Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Serie Patiententypen, Teil 3

Junge und alte Patienten

Die jüngsten Patienten und die ältesten Patienten brauchen an der Rezeption und im Wartezimmer oft unsere ganz besondere Aufmerksamkeit. Und sie haben trotz des riesigen Altersunterschiedes sehr ähnliche Bedürfnisse: Sie wollen vor allem ernst genommen werden.
© Sunny studio, Ljupco Smokovski, F.Schmidt – fotolia.com (montiert)
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Die ersten Teile unserer Serie Patiententypen hatten sich mit schwierigen Individuen beschäftigt: Nörglern, Cholerikern und Besserwissern. In diesem Teil geht es um Kinder und Alte – Patientengruppen, die den normalen Praxisablauf noch nicht oder nicht mehr verstehen.

Kinder und ihre Eltern

© Marius Pawlitza
© Marius Pawlitza
Ein Arztbesuch mit Wartezeit ist todlangweilig. Schnell kommt dann an der Rezeption die Frage: „Was machst denn du da?“.

Kinder kommen nie freiwillig zu Ihnen in die Praxis, sondern weil die Eltern sie mitnehmen. Statt zu Hause oder im Kindergarten mit Freunden zu spielen, sitzen sie jetzt im Wartezimmer. Und das ist erst einmal todlangweilig.

In Praxen mit höherem Kinderanteil gibt es deshalb oft Spielecken. Aber auch wenn Ihre Praxis dazu keinen Platz vorsieht, können Sie etwas für die Unterhaltung der Kinder tun. Wo für die Erwachsenen Zeitungen und Zeitschriften ausliegen, sorgen zwei oder drei Kinderbücher und ein paar Malstifte auch bei den Kleinen zumindest vorübergehend für etwas Abwechslung.

Versuchen Sie die Wartezeiten kurz zu halten, etwa indem Sie für Kinder Randtermine vergeben. Denn spätestens nach zehn Minuten ist auch das spannendste Kinderbuch langweilig und der kleine Patient sucht sich eine andere Beschäftigung. Das kann zum Beispiel eine Erkundungstour durch Wartezimmer und Rezeption sein, schließlich gibt es hier viel zu entdecken. Dabei sind Sie als Kommunikationspartner immer gefragt, gleich ob das Kind mit der Frage Wer bist denn du? auf Sie zukommt oder nur erwartungsvoll neben dem Tresen steht. Sprechen Sie das Kind, wenn möglich, immer mit seinem Namen an und benutzen Sie eine Eisbrecherfrage, etwa nach seinem Lieblingstier oder nach einer Fernsehsendung.

Kommt die Sprache auf die bevorstehende Untersuchung oder Behandlung, erklären Sie am besten spielerisch, was gemacht werden soll. Und sagen Sie dem Kind immer die Wahrheit. Wenn Sie etwa wissen, dass eine Impfung ansteht, dürfen Sie nie sagen, die Spritze würde nicht weh tun. Sagen Sie lieber: Das tut ein bisschen weh. Der schlimmste Vorwurf hinterher kann dann lauten: Das war aber mehr als nur ein bisschen...

Genauso wichtig ist der Umgang mit der Begleitperson, denn sie hat großen Einfluss auf das Verhalten des Kindes. Eine hektische Mutter oder ein ängstlicher Vater machen schnell auch das Kind nervös. Versuchen Sie daher, gelassen zu reagieren und alle gemeinsam anzusprechen.

Pubertierende Jugendliche

Jugendliche sehen selten eine Notwendigkeit zum Arzt zu gehen, entsprechend tauchen sie nur bei akuten Krankheiten in der Praxis auf. Oft werden Jugendliche von den Eltern begleitet, obwohl ihnen das vielleicht eher unangenehm ist. Dann stellt sich immer die Frage: Soll die ärztliche Untersuchung mit oder ohne Eltern stattfinden? Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt und die richtige Antwort ist auch vom Alter abhängig. Zu Beginn der Pubertät sollten beide Möglichkeiten gleichwertig angeboten werden. Idealerweise hat der Jugendliche dann die Möglichkeit zu entscheiden.

Ab Mitte der Pubertät, bei Mädchen etwa ab 13, bei Jungs ab 14, ist es dann eher normal, dass der Jugendliche alleine zur Untersuchung geht. Wenn Jugendliche mit Eltern in die Praxis kommen, sollten Sie das Thema auf jeden Fall bei der Anmeldung schon ansprechen. Zum Beispiel mit folgender Formulierung: Bitte sprechen Sie sich ab, ob sie zusammen ins Untersuchungszimmer gehen möchten oder der Patient alleine. Erfahrungsgemäß nehmen pubertierende Jugendliche das gleichgeschlechtliche Elternteil eher mit zur Untersuchung als das gegengeschlechtliche.

Alte Patienten

© Marius Pawlitza
© Marius Pawlitza
Die Crux des hohen Alters: Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit schwinden, die Kommunikation wird schwieriger.

Im Alter verändern viele Menschen ihr Verhalten. Patienten, die früher aktiv und aufgeschlossen waren, meiden Kontakte und ziehen sich zurück. Andere werden vermeintlich grundlos aggressiv und misstrauisch und viele Betroffene sind unruhig und ängstlich. Die Ursachen liegen manchmal auf der Hand: Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit schwinden, Seh- oder Hörschwächen machen die Kommunikation schwieriger und mögliche Folgen durchlebter Krankheiten – etwa eines Schlaganfalls – können zu deutlichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit führen.

Bei einigen Menschen ist das veränderte Verhalten im Alter Anzeichen für eine beginnende Demenzerkrankung. Doch Verhaltensauffälligkeiten gehen nicht zwangsläufig einer Demenz voraus. Sie können auch erst später auftreten oder ganz ausbleiben. Und andere Patienten zeigen ein verändertes Verhalten, ohne jemals an einer Demenz zu erkranken. Ob es sich um eine normale Alterserscheinung handelt oder ob eine Krankheit vorliegt, kann nur der Arzt feststellen. Weisen Sie ihn deshalb darauf hin, wenn Sie an der Rezeption bei einem Patienten auffälliges Verhalten entdecken.

Trotz aller Einschränkungen kommen viele ältere Patienten ohne Begleitung in die Praxis und fühlen sich dort entsprechend unsicher. Helfen Sie diesen Patienten, indem Sie besonders aufmerksam mit ihnen umgehen. Gerade für allein lebende Menschen ist der Gang zur Arztpraxis oft einer der wenigen sozialen Kontakte, die ihnen geblieben sind. Mehr Gespräche und weniger Medikamente, lautet die Devise für den Umgang mit solchen Patienten.

Nehmen Sie sich, wenn die Zeit es erlaubt, einen Moment für einen freundlichen small talk. Zeigen Sie authentisches Interesse am Befinden des Patienten und versuchen Sie, respektvoll und fürsorglich mit ihm umzugehen. Das ist oft leichter gesagt als getan: Denn einerseits können Geh- oder Sehbehinderung eine besondere Betreuung durch das Praxisteam erfordern, andererseits sind diese Menschen es oft gewohnt, trotz ihrer Behinderung selbstständig zu sein und interpretieren übertriebene Hilfe leicht als Bevormundung. Am besten vermerken Sie in der Patientenverwaltung oder auf einer Karteikarte, welche Art von Unterstützung der Patient braucht und akzeptiert.

Achten Sie auch auf Ihre Sprache: Vermeiden Sie Verniedlichungen und übertriebene Betonungen, suchen Sie stattdessen Augenkontakt und sprechen Sie mit gut verständlicher Stimme in normalem Tempo. So können auch schwerhörige Patienten meist gut folgen. Vergewissern Sie sich bei wichtigen Fragen aber, dass der Patient auch alles verstanden hat. Besonders angetan sind ältere Patienten immer dann, wenn man sie hinsichtlich der Folgebehandlung unterstützt. So kann das Praxisteam bei einer fälligen Überweisung zum Facharzt gleich einen Termin in einer für den Patienten günstig gelegenen Praxis vereinbaren.