu überspielen. Sinnvoll sind sicher die aktuellsten Dokumente und alle Befunde, die mit chronischen Erkrankungen zu tun haben. Hier liegt es im Ermessen von Arzt und Patient, die richtige Auswahl der relevanten Daten zu treffen. Wichtig: Die Daten müssen auch nicht auf einen Rutsch übertragen werden, das kann genauso sukzessive der Fall sein. Dabei sollte auch überprüft werden, ob für den Patienten bereits ein Notfall-Datensatz angelegt ist – und wenn nicht, sollte das möglichst schnell ergänzt werden.

Ein Werkzeug für die Praxis

Screenshots
© gematik GmbH

Die gematik betont immer, dass die ePA kein Werkzeug allein für Ärzte ist, sondern für das komplette Praxisteam. Das zeigt sich schon daran, dass der Patient der Praxis eine Zugriffserlaubnis erteilt.

Wie das im Alltag organisiert werden wird, dürfte sich von Praxis zu Praxis unterscheiden, wie sich auch heute die Abläufe unterscheiden. Wir skizzieren im Folgenden ein Szenario an der Rezeption in einer modernen Praxis, welche die ePA als nützliches Werkzeug für sich identifiziert hat.

Sobald sich der Patient an der Rezeption anmeldet, fragt die MFA ihn, ob er bereits eine ePA nutzt. Antwortet er mit ja, fragt sie ihn, ob er der Praxis Zugriff auf die Daten gewährt. Tut er das, gibt es zwei Möglichkeiten. Der Patient kann die Praxis direkt über die ePA-App in seinem Smartphone freischalten. Wenn der Patient kein Smartphone mit ePAApp dabei hat, kann die MFA die Anfrage an das Kartenterminal mit der eGK des Versicherten schicken, und der kann den Zugriff mit seiner PIN autorisieren. Die Patienten bestimmen auch, wie lange eine Praxis Zugriff auf ihre elektronische Patientenakte hat. Zugriffsrechte können aktuell von einem 1 Tag bis zu 18 Monaten gewährt werden.

Angenommen, der Patient kommt wegen seiner Allergie in die Praxis und war kürzlich beim Allergologen. Dann kann die MFA die in der ePA gespeicherten Daten zu diesem Besuch gleich ins PVS übernehmen, wo der Arzt oder die Ärztin sie beim Patientengespräch gleich sehen können. Neue Medikationen o. ä. können danach sofort wieder in die ePA zurückgestellt werden.

Damit die ePA die Maßnahmen transparenter und einfacher machen kann, sollten alle dafür relevanten Dokumente auch dort gespeichert sein. Dies betrifft nicht nur Unterlagen, die für die Behandlung des Patienten in der eigenen Praxis wichtig sind, sondern auch Daten, die für Kollegen oder andere Leistungserbringer wesentlich sein könnten. Dazu gehören unter anderem:

  • der Medikationsplan für Patienten, die drei oder mehr verschreibungspflichtige Medikamente gleichzeitig einnehmen;

  • der Notfalldatensatz, der im Notfall medizinische Daten wie Diagnosen, Allergien oder Unverträglichkeiten zugänglich macht und Informationen zum Aufbewahrungsort von Dokumenten wie der Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung oder der Erklärung zu Organ- und Gewebespenden enthalten kann;

  • elektronische Arztbriefe (eArztbriefe), in denen wichtige Informationen dokumentiert sind und die mit Kollegen zum Beispiel im Fall einer Überweisung geteilt werden sollen;

  • Laborergebnisse, Therapie- und Behandlungsberichte, Befunde oder Diagnosen. Diese können auch in unstrukturierter Form, also zum Beispiel als PDF in die elektronische Patientenakte eingestellt werden.

    Das ist mit einem gewissen Aufwand verbunden, aber viele Dinge wie der Notfalldatensatz oder das Erstbefüllen sind einmalige Aufwände. Und der laufende Aufwand ist nicht größer, als Arztbriefe aus anderen Praxen anzufordern und zu verwalten.

Interview

Portrait
Charly Bunar ist strategischer Produktmanager für die ePA bei der gematik.

Können Hausarztpraxen eine ePA für ihre Patienten anlegen?

Nein. Es ist so geregelt, dass die Krankenkassen eine elektronische Patientenakte für ihre Versicherten anlegen, wenn der Versicherte das möchte. Diese Akte sinnvoll zu befüllen und zu pflegen, wird aber in erster Linie eine Aufgabe der jeweiligen Hausarztpraxis sein.

Mit welchen Geräten können Patienten die elektronische Patientenakte nutzen?

Patienten können die ePA-App auf ihrem mobilen Gerät mit iOS- oder Android-Betriebssystem installieren. In welcher Form ein Zugang für DesktopNutzer möglich ist, wird derzeit geprüft.

Welche Funktionen bietet die elektronische Patientenakte für Arztpraxen?

Arztpraxen können Gesundheitsdokumente in die elektronische Patientenakte einstellen, diese herunterladen und lesen, sofern sie von ihren Patienten die nötigen Zugriffsrechte erhalten haben. Diese Informationen sollten regelmäßig aktualisiert werden.